Beim digitalen Fernsehen werden urheberrechtlich geschützte Werke in Form von Video- und Audiosignalen an das betreffende Publikum im Empfangsbereich der Programme übermittelt. Dies erfolgt häufig via Satellitensendung: Sendeunternehmen speisen einen Sendestream mit dem Programminhalt in eine ununterbrochene Kommunikationskette ein, die das Signal zum Satelliten schickt ("Uplink"). Nach Rücksendung vom Satelliten können Empfänger innerhalb des Sendegebiets diesen Stream per SAT-Anlage empfangen und das Programm genießen. Der Uplink findet dabei häufig in einem anderen EU-Mitgliedsstaat als der tatsächliche Empfang der Sendungen statt: So kann es vorkommen, dass das Signal in Belgien zum Satelliten übermittelt wird, aber Fernsehzuseher in Österreich dieses letztendlich empfangen und das Programm konsumieren.

In vielen Fällen - insbesondere bei Pay-TV - tritt zu diesem Vorgang die Tätigkeit von Satellitenbouquetanbietern hinzu: Diese übernehmen es, die Programme bzw Fernsehsender der Sendeunternehmen zu bündeln und Endkunden als Programmpaket ("Satellitenbouquet") zur Verfügung zu stellen. Die Übermittlung des programmtragenden Signals erfolgt dabei nach wie vor durch die Sendeunternehmen bzw in deren Verantwortung. Die Programme werden aber mit einem Code verschlüsselt und müssen vor der Nutzung erst decodiert werden. Satellitenbouquetanbieter stellen ihren zahlenden Kunden mit Zustimmung der Sendeunternehmen Zugangsschlüssel zur Verfügung, um diese Decodierung durchführen und das Programm empfangen zu können.

EuGH Verfahren zu C-290/21 - AKM

Die österreichische Verwertungsgesellschaft AKM hat Klage gegen einen solchen Satellitenbouquetanbieter erhoben: Die AKM nimmt auf dem Gebiet der Republik Österreich die Urheberrechte an Werken der Tonkunst wahr, die Bestandteil von über Satellit gesendeten Fernsehprogrammen sind. Zwar haben grundsätzlich die Sendeunternehmen in jenen Mitgliedsstaaten, in denen der Uplink stattfindet, bereits entsprechende Rechte für die Nutzung dieser Werke in ihrer Satellitensendung eingeholt. Nach Ansicht der AKM muss ein Satellitenbouquetanbieter aber über eine zusätzliche Zustimmung der Rechteinhaber verfügen, um die von ihm vorgenommene Tätigkeit ausführen zu dürfen. Anderenfalls verletze er im Empfangsstaat Österreich die Rechte der AKM.

Der Satellitenboquetanbieter hat sich gegen diese Argumentation gewehrt: Da bereits die Sendeunternehmen über entsprechende Lizenzen verfügen, könne sich auch der Bouquetanbieter auf diese berufen. Aber selbst wenn dies nicht der Fall wäre, sei die AKM als österreichische Verwertungsgesellschaft nicht klagebefugt: Nach den zugrundeliegenden Rechtsvorschriften findet die Satellitensendung nämlich ausschließlich in jenem Land statt, in dem der Uplink vorgenommen wird. Da dies im vorliegenden Fall immer außerhalb Österreichs ist, scheide eine Rechtsverletzung im Inland aus.

Die erste und zweite Instanz im nationalen Rechtsstreit hatte diese Argumentation des Boquetanbieters noch abgelehnt. Der OGH hat die Frage nunmehr dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Heute hat der Generalanwalt in dieser Rechtssache seine Schlussanträge vorgetragen:

Die Schlussanträge des Generalanwalts

Der Generalanwalt hält in seinen Schlussanträgen (abrufbar hier: https://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?mode=req&pageIndex=0&docid=266122∂=1&doclang=DE&text=&dir=&occ=first&cid=374016) fest, dass ein Satellitenbouquetanbieter nicht verpflichtet ist, für eine Satellitensendung, an der er mitwirkt, die Zustimmung der Rechteinhaber auch im Empfängerstaat einzuholen.

Der Bouquetanbieter nehme nämlich nur an der Verwertungshandlung des Sendeunternehmens teil, die als einheitliche öffentliche Wiedergabe zu beurteilen sei. Auf diese einheitliche öffentliche Wiedergabe sei das Sendelandprinzip anzuwenden. Dieses decke nicht nur die eigentliche Sendung ab, d. h. die Eingabe des programmtragenden Signals in die aufsteigende Verbindung zum Satelliten, sondern auch die Übertragung des Signals an die Endnutzer. Für die gesamte Wiedergabe gelte daher nur das Recht des Sendemitgliedstaats. Es sei mithin Sache der Sendeunternehmen, im Sendestaat entsprechende Rechte einzuholen. Demgegenüber erwachse den Rechteinhabern daraus kein Recht, sich der Tätigkeit des Bouquetanbieters im Empfangsstaat zu widersetzen.

Dies stützt die Rechtsansicht des Satellitenbouquetanbieters, im Empfangsstaat Österreich nicht zur Haftung herangezogen werden zu können.

Weiterer Ausblick

Der Europäische Gerichtshof wird in den kommenden Monaten sein Urteil verkünden, das für die nationalen Gerichte verbindlich ist. Die Schlussanträge des Generalanwalts sind dabei für den EuGH nicht bindend, sondern haben reinen Empfehlungscharakter. In der überwiegenden Anzahl der Fälle folgt der EuGH aber der Ansicht des Generalanwalts.

Fazit

Im Kern bestätigt der Generalanwalt die Geltung des Sendestaatprinzips bei grenzüberschreitenden Satellitensendungen auch für die Tätigkeit eines Satellitenbouquetanbieters. Der Bouquetanbieter bedarf für seine Teilnahme an der Satellitensendung des Sendeunternehmens daher nicht der Zustimmung der Rechteinhaber im Empfangsstaat.

Abschließende Klärung wird das Urteil des EuGH in den kommenden Monaten bringen.

DORDA, konkret Axel Anderl und Ida Woltran, vertritt im Verfahren die beklagte Partei, also den Satellitenbouquetanbieter.

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