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30 October 2025

Ausweg aus der Sackgasse des gewerbsmässigen Liegenschaftenhandels - steuerneutrale Umstrukturierung oder Steuerumgehung?

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Vischer AG

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Der Gefahr, dass ein Immobilienbesitzer als gewerbsmässiger Liegenschaftenhändler eingestuft wird, lässt sich unter anderem dadurch begegnen, dass die Grundstücke dem Geschäftsvermögen zugeordnet werden und dieses...
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Der Gefahr, dass ein Immobilienbesitzer als gewerbsmässiger Liegenschaftenhändler eingestuft wird, lässt sich unter anderem dadurch begegnen, dass die Grundstücke dem Geschäftsvermögen zugeordnet werden und dieses – sofern es Teil eines Betriebes ist – in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird. Die Urteile BGE 150 II 40 und 9C_87/2025 verdeutlichen, dass eine solche Transaktion grundsätzlich steuerneutral zu behandeln ist und keine Steuerumgehung darstellt.

Sachverhalt

A. war Bäcker-Konditor, der bis 1999 vier Bäckerfilialen im Kanton Zürich führte. Danach zog er sich schrittweise aus dem Bäckereibetrieb zurück und übertrug diesen einem Nachfolger.

Zwischen 1980 und 1995 erwarb er vermietete Liegenschaften in Zürich und Luzern, die seit 2000 von einer Drittpartei verwaltet werden.

Während A. die Liegenschaften stets im Privatvermögen deklariert hatte, gab er in der Steuererklärung 2016 erstmals an, sie im Geschäftsvermögen zu halten.

Am 5. Oktober 2017 trug er die Einzelunternehmung im Handelsregister des Kantons Nidwalden ein und übertrug anschliessend sämtliche Liegenschaften rückwirkend auf den 1. Juli 2017 in die von ihm gehaltene C. AG

Eine zürcherische Gemeinde veranlagte A. am 14. März 2019 zu einer Grundstückgewinnsteuer von CHF 629'219.50. Rechtsmittel gegen diese Veranlagung blieben vor dem Steuerrekursgericht des Kantons Zürich und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erfolglos.

Eine von A. erhobene Beschwerde hiess das Bundesgericht im Entscheid BGE 150 II 40 teilweise gut und wies die Sache an das Steuerrekursgericht des Kantons Zürich zurück. Dieses hatte abzuklären, ob eine Steuerumgehung vorliegt oder nicht, was es im Entscheid vom 28. Mai 2024 bestätigte. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hob diesen Entscheid auf um kam zum Schluss, dass keine Steuerumgehung vorliege und die Grundstücksgewinnsteuer aufzuschieben sei. Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich hat die Gemeinde U. Beschwerde vor dem Bundesgericht erhoben.

Rechtliches

1. Steueraufschub der Grundstücksgewinnsteuer

Die Grundstückgewinnsteuer wird nur erhoben von den Gewinnen, die sich bei Han-dänderungen an Grundstücken oder Anteilen von solchen ergeben. Sie wird u.a. aufgeschoben bei der Umstrukturierung eines Personenunternehmens, soweit die Steuerpflicht in der Schweiz fortbesteht und die bisher für die Einkommenssteuer massgeblichen Werte übernommen werden, namentlich bei der Übertragung eines Betriebs oder eines Teilbetriebs auf eine juristische Person.

Das Bundesgericht hat in früheren Jahren die Sichtweise der Steuerbehörden gestützt, welche den Tatbestand des Steueraufschubs der Grundstücksgewinnsteuer bei Umstrukturierungen sehr eng ausgelegt haben.1 Vor diesem Hintergrund war die Rechtsprechung des Bundesgerichts in BGE 150 II 40 (Übertragung eines Betriebs im Rahmen einer steuerneutralen Umstrukturierung) und im Entscheid 9C_87/2025 (Steuerumgehung der Umstrukturierung) überraschend.

2. Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs

Im ersten Rechtsgang war vor Bundesgericht in materieller Hinsicht streitig, ob die von der Einzelunternehmung "C." an die C. AG übertragenen Liegenschaften einen Betrieb bilden würden.

Als Betrieb im Sinne des steuerlichen Umstrukturierungsrechts gilt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts jeder organisatorisch-technische Komplex von Vermögenswerten, der im Hinblick auf die unternehmerische Leistungserbringung eine relativ unabhängige, organische Einheit bildet. Ein Betrieb zeichnet sich durch einen hohen Grad an Unabhängigkeit aus und stellt eine Organisation dar, die imstande ist, selbständig fortzubestehen.2 Im Rahmen eines Betriebs werden Kapital und Arbeit zum Zweck der Gewinnerzielung eingesetzt, wobei sich der Einsatz der Arbeit nicht auf die Abschöpfung von Mehrwerten oder die Vereinnahmung von Ertrag beschränkt.3

Gemäss Praxis der ESTV stellt das Halten und Verwalten eigener Immobilien einen Betrieb dar, wenn kumulativ a) ein Marktauftritt erfolgt oder Betriebsliegenschaften an Konzerngesellschaften vermietet werden; b) das Unternehmen mindestens eine Person für die Verwaltung der Immobilien (eine Vollzeitstelle für rein administrative Arbeiten) beschäftigt oder beauftragt und c) die Mieterträge mindestens das 20-fache des marktüblichen Personalaufwandes für die Immobilienverwaltung betragen.4

Während die kantonalen Instanzen die Auffassung vertraten, ein Betrieb könne nicht vorliegen, weil es einer Anstellung mindestens einer Person fehle, liess es das Bundesgericht im Leitentscheid BGE 150 II 40 genügen, dass eine Drittperson mit der Verwaltung der Immobilien beauftragt worden war, und bejahte das Vorliegen eines Betriebs.5

3. Steuerumgehung

Streitpunkt war im Verfahren 9C_87/2025, ob die Übertragung von den Liegenschaften auf seine eigene AG eine Steuerumgehung bilden könne.

Eine Steuerumgehung wird nach ständiger Rechtsprechung angenommen, wenn (1.) eine von den Beteiligten gewählte Rechtsgestaltung als ungewöhnlich, sachwidrig oder absonderlich, jedenfalls den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint (sog. objektives Element), (2.) anzunehmen ist, dass die gewählte Rechtsgestaltung missbräuchlich lediglich deshalb getroffen wurde, um Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet wären (sog. subjektives Element), und (3.) das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuerersparnis führen würde, sofern es von den Steuerbehörden hingenommen würde (sog. effektives Element). Eine Steuerumgehung kommt nur in ganz ausserordentlichen Situationen in Frage, wenn eine Rechtsgestaltung (objektives Element) vorliegt, die - abgesehen von den steuerlichen Aspekten - jenseits des wirtschaftlich Vernünftigen liegt.

Die Gemeinde argumentierte, A. habe die Selbständigkeit nur aufgenommen, um die Liegenschaften steuerfrei übertragen und von Vorteilen des Steueraufschubs profitieren zu könne. Das Bundesgericht verwarf diese Argumentation. Die Übertragung beruhte auf einer gesetzlich vorgesehenen und üblichen Umstrukturierungsform (Übertragung eines Betriebs/Teilbetriebs auf eine Kapitalgesellschaft). Das reine Ausüben dieser gesetzlichen Möglichkeit ist nicht per se ungewöhnlich oder sachwidrig. Ferner folgte die Neudeklaration der Liegenschaften als Geschäftsvermögen keiner zuvor konstruierten Scheinselbständigkeit, da bereits vor der formellen Neudeklaration eine betriebliche Struktur vorlag. Entscheidend war auch, dass nicht ausschliesslich Steuerersparnisgründe die Gestaltung trugen. Das Bundesgericht betont in seiner Praxis, dass die Annahme von Steuerumgehung ausscheidet, wenn sachliche, vernünftige Gründe für die gewählte Gestaltung, wie vorliegend die Nachfolge- und Nachlassplanung, bestehen. Sodann lag in casu auch keine erhebliche und missbräuchliche Steuerersparnis vor.

Footnotes

1 Etwa Urteil des Bundesgerichts 2C_380/2021 vom 28. Februar 2022, (=BGE 148 II 259).

2 BGE 150 II 40 E. 6.4; 138 II 557 E. 6.4.

3 BGE 150 II 40 E. 6.4.

4 Kreisschreiben Nr. 5a vom 1. Februar 2022, Ziff. 3.2.2.3.

5 BGE 150 II 40 E. 6.

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