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22 September 2025

Unternehmerische Expansion in die Schweiz – was ausländische Unternehmen aus steuerlicher Sicht beachten sollten

BG
Blum & Grob

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Die Kaufkraft der Schweizer Konsumenten ist im internationalen Vergleich hoch. Den Schweizer Konsumenten stehen deutlich höhere finanzielle Mittel...
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1.Einleitung

Die Kaufkraft der Schweizer Konsumenten ist im internationalen Vergleich hoch. Den Schweizer Konsumenten stehen deutlich höhere finanzielle Mittel für ihre Ausgaben und zum Sparen zur Verfügung als bspw. den Einwohnern der Nachbarländer Österreich und Deutschland. Der Schweizer Absatzmarkt ist für ausländische Unternehmen dementsprechend attraktiv. Der vorliegende Beitrag illustriert anhand eines Praxisbeispiels, welche steuerlichen Aspekte ausländische Unternehmen bei ihrer geplanten Expansion in die Schweiz beachten sollten und wie die individuelle steuerliche Situation optimiert werden kann.

2.Grundsätzliches zur Steuerpflicht

Für Schweizer Mehrwertsteuerzwecke sind alle Unternehmen, die entweder in der Schweiz ansässig sind oder Leistungen in der Schweiz erbringen und pro Jahr mindestens 100'000 Franken Umsatz aus steuerbaren und steuerbefreiten Leistungen im In- und Ausland erzielen, seit dem 1. Januar 2018 in der Schweiz obligatorisch mehrwertsteuerpflichtig. Dieser möglicherweise steuerlichen Problematik sind sich viele ausländische Unternehmen oft nicht bewusst.

Für Gewinn- und Kapitalsteuerzwecke sieht das schweizerische Steuerrecht für ausländische Gesellschaften ohne Sitz oder tatsächliche Verwaltung in der Schweiz vor, dass diese aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit in der Schweiz steuerpflichtig werden, sofern diese eine Betriebsstätte in der Schweiz unterhalten (Art. 51 DBG, Art. 21 StHG).

3.Praxisbeispiel

Audio GmbH Deutschland

Die Audio GmbH Deutschland (AGD) ist spezialisiert auf die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb von Lautsprechern speziell für die professionelle Audiotechnik. Die AGD beabsichtigt, den Einzelhandel in der Schweiz künftig direkt zu beliefern und weiter unternehmerisch in der Schweiz zu expandieren. Bislang wurde der Schweizer Markt ausschliesslich über den Grosshandel bedient. Die Betreuung der Warenlieferungen an die Einzelhandelskunden in der Schweiz soll ausschliesslich in Deutschland durch die AGD erfolgen. Es werden jedoch keine Vertriebsmitarbeiter («Vertreter») der AGD in einer festen Geschäftseinrichtung in der Schweiz tätig sein.

a.Mehrwertsteuerliche Würdigung

Für die Lieferung vom Ausland in die Schweiz (Import) liegt der Ort der Leistung aus mehrwertsteuerlicher Sicht gestützt auf Art. 7 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG) grundsätzlich im Ausland. Da der Vorgang somit nicht von der Schweizer Mehrwertsteuer (MWST) in Form der Inlandsteuer erfasst wird, ist die Rechnung an den Abnehmer ohne MWST auszustellen.

Die Belastung der MWST erfolgt bei Importen durch die Eidgenössische Zollverwaltung über die Einfuhrsteuer (Regelsteuersatz i.H.v. 8.1%). Der Abnehmer in der Schweiz ist in der Zollanmeldung als Importeur aufzuführen. Lieferungsempfänger ist derjenige, zu dem der Gegenstand im Zeitpunkt, in dem die Einfuhr– steuerschuld entsteht, zu transportieren ist. Damit bezahlt dieser die Einfuhrsteuer und kann diese – sofern die Voraussetzungen dazu erfüllt sind – als Vorsteuer in seiner Mwst-Abrechnung geltend machen.

Eine Ausnahme vom Grundsatz, wonach der Lieferungsempfänger in der Zollanmeldung als Importeur gilt, ist, wenn der ausländische Lieferant eine von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) bewilligte Unterstellungserklärung besitzt (siehe hiernach). Sollte der Abnehmer lediglich als Zwischenhändler qualifizieren und eine neue Lieferung mit neuem Ort der Lieferung im Inland ausführen (2. Lieferung), dann hat dieser seine Inlandlieferung gegenüber der ESTV zu versteuern. Werden Gegenstände in Erfüllung eines Veräusserungs- oder Kommissionsgeschäfts eingeführt, berechnet sich die Einfuhrsteuer auf dem Entgelt, das der Abnehmer gegenüber der AGD zu entrichten hat.

i.Folgen für die MWST: Die Lieferung

welche zur Einfuhr führt, wird im Ausland bewirkt und untersteht daher nicht der Inlandsteuer. Der Abnehmer als Importeur des Gegenstandes kann grundsätzlich die Einfuhrsteuer als Vorsteuer geltend machen.

Das hier vorgestellte Verfahren ist aus administrativen Gründen u.U. nicht immer vorteilhaft. Denn einerseits sind für den Abnehmer bei der Bestellung die Gesamtkosten nicht ersichtlich, da diesem die Einfuhrsteuer und allfällige Zollabgaben separat in Rechnung gestellt werden, und er diese Beträge dem Transporteur bzw. dem Spediteur gegenüber be zahlen muss. Andererseits muss für jeden einzelnen Abnehmer in der Schweiz eine Zollanmeldung erstellt werden.

b. Variante: Einfuhr mit

Unterstellungserklärung in der Schweiz

i.Ausgangslage: Die Ware wird an den Geschäftssitz oder ans Lager des Abnehmers (Beförderungslieferung) befördert oder der Gegenstand durch eine Drittperson (Spediteur, Transporteur) dorthin transportiert (Versandlieferung). Anders als in der vorherigen Variante, ist es bei diesem Verfahren nicht möglich, dass der Abnehmer – oder in seinem Auftrag eine Drittperson (z.B. Spediteur oder Transporteur) – den Gegenstand bei der AGD in Deutschland abholt (sog. «Abhollieferung»).

ii.Mehrwertsteuerliche Würdigung: Die Unterstellungserklärung Ausland (Art. 7 Abs. 3 Bst. a MWSTG und Art. 3 MWSTV) erlaubt es dem Lieferanten, der im Besitz einer entsprechenden Bewilligung der ESTV ist, den ins Inland an den Abnehmer beförderten oder versendeten Gegenstand im eigenen Namen zu importieren. Infolgedessen verlagert sich der Ort der Lieferung ins Inland. In der Zollanmeldung ist als Importeur der ausländische Lieferant per Adresse seines inländischen Steuervertreters anzugeben. Empfänger ist nun der Abnehmer, an den der Gegenstand geht.

Bei der Einfuhr des Gegenstands berechnet sich die Einfuhrsteuer auf dem Entgelt, das der Lieferant (vorliegend AGD als Importeur) beim Einkauf entrichtet hat, sofern dieser Einkauf in Zusammenhang mit der Einfuhr steht. In anderen Fällen berechnet sich die Steuer auf dem Marktwert, d.h. auf dem Preis, den der Lieferant unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs bezahlen müsste, um den eingeführten Gegenstand zu erhalten.

Zur Vereinfachung kann die AGD als Alternative zu den oben genannten Bemessungsgrundlagen das Entgelt zur Besteuerung anmelden, das der Abnehmer (Empfänger in der Zollanmeldung) der AGD (Importeur) für den gelieferten Gegenstand entrichtet oder zu entrichten hat (basierend auf der Rechnung der AGD an den Empfänger).

iii. Folgen für die MWST: Die Lieferung, die zur Einfuhr führt, gilt als im Inland bewirkt (Art. 7 Abs. 3 Bst. a MWSTG) und unterliegt daher für die AGD der In landsteuer. Diese wird also steuerpflichtig im Inland. Die AGD, welche den Gegenstand ins Inland befördert oder ver - sendet, ist Importeur des Gegenstandes. Grundsätzlich kann die AGD die Einfuhrsteuer als Vorsteuer geltend machen.

iv.Zwischenfazit: Das hier vorgestellte Verfahren ist aus administrativen Gründen vorteilhafter gegenüber der vorherigen Variante. Denn es müssen anlässlich der Einfuhr nicht für alle inländischen Abnehmer separate Zollanmeldungen erstellt werden. Ausserdem sollte die Anwendung des sogenannten Verlagerungsverfahren möglich sein. Die Einfuhr steu er - abgaben können dann beim Verlagerungsverfahren in der periodischen Steuerabrechnung direkt gegenüber der ESTV deklariert werden und nicht wie normalerweise bei jedem Importvorgang gegenüber der Eidgenössischen Zollverwaltung.

c. Exkurs zusätzliche Zollgebühren: Sofern für die einzuführenden Waren (Audiogeräte) ein Präferenznachweis im Sinne des anwendbaren Freihandelsabkommens Schweiz–EU vorgelegt werden kann, sollten keine zusätzlichen Zollabgaben anfallen. Die für die jeweilige Warengruppe anwendbaren Zolltarife werden von der Eidgenössischen Zollverwaltung (www.tares.ch) im Internet zur Verfügung gestellt und können dort entsprechend überprüft werden.

d.Direktsteuerliche Würdigung: Es ist nicht beabsichtigt, dass die AGD gegenüber Kunden in der Schweiz vor Ort durch einen abhängigen Vertreter ihre Produkte vertreibt. Infolgedessen scheint der Tatbestand der Vertreterbetriebsstätte grundsätzlich nicht erfüllt. Sodann ist festzuhalten, dass ein abhängiger Vertreter nach internem schweizerischen Recht auch nur dann eine Betriebsstätte begründet, wenn dieser die Geschäftstätigkeit für ein Unternehmen in einer festen Geschäftseinrichtung, die dem Unternehmen zugerechnet werden kann, ausübt.

Zentrales Element für die Annahme einer Vertreterbeziehung ist unter dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Schweiz–Deutschland bspw. der Besitz einer Vollmacht, für das vertretene Unternehmen rechtsverbindlich Verträge abzuschliessen, welche die eigentliche Geschäftstätigkeit des vertretenen Unternehmens umfassen.

i. Fiskalvertretung: Steuerpflichtige Personen ohne Wohn- oder Geschäftssitz im Inland haben für die Erfüllung ihrer Verfahrenspflichten eine Vertretung zu bestimmen, die im Inland Wohn- oder Geschäftssitz hat (Art. 67 Abs. 1 MWSTG). Sofern sich die AGD dazu entschliesst eine Unterstellungserklärung Ausland zu beantragen (siehe oben), ist sie verpflichtet, einen Steuervertreter (sog. «Fiskalvertreter») zu bestimmen. Das MWSTG stellt klar, dass die Fiskalvertretung für ausländische Steuerpflichtige nicht zu einer Betriebsstätte im Sinne der direkten Steuern führen sollte.

ii.Warenlager: Gemäss geltender internationaler Steuerrechtspraxis, die bspw. auch auf das DBA Schweiz–Deutschland Anwendung findet, begründet der Bestand an Gütern oder Waren keine Betriebsstätte, wenn dieser zur Lagerung oder Auslieferung unterhalten wird. In der Regel werden solche Lager von Dritten unterhalten (bspw. Spediteur), weshalb sich die Statuierung eine Betriebsstätte vor vorneherein grundsätzlich nicht stellen sollte. Problematisch wäre es dagegen, wenn die AGD einer aktiven Verkaufstätigkeit einschliesslich Vertragsabschluss in derselben festen Geschäftseinrichtung nachginge.

iii. Zwischenfazit: Basierend auf den uns vorliegenden Informationen sollten die beabsichtigten Warenlieferungen an Einzelhandelskunden in der Schweiz keine Betriebsstätte für die AGD in der Schweiz begründen.

4.Fazit

Wie am vorliegenden Praxisbeispiel aufgezeigt wurde, sollte vorgängig eingehend geprüft werden, wie eine geplante unternehmerische Expansion in die Schweiz steueroptimal umgesetzt werden kann. Ggf. kann auch die Etablierung einer Schweizer Zweigniederlassung sinnvoll sein. Eine wirtschaftliche Zugehörigkeit für direktsteuerliche Zwecke in der Schweiz würde ggf. die Verlagerung von Unternehmensgewinnen in die Schweiz ermöglichen und damit zu einer tieferen Steuerquote führen. Es ist daher empfehlenswert, rechtzeitig eine individuelle Beratung betreffend die rechtssichere und optimale Gestaltung der Expansionspläne in die Schweiz in Anspruch zu nehmen.

Originally Published by Private Magazine

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