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17 December 2024

Die Wiedergutmachungseinbürgerung: Wie Artikel 116 Absatz (2) des deutschen Grundgesetzes ehemaligen Verfolgten und ihren Abkömmlingen die deutsche Staatsangehörigkeit wiederherstellt

Die Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung hatte tiefgreifende Auswirkungen auf jüdische Bürgerinnen und Bürger, von denen viele infolgedessen ihre Rechte und die deutsche Staatsbürgerschaft verloren haben ...
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Die Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung hatte tiefgreifende Auswirkungen auf jüdische Bürgerinnen und Bürger, von denen viele infolgedessen ihre Rechte und die deutsche Staatsbürgerschaft verloren haben – ein Ereignis, das für immer in der Geschichte verankert bleibt und sich nicht ungeschehen machen lässt.

Um dieses tiefgreifende Unrecht der Zwangsausbürgerungen während des Nazi-Regimes zu korrigieren, gewährt die deutsche Verfassung den Betroffenen und ihren Nachkommen gemäß Artikel 116 Absatz (2) des Grundgesetzes (GG) das Recht auf Wiedereinbürgerung.

Dieser Blogbeitrag beschreibt die Kriterien und das Verfahren für diejenigen, die ihre Staatsbürgerschaft zurückerlangen möchten. Dabei werden der historische Kontext, der rechtliche Rahmen und die praktischen Auswirkungen dieser Vorschrift beleuchtet.

Artikel 116 Absatz (2) GG

,,Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern."

Dies gilt auch für ihre Nachkommen, da diese aufgrund des an ihren Vorfahren verübten Unrechts die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Abstammung erhalten konnten.

Diese Wiedergutmachungseinbürgerung stellt eine sogenannte Anspruchseinbürgerung dar, das heißt, bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht ein gesetzlich gesicherter Anspruch auf Wiedereinbürgerung.

Historischer Hintergrund

Unter der Diktatur der Nationalsozialisten wurden zahlreiche Menschen aufgrund ihrer politischen Überzeugungen, ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer religiösen Zugehörigkeit verfolgt und verloren in diesem Zuge ihre deutsche Staatsangehörigkeit. Dies geschah im Rahmen einer systematischen Ausgrenzung, die viele Menschen ihrer Rechte beraubte.

Zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 führten zwei gesetzliche Regelungen zu massenhaften Ausbürgerungen:

1. Einzelausbürgerung nach dem Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit" vom 14. Juli 1933:

Auf Grundlage dieses Gesetzes konnten die Nationalsozialisten Personen, die während der Weimarer Republik eingebürgert worden waren, sowie deren Nachkommen die Staatsangehörigkeit entziehen, wenn sie nach willkürlichen, rassischen, staatsbürgerlichen oder kulturellen Kriterien als unerwünscht" galten. Dies betraf insbesondere politische Gegner und unerwünschte Bevölkerungsgruppen.

Auch Reichsangehörige im Ausland waren von der Entziehung der Staatsbürgerschaft bedroht, wenn sie als untreu gegenüber dem Regime und dem deutschen Volk eingestuft wurden, vermeintlich deutschen Interessen schadeten oder nach einer Rückkehraufforderung nicht nach Deutschland zurückkehrten.

2. Sammelausbürgerung nach der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz" vom 25. November 1941:

Diese Verordnung bestimmte, dass Menschen jüdischen Glaubens, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatten, automatisch ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Sie richtete sich gezielt gegen jene Juden, die ins Ausland geflohen waren, um den Verfolgungen und der Vernichtung durch das NS-Regime zu entkommen. Diese Maßnahme war ein weiterer Schritt in der systematischen Entrechtung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung.

In beiden Fällen wurde die Staatsangehörigkeit entweder durch eine gezielte Entscheidung im Einzelfall oder automatisch nach den Bestimmungen der Verordnung von 1941 entzogen.

Anspruch auf Einbürgerung

Voraussetzungen

  • Verlust der Staatsangehörigkeit durch Entzug: Personen, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 aufgrund politischer, religiöser oder rassischer Verfolgung die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen wurde, haben einen Anspruch auf Wiedereinbürgerung.
  • Die Staatsangehörigkeit gilt als entzogen, wenn sie im Einzelfall nach dem Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit" vom 14. Juli 1933 widerrufen wurde oder automatisch nach § 2 der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz" vom 25. November 1941 verloren ging.

Oder

  • Nachkommen von Betroffenen: Nachkommen von Personen, die in diesem Zeitraum aus den genannten Gründen ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben, steht ebenfalls ein Anspruch auf Wiedereinbürgerung zu.

Mögliche Ausnahmen

  • Für Personen, die nach dem 8. Mai 1945 nach Deutschland zurückgekehrt sind und die Voraussetzungen des Artikels 116 Absatz 2 Satz 2 GG erfüllen, gilt, dass sie als niemals ausgebürgert gelten. In diesen Fällen wird die deutsche Staatsangehörigkeit als seit der Geburt nicht unterbrochen angesehen, es sei denn, die Person hat spätestens bei der Niederlassung in Deutschland ausdrücklich einen gegenteiligen Willen bekundet, etwa durch die Annahme einer anderen Staatsangehörigkeit.
  • Der Anspruch entfällt ferner, wenn die Staatsangehörigkeit bereits nach Artikel 116 Absatz (2) GG zurückerlangt, aber später wieder aufgegeben oder verloren wurde.

Ergänzende Regelungen: § 15 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)

Neben dem Anspruch auf Einbürgerung nach Artikel 116 Absatz (2) GG bietet das Staatsangehörigkeitsgesetz eine weitere Möglichkeit zur Wiedereinbürgerung.

Nach § 15 des Staatsangehörigkeitsgesetzes haben seit dem 20.August 2021 auch Personen, die ihre deutsche Staatsangehörigkeit aufgrund von NS-Verfolgung auf andere Weise als durch Entziehung verloren haben oder nie besaßen, die Möglichkeit, diese wiederzuerlangen.

Diese Regelung gilt ebenfalls für ihre Nachkommen, die somit die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben können.

Auch diese Vorschrift hat zum Ziel, das an Personen verübte Unrecht wiedergutzumachen, die nationalsozialistischer Verfolgung ausgesetzt waren und dadurch Nachteile im Staatsangehörigkeitsrecht erlitten haben, jedoch keinen Anspruch aus Einbürgerung nach Art. 116 Absatz (2) Satz 1 GG haben.

Dazu zählen Personen, die ihre deutsche Staatsangehörigkeit vor dem 26. Februar 1955 aufgegeben haben; von einem gesetzlichen Erwerb der Staatsangehörigkeit ausgeschlossen waren; nach Antragstellung nicht eingebürgert wurden oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufgegeben haben.

Möchten Sie mehr erfahren?

Wir unterstützen Sie gerne bei der Antragstellung und helfen auch dabei, die erforderlichen Unterlagen zu sammeln – einschließlich alter Dokumente Ihrer Vorfahren. Dafür durchforsten wir Archive, insbesondere Stadtarchive an den früheren Wohnorten Ihrer Vorfahren, sowie Archive der Bundesregierung.

The content of this article is intended to provide a general guide to the subject matter. Specialist advice should be sought about your specific circumstances.

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