Allgemeines zur Entgeltfortzahlung: 

Ganz allgemein gilt der Grundsatz ohne Arbeit kein Lohn". Vom erwähnten Grundsatz gibt es allerdings Ausnahmen, wie beispielsweise den Annahmeverzug des Arbeitgebers. Will der Arbeitgeber die ordnungsgemäss angebotene Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht entgegennehmen, so liegt Annahmeverzug vor. Der Arbeitnehmer muss die verweigerte Arbeitsleistung grundsätzlich nicht nachholen (Ausnahmen vorbehalten) und der Lohnanspruch bleibt weiter bestehen.

Für den Fall, dass der Arbeitgeber nicht genügend Arbeit anbieten kann, liegt ebenfalls Annahmeverzug vor und der Arbeitgeber ist zur Lohnfortzahlung verpflichtet. Jedoch muss sich der Arbeitnehmer anrechnen lassen, was er sich durch Verhinderung seiner Arbeitsleistung erspart hat.

Im Falle einer Betriebsschliessung aus Angst vor Ansteckung ist der Arbeitgeber ebenfalls zur Lohnfortzahlung verpflichtet. Grundsätzlich schuldet der Arbeitnehmer keine Nachleistungspflicht, Ausnahmen gibt es allerdings bei sehr kurzen Betriebsschliessungen, auch hier muss sich der Arbeitnehmer anrechnen lassen, was er sich durch Verhinderung seiner Arbeitsleistung erspart hat.

In den obengenannten Fällen trägt sohin grundsätzlich der Arbeitgeber das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko für die Auswirkungen von COVID-19.

Kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer ohne offizielle behördliche Verfügung aus Angst vor Ansteckung von der Arbeit fernbleibt. Bei unbegründeter Arbeitsverweigerung hat der Arbeitgeber darüber hinaus das Recht zur fristlosen Kündigung und allenfalls sogar Anspruch auf eine Entschädigung.

Krankheit:

Im Falle einer Erkrankung an COVID-19 ist der Arbeitnehmer zwar an der Arbeitsleistung verhindert, hat aber, wie auch bei anderen Krankheiten, grundsätzlich Anspruch auf Lohnfortzahlung. Die Dauer der Lohnfortzahlung hängt von der Anzahl der Dienstjahre des Arbeitnehmers ab.

In Liechtenstein muss jeder Arbeitergeber (Ausnahmen vorbehalten) für seine Arbeitnehmer obligatorisch eine Krankenversicherung abschliessen. Dauert die Erkrankung länger, übernimmt die Versicherung nach einer gewissen Wartefrist das Krankengeld. Dieses Krankengeld hat gemäss Gesetz mindestens 80 % des Lohnes zu betragen.

Home-Office:

Sofern im Arbeitsvertrag eine entsprechende Vereinbarung getroffen wurde, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Leistung von Home-Office verpflichten. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber auch gestützt auf sein Weisungsrecht Home-Office anordnen.

Dies gilt allerdings nur unter den Voraussetzungen, dass dem Arbeitnehmer geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Zudem muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die notwendigen Hilfsmittel für die Erfüllung seiner Arbeitspflicht zur Verfügung stellen und auch die entsprechenden Kosten dafür tragen, damit die Arbeit von Zuhause aus zumutbar ist.

Quarantäne

Zu unterscheiden ist zwischen der Lohnfortzahlung bei behördlich verfügter Quarantäne und der Lohnfortzahlung bei betrieblich angeordneter Quarantäne: 

Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich Anspruch auf Lohnfortzahlung bei behördlich verfügter Quarantäne für eine beschränkte Zeit, vorausgesetzt der Arbeitnehmer befindet sich nicht mehr in der Probezeit. Aufgrund des Zollvertrages mit der Schweiz sind die Bestimmungen des schweizerischen Epidemiegesetzes in Liechtenstein anwendbar. Laut Epidemiegesetz muss das Fürstentum Liechtenstein, wenn eine Behörde offiziell eine Quarantäne anordnet, den Arbeitgeber die Löhne seiner Arbeitnehmer erstatten. 

Bei betrieblich angeordneter Quarantäne hat der Arbeitnehmer auch Anspruch auf Lohnfortzahlung. In diesem Fall greift allerdings das Epidemiegesetz nicht. 

Auch bei einer Quarantäne muss sich der Arbeitnehmer anrechnen lassen, was er sich wegen der Verhinderung an der Arbeitsleistung erspart hat. Zudem kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter den oben genannten Voraussetzungen zum Home-Office verpflichten. 

Betreuung kranker Hausangehöriger

Arbeitnehmer haben bei Krankheit von in Hausgemeinschaft lebenden Familienmitgliedern grundsätzlich Anspruch auf Pflegeurlaub von bis zu drei Tagen pro Pflegefall. Der Pflegeurlaub dient dazu, die Pflege oder Betreuung des kranken oder verunfallten Familienmitgliedes zu organisieren. Für diese drei Tage hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung, der Arbeitgeber kann allerdings ein entsprechendes Arztzeugnis fordern. 

Kinderbetreuung wegen Schulschliessungen:

In diesem Fall besteht für den Arbeitgeber während eines bestimmten Zeitraumes die Pflicht der Entgeltfortzahlung, sofern der Arbeitnehmer unverschuldet an der Arbeitsleistung verhindert ist, weil ihn eine gesetzliche Pflicht zur Betreuung seiner Kinder trifft. Auch hier gilt, dass diese Zeit zur Organisation der Kinderbetreuung dient. 

Urlaub: 

Grundsätzlich bestimmt der Arbeitgeber den Zeitpunkt, wann der Arbeitnehmer seine Ferien zu beziehen hat. Zu berücksichtigten sind dabei die Wünsche und (privaten) Umstände des Arbeitnehmers, insbesondere in Bezug auf schulpflichtige Kinder. Jedoch gehen die Interessen des Arbeitgebers vor. Bezieht der Arbeitnehmer beispielsweise Ferien entgegen einer rechtlich korrekten Anordnung des Arbeitgebers, kann dies einen wichtigen Grund für eine fristlose Entlassung darstellen. Durch die Bestimmung des Ferienzeitpunktes darf der Erholungszweck der Ferien nicht verunmöglicht werden, dem Arbeitnehmer muss daher genügend Zeit für die Ferienplanung eingeräumt werden.

Einmal bestimmte Ferien dürfen vom Arbeitgeber nur bei Vorliegen von schwerwiegenden Gründen sowie rechtzeitiger Information geändert werden. Diese Änderung muss jedenfalls aufgrund von dringlichen und unvorhersehbaren betrieblichen Bedürfnissen gerechtfertigt sein. Die Verschiebung muss dem Arbeitnehmer innert kürzester Frist mitgeteilt werden. Muss der Arbeitnehmer aufgrund einer betrieblichen dringenden Lage seine Ferien verschieben und entsteht ihm daraus ein Schaden, so ist dieser vom Arbeitgeber zu ersetzen. 

Weiters besteht keine Verpflichtung des Arbeitnehmers unbezahlten Urlaub zu nehmen, dies ist nur im Falle einer Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber möglich. 

Überstunden

Im Falle der weiteren Verbreitung von COVID-19 könnten Arbeitskräfte ausfallen und der Arbeitgeber wäre unter Umständen auf die Leistung von Überstunden angewiesen. Sofern Überstunden durch die Umstände gerechtfertigt sind und es dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung seiner persönlichen Situation möglich und zumutbar ist, ist der Arbeitnehmer grundsätzlich auch verpflichtet, Überstunden zu leisten. 

Es gilt hier zu beachten, was einzelvertraglich in Bezug auf die Kompensation von Überstunden vereinbart wurde, da die Vereinbarung eines Ausschlusses des Ausgleichs grundsätzlich gesetzlich zulässig ist. 

Kündigung

Grundsätzlich basiert das Arbeitsvertragsrecht auf dem Grundsatz der Kündigungsfreiheit. Dieser Grundsatz wird lediglich durch sachliche und zeitliche Kündigungsschutzbestimmungen beschränkt. Zudem bedarf die ordentliche Kündigung keines besonderen Grundes. 

Bei einer Kündigung im Falle von Krankheit gelten Sperrfristen, in denen der Arbeitgeber nicht kündigen darf, eine in diesem Zeitraum ausgesprochene Kündigung wäre nichtig. Nach Ablauf der Sperrfrist ist eine Kündigung möglich. Die Sperrfrist ist abhängig von den Dienstjahren: Im ersten Dienstjahr beträgt die Sperrfrist 30 Tage, im zweiten bis fünften Dienstjahr 90 Tage und ab dem sechsten Dienstjahr beträgt sie 180 Tage. 

COVID-19-Restriktionen: Was Grenzgänger beachten müssen 

Viele Arbeitnehmer pendeln täglich von ihrem ausländischen Wohnsitz an ihren Arbeitsplatz in Liechtenstein, vor allem aber österreichische und schweizerische Staatsangehörige. Im Fürstentum Liechtenstein gilt grundsätzlich das Erwerbsortprinzip, d.h. Arbeitnehmer müssen sich im Inland obligatorisch sozialversichern (AHV, IV, FAK), wenn sie in Liechtenstein eine Tätigkeit ausüben. 

Aufgrund der erlassenen Restriktionen der österreichischen Bundesregierung zur Eindämmung von COVID-19 wie Ausgangsbeschränkungen und Wiedereinführung der Grenzkontrollen, gewähren viele Unternehmen ihren Mitarbeitern Home-Office. Das kann sozialversicherungsrechtlich problematisch sein, denn wer bislang in Liechtenstein gearbeitet hat und nun von Österreich, Deutschland oder der Schweiz aus seine Arbeitet verrichtet, übt eine sogenannte parallele Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten aus. Aufgrund der Tätigkeit im Ausland liegt allerdings noch keine Entsendung vor.

Um Doppelzuständigkeiten zu vermeiden gilt im gesamten EWR und der Schweiz die Verordnung (EG) Nr. 833/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.

Wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten ausübt (z.B. teilweise in Liechtenstein, teilweise in Österreich), gelten die Rechtsvorschriften jenes Staates, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat, sofern der Arbeitnehmer keine wesentliche Tätigkeit in seinem Wohnstaat ausübt (Art. 13 Abs. 1 Bst. b), wobei die Schwelle der Wesentlichkeit ab 25% überschritten wird. Der Beurteilungszeitraum, ob im Wohnstaat ein wesentlicher Teil der Tätigkeit erbracht wurde, beträgt 12 Monate. Arbeitnehmer, die bei liechtensteinischen Unternehmen angestellt sind und ihre Tätigkeit momentan teilweise oder gänzlich in einem anderen EWR-Mitgliedstaat oder der Schweiz verrichten müssen, werden also aller Voraussicht nach, sozialversicherungsrechtlich keinem anderen Mitgliedstaat unterstellt. Nur langfristige Restriktionen könnten dies bewirken.

Eine Subsumtion der Home-Office-Tätigkeit unter den Ausnahmetatbestand des Art. 12 Abs. 1, welcher die Möglichkeit einer Entsendung von Arbeitnehmer von Liechtenstein in EWR-Mitgliedstaaten für maximal 24 Monate bzw. in die Schweiz für maximal 60 Monate ohne Änderung der Unterstellung erlauben würde, ist nur möglich, wenn der Arbeitgeber im Entsendestaat eine Zweigniederlassung unterhält oder im Entsendestaat nennenswerte Tätigkeiten ausführt, d.h. Leistungen für Vertragspartner erbringt.

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