Eine neue EU-Richtlinie 2024/2831 1 (die „Richtlinie“) zur Regulierung der Arbeit über eine digitale Plattform, einem schnell wachsenden Sektor, wurde am 11. November 2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Sie tritt am 1. Dezember 2024 in Kraft und muss spätestens bis zum 2. Dezember 2026 in nationales Recht umgesetzt werden.
Die Richtlinie geht von der Feststellung aus, dass die Digitalisierung die Arbeitsweltgrundlegend verändert, weil sie die Produktivität und Flexibilität erhöht, aber auch Risiken für Beschäftigung und Arbeitsbedingungen mit sich bringt. Algorithmische Technologien, insbesondere automatisierte Überwachungs- und Entscheidungssysteme, haben die Entstehung digitaler Arbeitsplattformen begünstigt. Bei effizienter Regulierung können sie qualitativ hochwertige Arbeitsplätze bieten. Ohne einen angemessenen Rahmen besteht jedoch die Gefahr, dass sie Überwachung, ungleiche Machtverteilung und undurchsichtige Entscheidungen verstärken und Arbeitsbedingungen, Gesundheit, Gleichberechtigung und Privatsphäre der Arbeitnehmer auf diesen Plattformen gefährden 2. Ziel der Richtlinie ist daher, Arbeitnehmer auf digitalen Arbeitsplattformen besser zu schützen, indem sie insbesondere ihren Rechtsstatus klärt und soziale Rechte garantiert, die denen herkömmlicher Arbeitnehmer entsprechen. Sie wird sich daher auf die Art und Weise auswirken, wie digitale Arbeitsplattformen in Luxemburg operieren.
Was bedeutet Arbeit über eine digitale Arbeitsplattform?
Es handelt sich um jede Arbeit einer Einzelperson, die über eine digitale Arbeitsplattform auf der Grundlage einer vertraglichen Beziehung zwischen der digitalen Arbeitsplattform (oder einem Vermittler) und der Einzelperson organisiert wird, unabhängig davon, ob eine vertragliche Beziehung zwischen der Einzelperson (bzw. dem Vermittler) und dem Empfänger der Dienstleistung besteht oder nicht.
Eine digitale Arbeitsplattform wiederum ist eine natürliche oder juristische Person, die eine Dienstleistung über eine Website, eine mobile Anwendung oder ein anderes elektronisches Medium anbietet und die Arbeit von Personen gegen Bezahlung organisiert, unabhängig davon, ob diese Arbeit online oder an einem konkreten Ort stattfindet. Diese Dienstleistung wird auf Anfrage von Kunden erbracht. Die Plattform nutzt automatisierte Systeme, um die geleistete Arbeit zu überwachen oder Entscheidungen darüber zu treffen.
Wichtigste Ziele
Die Richtlinie schafft eine Vielzahl von Verpflichtungen für digitale Arbeitsplattformen und legt Rechte für deren Arbeitnehmer fest. Im Folgenden finden Sie einen Überblick über die wichtigsten Änderungen.
Klärung des Beschäftigungsstatus: Die Richtlinie will das Problem des Status von Plattformbeschäftigten (selbstständig oder angestellt) lösen. Die Mitgliedstaaten (also auch Luxemburg) müssen daher über angemessene und wirksame Verfahren verfügen, um festzustellen, ob Plattformbeschäftigte als abhängig Beschäftigte oder als Selbstständige anzusehen sind.
Die Richtlinie führt auch eine Vermutung eines Arbeitsverhältnisses ein, wenn Tatsachen auf eine Steuerung und Kontrolle hindeuten (beurteilt nach nationalem Recht, Tarifverträgen oder der gängigen Praxis), wodurch digitale Arbeitsplattformen verpflichtet werden, zu beweisen, dass ihre Arbeitnehmer tatsächlich selbstständig sind (Umkehr der Beweislast). Der neue Richtlinientext entfernt sich beträchtlich von dem ursprünglich von der Europäischen Kommission vorgelegten Vorschlag, der spezifische, aufgelistete Kriterien vorsah, um festzustellen, ob eine Plattform die Ausführung der Arbeit kontrolliert. Die Vermutung eines Arbeitsverhältnisses sollte gelten, sobald zwei Indikatoren erfüllt waren, zum Beispiel. die Festlegung der Entlohnung, die Überwachung der Arbeit oder die Vorgabe einer Arbeitskleidung.
Verwaltung der Algorithmen und menschliche Aufsicht: Digitale Arbeitsplattformen müssen strenge Regeln beachten, was die Verarbeitung personenbezogener Daten und die Verwendung von Algorithmen zur Zuweisung von Aufgaben oder zur Bewertung der Leistung von Arbeitnehmern betrifft. Eine menschliche Aufsicht muss die automatisierten Entscheidungen überwachen, sodass die Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, Einspruch zu erheben oder Erklärungen zu verlangen. Wichtige Entscheidungen wie die Aussetzung oder Kündigung von Verträgen müssen von einem Menschen getroffen, schriftlich begründet und im Streitfall überprüft werden.
Transparenz: Die Richtlinie verpflichtet digitale Plattformen, die Arbeitnehmervertreter oder in bestimmten Fällen die Arbeitnehmer direkt zu informieren und zu konsultieren. Insbesondere müssen sie den Arbeitnehmern, Bewerbern, Vertretern und nationalen Behörden gegebenenfalls klare und zugängliche Informationen zu verschiedenen Aspekten zur Verfügung stellen, zum Beispiel zu Überwachungssystemen, der Funktionsweise von Algorithmen und den Arbeitsbedingungen (Arbeitszeiten, Entlohnung usw.). Darüber hinaus müssen die Plattformen private und sichere Kommunikationskanäle einrichten, über die die Arbeitnehmer untereinander und mit ihren Vertretern kommunizieren können.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit: In Bezug auf digitale Arbeitsplattformen, die in mehreren EU-Mitgliedstaaten tätig sind, fördert die Richtlinie eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden, um sicherzustellen, dass die Rechte der Beschäftigten in allen Ländern geschützt werden, wo die Plattform tätig ist.
Übertragbarkeit von Daten: Arbeitnehmer werden das Recht auf Übertragbarkeit ihrer beruflichen Daten (zum Beispiel Beurteilungen und Noten) haben, was ihnen ermöglicht, diese Informationen auf andere Plattformen oder Arbeitgeber zu übertragen.
Schutz der Arbeitnehmer: Personen, die Plattformarbeit leisten, müssen vor diskriminierenden oder missbräuchlichen Praktiken im Zusammenhang mit automatisierten Systemen sowie vor Repressalien geschützt werden. Die Richtlinie garantiert ihnen wirksame Rechtsbehelfe, um ihre Rechte zu verteidigen.
Sanktionen: Für Verstöße gegen die Datenschutzvorschriften sieht die Richtlinie Sanktionen vor, die denen der Verordnung (EU) 2016/679 3 (DSGVO) entsprechen (d. h. Bußgelder von bis zu 20.000.000 EUR oder bis zu 4 % des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres, je nachdem, welcher Betrag höher ist). Für andere Verstöße legt die Richtlinie fest, dass die Mitgliedstaaten Sanktionen festlegen müssen, die wirksam, abschreckend und der Art, Schwere und Dauer des vom Unternehmen begangenen Verstoßes sowie der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer angemessen sind
Welche Schritte sind zu erwarten?
Für Unternehmen, die über digitale Arbeitsplattformen in Luxemburg tätig sind, ist es entscheidend, die luxemburgische Umsetzung der Richtlinie genau zu verfolgen, da diese möglicherweise vertragliche Anpassungen und möglicherweise eine Änderung der Geschäftsmodelle erforderlich macht.
Der Gesetzentwurf Nr. 8001 4 wurde bereits am 4. Mai 2022 in die Abgeordnetenkammer von Luxemburg eingebracht. Er war Gegenstand umfänglicher Diskussionen zwischen den verschiedenen Berufskammern. Es werden Änderungen am Entwurfstext vorgenommen, um der Richtlinie zu entsprechen. Auf jeden Fall sollte das Umsetzungsgesetz ein „angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Schutz von Personen, die auf Plattformen arbeiten, und der Wettbewerbsfähigkeit Luxemburgs auf dem europäischen Markt“ finden, so der luxemburgische Arbeitsminister, Herr Georges Mischo. 5
Footnotes
1. Richtlinie (EU) 2024/2831 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2024 zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit
2. Erwägungsgrund 4, Richtlinie (EU) 2024/2831 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2024 zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit.
3. Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)
4. Gesetzentwurf Nr. 8001 zur Arbeit über eine Plattform.
5. Welche Regeln gelten für die Arbeit von Plattformen in Luxemburg?, Abgeordnetenkammer, 22. Mai 2024.
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