Die Schweiz bzw. die schweizerischen Finanzinstitute tauschen mit über 100 Staaten, darunter alle wichtigen Finanzzentren, Informationen über Finanzkonten aus (Automatischer Informationsaustausch kurz "AIA").1 Dabei werden bisher jedoch nur Informationen zu traditionellen Vermögenswerten, wie zum Beispiel Guthaben und Wertschriften bei Banken, ausgetauscht. Informationen zu digitalen Vermögenswerten, wie zum Beispiel Kryptowährungen oder andere digital handelbare Kryptowerte wie etwa NFT-Kunstwerke2 werden aktuell nicht ausgetauscht. Ebenfalls unterliegen bis jetzt Kryptobörsen- und Kryptohändler, wie Coinbase oder Binance nicht dem AIA. Um die Steuertransparenz zu erhöhen und Geldwäscherei zu bekämpfen, hat der Bundesrat beschlossen, das Crypto-Asset-Reporting Framework ("CARF") der OECD3 umzusetzen.4 Die Vernehmlassung zu diesem neuen Regelwerk wurde am 15. November 2024 abgeschlossen. Das CARF soll per 1. Januar 2026 in Kraft gesetzt werden und der erste Informationsaustausch im Jahr 2027 stattfinden.
Um was geht es?
CARF wird nicht nur von der Schweiz, sondern voraussichtlich auch von allen wichtigen Finanzzentren und Staaten, welche bereits Information über Finanzkonten austauschen umgesetzt. Die europäische Union (EU) setzt CARF im Rahmen der DAC8 Richtlinie um.5 Auch die USA hat sich zur Umsetzung des CARF bekannt und hat dazu einen eigenständigen Gesetzesentwurf publiziert, welcher sich von CARF in gewissen Punkten unterscheidet.6 Damit werden ab dem 1. Januar 2026 Informationen zu Kryptowerten gesammelt und im Jahr 2027 zwischen den teilnehmenden Staaten geteilt, wobei der Gesetzesentwurf in den USA voraussichtlich ab 1. Januar 2027 in Kraft tritt. Schweizer Steuerpflichtige, welche relevante Kryptowerte halten und Dienstleistungen von einem meldenden Anbieter von Krypto-Dienstleistungen nutzen, müssen darauf vorbereitet sein, dass die Schweizer Steuerbehörden im Jahr 2027 Daten über die von Ihnen gehaltenen Kryptowerte und die seit dem 1. Januar 2026 damit erzielten Erträge erhalten werden.
Welche Krypto-Werte fallen unter die Meldepflicht?
Der Begriff Kryptowert wird im CARF sehr breit definiert. Kryptowert bedeutet eine digitale Darstellung eines Wertes, welche auf einer kryptografisch gesicherten Distributed-Ledger-Technologie, z.B. Blockchain, oder einer ähnlichen Technologie beruht, um Transaktionen zu validieren und zu sichern.7 Meldepflichtig unter dem CARF sind aber nur Transaktionen von relevanten Kryptowerten. Dieser Ausdruck ist aber ebenfalls sehr breit und umfasst alle Kryptowerte, welche für Zahlungs- oder Anlagezwecke verwendet werden können – ausser es handelt sich um eine digitale Zentralbankwährung oder ein spezifiziertes E-Geld-Produkt – zu denen bereits im Rahmen des AIA Informationen ausgetauscht werden.
Wenn Sie unsicher sind, ob ein von Ihnen gehaltener Kryptowert ein relevanter Kryptowert ist, beispielsweise bei einem NFT-Kunstwerk oder NFT-Collectible8, muss eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden. Der Kommentar der OECD enthält zu dieser Abgrenzung einige Positiv- und Negativbeispiele, die aber nicht alle Fälle in der Praxis abdecken.9
Wer muss neu melden?
Melden müssen natürliche Personen oder Rechtsträger, welche als sogenannter "meldender Anbieter von Krypto-Dienstleistungen" qualifizieren, also gewerblich eine Dienstleistung zur Durchführung von Tauschgeschäften für oder im Auftrag von Kunden anbieten und dabei unter anderem als Gegenpartei oder Intermediär auftreten oder eine Handelsplattform zur Verfügung stellen (sogenannte "relevante Transaktionen").
Unter Dienstleistungen fallen damit der Tausch von relevanten Kryptowerten in Fiat-Währungen10 und vice versa, sowie der Tausch von relevanten Kryptowerten in andere relevante Kryptowerte. Aber auch die Übertragung von relevanten Kryptowerten auf eine Kryptoadresse bei der der meldende Anbieter von Krypto-Dienstleistungen im Zeitpunkt der Transaktion nicht feststellen kann, dass es sich um ein Tauschgeschäft handelt.
Bei der Definition des Begriffs "gewerblich" stellt der Bundesrat auf die Kriterien im Geldwäschereigesetz ab.11 Als gewerblich gelten dabei insbesondere Finanzintermediäre gemäss Art. 2 Abs. 2 GwG. Dabei gelten somit die in den jeweiligen Spezialgesetzen festgelegten Schwellenwerte. Gewerblich handelt wohl zudem, wer die Tätigkeit des Anbietens einer Dienstleistung zur Durchführung von Tauschgeschäften für oder im Auftrag von Kunden berufsmässig gemäss den Art. 7 bis 10 der Geldwäschereiverordnung (GwV) ausübt. Selbst wenn ein Anbieter von Kryptodienstleistungen dem GwG nicht unterstellt ist, empfehlen wir zu prüfen, ob er diese Schwellenwerte erfüllt und damit als meldepflichtiger Anbieter qualifiziert. Nach Artikel 12b Absatz 2 E-AIAG soll der Bundesrat beauftragt werden, die Kriterien festzulegen, nach denen das Anbieten einer Dienstleistung zur Durchführung von Tauschgeschäften für oder im Auftrag von Kunden als gewerblich gilt.
Ein Anbieter von Krypto-Dienstleistungen übt seine Tätigkeit berufsmässig aus, wenn er mit diesen Krypto-Dienstleistungen:12
- damit pro Kalenderjahr einen Bruttoerlös von mehr als 50 000 Franken erzielt;
- pro Kalenderjahr mit mehr als 20 Vertragsparteien Geschäftsbeziehungen aufnimmt, die sich nicht auf eine einmalige Tätigkeit beschränken, oder pro Kalenderjahr mindestens 20 solche Beziehungen unterhält;
- unbefristete Verfügungsmacht über fremde Vermögenswerte hat, die zu einem beliebigen Zeitpunkt 5 Millionen Franken überschreiten; oder
- Transaktionen durchführt, deren Gesamtvolumen 2 Millionen Franken pro Kalenderjahr überschreitet.
Im Gegensatz zum AIA ist damit der Kreis der Personen und Rechtsträger, welche den CARF Meldepflichten unterliegen, viel breiter, so dass CARF nicht nur Finanzinstitute und Handelsplattformen umfassen wird. Aktivitäten eines Investmentsfonds, der in relevante Kryptowerte investiert oder Anlageberatung, ohne dass Kryptowerte für Kunden gehalten oder an Kunden getauscht werden, stellen jedoch keine qualifizierenden Dienstleistungen dar.13 Auch Initial Coin Offerings bzw. Initial Token Offerings (ICO bzw. ITO) fallen nicht unter die qualifizierenden Tätigkeiten, wohl aber der anschliessende Verkauf dieser Coins durch die ursprünglichen Käufer dieser Coins.14
Was wird gemeldet?
Die meldenden Anbieter von Krypto-Dienstleistungen müssen die Identität ihrer Kunden verifizieren und unter anderem die Anzahl der relevanten Transaktionen und die Beträge dieser relevanten Transaktionen melden, welche ihre Kunden erhalten oder bezahlt haben. Daneben bestehen besondere Meldepflichten für relevante Transaktionen, welche den Betrag von USD 50'000 überschreiten und damit auch unter dem Tatbestand möglicher Geldwäscherei geprüft werden müssen (sogenannte "meldepflichtige Einzelhandelstransaktionen").
Was muss ich tun?
In der Schweiz ist der Verkauf von Kryptowerten aus dem Privatvermögen grundsätzlich steuerfrei. Nur in Ausnahmefällen, z.B. bei gewerbsmässigem Handel unterliegt der Ertrag aus Kryptowerten der Einkommenssteuer und den Sozialversicherungsabgaben. Anders verhält es sich bei Erträgen aus dem Halten oder Verleihen von Kryptowerten: Einkünfte aus Staking15, der Nutzung von DeFi-Protokollen16 oder Airdrops17 gelten in der Regel als steuerbares Einkommen. Darüber hinaus unterliegen Kryptowerte der jährlichen Vermögenssteuer, die auf das gesamte Vermögen einer steuerpflichtigen Person erhoben wird.
Die Schweizer Steuerbehörden werden mit Einführung der CARF im Jahr 2027 Informationen über relevante Kryptowerte und die damit seit 1. Januar 2026 erzielten Erträge erhalten, welche von in der Schweiz steuerpflichtigen natürlichen oder juristischen Personen gehaltenen werden. Diese sollten damit sicherstellen, dass sie die relevanten Kryptowerte und die Erträge daraus vollständig und zum korrekten Wert in ihrer Steuererklärung deklarieren. Falls dies in den Vorjahren nicht bereits der Fall erfolgt ist, kann diese Problematik bis zum Inkrafttreten und je nach Praxis der Kantone bis zum ersten Datenaustausch für bereits definitiv veranlagte Steuerperioden mittels strafloser Selbstanzeige ohne Strafen gelöst werden, wenn es sich um die erste Selbstanzeige handelt.
Ebenfalls werden die Schweizer Steuerbehörden vermehrt Kenntnis über einen möglichen gewerbsmässigen Handel mit relevanten Kryptowerten erhalten. In der Schweiz Steuerpflichtige, welche relevante Kryptowerte im Privatvermögen halten und mit diesem Kryptowerten häufig handeln, empfehlen wir ihre Situation zu prüfen und sicherzustellen, dass entweder kein gewerbsmässiger Handel vorliegt oder das Risiko von unerwünschten Steuerfolgen mittels Massnahmen zu senken.
Wir Unterstützen Sie gerne bei der korrekten Deklaration der relevanten Kryptowerte im Rahmen der jährlichen Steuererklärung, bei der Bereinigung eines Steuerrisikos aus den Vorjahren oder bei der Planung, sowie Umsetzung von risikominimierenden Massnahmen inkl. der Bestätigung der Steuerfolgen mittels Einholen von Steuervorbescheiden.
Footnotes
1. Vgl. www.sif.admin.ch/de/automatischer-informationsaustausch-aia
2. Ein NFT-Kunstwerk ist ein digitales Kunstwerk, das als Non-Fungible Token (NFT) auf einer Blockchain registriert ist. NFTs sind einzigartige, nicht austauschbare digitale Zertifikate, die Eigentum und Echtheit eines digitalen Objekts nachweisen.
3. Organisation for Economic Co-operation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).
4. Vgl. Medienmitteilung des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) vom 10. November 2023.
5. Directive on Administrative Cooperation.
6. Digital Asset Reporting Frameworkt (DARF).
7. Vgl. Abschnitt IV, Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch nach dem Melderahmen für Kryptowerte.
8. Ein NFT-Collectible ist ein digitales Sammlerstück, das als Non-Fungible Token (NFT) auf einer Blockchain gespeichert wird. Es handelt sich um einzigartige oder limitierte digitale Objekte, die oft für Sammlerzwecke erstellt werden.
9. Vgl. International Standards for Automatic Exchange of Information in Tax Matters, Crypto-Asset Reporting Framework and 2023, update to the Common Reporting Standard (Kommentar OECD), Rz. 9 ff.: www.oecd.org/en/publications/international-standards-for-automatic-exchange-of-information-in-tax-matters_896d79d1-en.html.
10. Eine FIAT-Währung ist eine staatlich herausgegebene Währung wie z.B. der Schweizer Franken.
11. Bundesgesetz über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung (Geldwäschereigesetz, GwG).
12. Vgl. Art. 7 GwV
13. Vgl. Erläuternder Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens vom 15. Mai 2024, S. 48.
14. Vgl. Kommentar OECD Rz. 25
15. Staking ist ein Mechanismus in der Blockchain-Technologie, bei dem Nutzer ihre Kryptowährungen sperren (staken), um das Netzwerk zu unterstützen und im Gegenzug Belohnungen zu erhalten. Es ist eine Art passives Einkommen, das vergleichbar mit Zinsen auf einem Sparkonto ist.
16. DeFi – Decentralized Finance sind dezentrale Finanzanwendungen, die auf Blockchain-Technologie basieren und ohne zentrale Vermittler wie Banken oder Broker funktionieren.
17. Airdrops sind eine Methode, bei der Kryptowährungen oder Tokens kostenlos an Nutzer verteilt werden, oft als Marketingmaßnahme oder als Belohnung für bestimmte Aktivitäten.
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