Borsen-Zeitung, 13.8.2022 Die Anforderungen an die Lieferketten-Compliance verschärfen sich nicht nur durch das ab dem 1. Januar 2023 geltende deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Die USA haben mit dem Uyghur Forced Labor Prevention Act (UFLPA) zum 21. Juni 2022 ein qualifiziertes Importverbot for Waren verhängt, die (i) ganz oder teilweise in Xinjiang oder (ii) von Unternehmen hergestellt wurden, die wegen ZwangsarbeitsVerdacht von US-Beh˛rden gelistet wurden. Deutsche Unternehmen, die mit dem UFLPA direkt oder indirekt in Beruhrung geraten k˛nnen, sollten bei der Prˇfung und Nachverfolgung ihrer Lieferketten und Absatzkanäle hohe Sorgfalt walten lassen. Hintergrund ist die Situation der Uiguren in der chinesischen Region Xinjiang. Dem UFLPA liegt die Vermutung des US-Gesetzgebers zugrunde, dass Uiguren in Xinjiang unter Zwangsarbeit beschäftigt werden. Ein Unternehmen, das Waren aus Xinjiang bezieht, kann diese Vermutung widerlegen, wenn (i) es eindeutig und ˇberzeugend, d.h. mit hoher Wahrscheinlichkeit nachweist, dass die Ware nicht ganz oder teilweise durch Zwangsarbeit hergestellt wurde, (ii) es beh˛rdliche Leitlinien erfˇllt und (iii) es Anfragen der US-Beh˛rde Customs and Border Protection (CBP) bezˇglich der Umstände der Warenherstellung beantwortet. Eine De-minimis-Regelung gibt es nicht; auch kleine Produktkomponenten, die unter Zwangsarbeit hergestellt wurden, fˇhren zum Importverbot.

Behordliche Leitlinien konkretisieren unter Verweis auf US- und internationale Standards, welche Nachweise Unternehmen erbringen mussen, um die Anforderungen zu erfullen. Die Messlatte liegt hoch. Sind die Vorgaben nicht erfˇllt, bleibt das Importverbot bestehen. Die Waren k˛nnen dann in den USA u. a. beschlagnahmt und eingezogen werden; im Einzelfall drohen insbesondere Bußgelder. Die CBP wird sich beim Vollzug des UFLPA schwerpunktmäßig auf Produkte mit Bestandteilen von Baumwolle, Tomaten und Polysilizium sowie auf Waren konzentrieren, die direkt aus Xinjiang oder von Unternehmen mit engen Beziehungen dorthin bezogen werden.

Um die Zwangsarbeits-Vermutung zu widerlegen, konnen Unternehmen entweder durch Lieferketten-Nachverfolgung nachweisen, dass der Anwendungsbereich nicht eruffnet ist, das heißt, dass die Waren nicht ganz oder teilweise in Xinjiang oder von einem gelisteten Unternehmen hergestellt wurden. Dies kann durch eine detaillierte Beschreibung der gesamten Lieferkette – beginnend bei den Rohstoffen einschließlich aller Zulieferer und auf sämtlichen Produktionsstufen – durch eindeutige Kennzeichnungen und auditierbare Prozesse sowie eine umfassende Dokumentation (z.B. Bestell- und Frachtunterlagen) geschehen.

Ist der Anwendungsbereich hingegen eroffnet, mussen Unternehmen nachweisen, dass keine Indizien for Zwangsarbeit in der Lieferkette vorliegen. Dies kann durch Informationen zu Herkunft, Aufenthaltsstatus und Bezahlung der bei Zulieferern beschäftigten Arbeitnehmern geschehen. Relevant sind ferner Kontrollmaßnahmen, die sicherstellen, dass die Arbeit freiwillig geleistet wird. Unternehmen konnen den Nachweis durch besonders qualifizierte Audits erbringen.

Nach den beh˛rdlichen Leitlinien mˇssen Unternehmen auch Lieferketten-Sorgfaltspflichten erfullen. Diese sind mit den Pflichten des LkSG vergleichbar. Sie basieren auf den Risikomanagement-Grundsätzen ermitteln, vorbeugen, minimieren.

Ausgangspunkt der Sorgfaltspflichten ist eine Darstellung (mapping) der Lieferkette. Sie beginnt bei den Rohstoffen und umfasst for eine luckenlose ,,chain of custody‘‘ alle Zulieferer. Anschließend sind Risiken, ob in der Lieferkette unter Zwangsarbeit produziert wird, zu ermitteln und zu gewichten.

Unternehmen mˇssen ferner unter anderem (i) einen Verhaltenskodex entwickeln, (ii) Schulungen und Audits entlang der Lieferkette durchfˇhren und (iii) Abhilfemaßnahmen bei Zwangsarbeit ergreifen. Als Ultima Ratio ist die Geschäftsbeziehung zu beenden. Effektive Managementmaßnahmen zur Prävention und Mitigation von Risiken umfassen die Überprˇfung der Zulieferer vor Vertragsabschluss sowie die Vereinbarung von vertraglichen Abhilfemaßnahmen, Kˇndigungsrechten, Zugangs- und Informationsrechten.

Sorgfältige Dokumentation

Unternehmen sollten zur UFLPACompliance Governance-Systeme, -Prozesse sowie Compliance-Maßnahmen uberprufen, gegebenenfalls anpassen und laufend ˇberwachen. Hierzu zählen organisatorische Vorkehrungen mit klaren Verantwortlichkeiten, Berichts- und Eskalationspflichten sowie Richtlinien und Schulungen. Auf erkannte Risiken oder tatsächliche Fälle von Zwangsarbeit ist angemessen zu reagieren. Wichtig ist auch die Informationssammlung und -auswertung sowie eine sorgfältige Dokumentation.

Zudem sollten Unternehmen regulatorische Parallel- und Gegenentwicklungen beobachten. Während die EU einen Mechanismus plant, um Importe von unter Zwangsarbeit hergestellten Waren zu verbieten, ist zu erwarten, dass China mit Gegenmaßnahmen reagiert. Entscheidungen der Geschäftsleitung, woher das Unternehmen seine Produkte bezieht und in welche Länder es seine Produkte einfˇhrt, werden komplexer

Originally Published by Börsen-Zeitung

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