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16 May 2025

Mögliche Vertriebsformen für den Markteintritt in die Schweiz

A
Altenburger

Contributor

Altenburger Ltd legal + tax is an internationally oriented Swiss law firm with offices in Zurich, Geneva and Lugano. We are well-known as experienced tax lawyers. Furthermore, our firm has valuable, in-depth knowledge in the areas of corporate, banking and insurance law, real estate and international dispute resolution.
Aufgrund der starken Kaufkraft, der geografischen Nähe und der kulturellen Ähnlichkeit ist die Schweiz seit jeher ein attraktiver Absatzmarkt für Produkte und Dienstleistungen deutscher Unternehmen.
Switzerland Corporate/Commercial Law

Aufgrund der starken Kaufkraft, der geografischen Nähe und der kulturellen Ähnlichkeit ist die Schweiz seit jeher ein attraktiver Absatzmarkt für Produkte und Dienstleistungen deutscher Unternehmen. Dieser Beitrag gibt einen groben Überblick über gängige Vertriebsarten in der Schweiz.

Online-Vertrieb

Der Direktvertrieb über einen eigenen Online-Shop oder digitale Marktplätze (sog. E-Commerce) ist durch die grosse, aber kosteneffiziente Reichweite für viele Unternehmen eine attraktive Vertriebsform. Insbesondere ermöglicht sie eine umfassende Kontrolle über den Vertrieb und die Preisgestaltung sowie einen direkten und unmittelbaren Kundenkontakt. Dies wiederum erlaubt die digitale Erfassung des Konsumentenverhaltens und ermöglicht eine gezielte Interaktion mit dem Kunden. Der E-Commerce bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Aus rechtlicher Sicht sind insbesondere das allgemeine Vertrags- und Kaufrecht, die Ausgestaltung allgemeiner Geschäftsbedingungen, der Datenschutz, das Kartellrecht, das Lauterkeitsrecht, die Mehrwertsteuerregistrierung und die Zollabwicklung zu nennen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht können hohe Verzollungskosten, ein möglicherweise nicht vorhandener lokaler Kundendienst und eine komplexe Retourenabwicklung die Kundenzufriedenheit negativ beeinflussen. Diese Risiken lassen sich jedoch durch die Zusammenarbeit mit lokalen Logistikpartnern oder anderen Erfüllungsdienstleistern abfedern.

Tochtergesellschaft

Ein Vertrieb mittels einer in der Unternehmensgruppe integrierten Tochtergesellschaft bietet Unternehmen die Möglichkeit, den Markt ohne Zwischenhändler im Einklang mit der eigenen Marketingstrategie selbstständig zu bearbeiten und damit direkte Kundenbeziehungen aufzubauen. Diese Eigenständigkeit erlaubt beispielsweise die Kontrolle über das Personal, das Marketing, den Vertrieb und die Preisgestaltung. Andererseits sind vertikal integrierte Vertriebslösungen in aller Regel kostenintensiver, da sie mit einer eigenen Geschäftsmiete, der Anstellung, Ausbildung und Führung von geeignetem Personal sowie mit den damit einhergehenden rechtlichen und administrativen Verpflichtungen wie beispielsweise Buchführung, Steuererklärungen und Sozialabgaben verbunden sind. Der damit einhergehende höhere Kapitalbedarf sowie die unternehmerische Verantwortung können deshalb für kleine und mittelständische Unternehmen unattraktiv sein.

Joint Venture

Ein Joint Venture kann eine sinnvolle Lösung sein, da das Marktwissen eines lokalen Partners, eine gemeinsame Produktentwicklung und die Kostenteilung den Markteintritt erleichtern. Diese Form der Zusammenarbeit wird häufig mittels Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft strukturiert, kann aber auch vertraglich erfolgen. Vorteilhaft ist insbesondere die Nutzung bestehender Vertriebsstrukturen und Kundenkontakte des Schweizer Joint Venture Partners, was den Markteintritt beschleunigen kann. Gleichzeitig birgt ein Joint Venture Risiken wie mögliche Interessenkonflikte, divergierende Interessen, unklare Entscheidungsstrukturen und eine potenzielle Abhängigkeit vom Partner. Diese sollten im Vorfeld rechtlich geregelt werden – insbesondere durch massgeschneiderte Gesellschaftsstatuten, detaillierte Organisationsreglemente und ausführliche Aktionärbindungsverträge.

Vertriebsvertrag

Bei Vertriebsverträgen räumt ein Unternehmen einem Vertriebspartner das Recht ein, Produkte in eigenem Namen und auf eigene Rechnung, also auf eigenes Risiko, zu vertreiben. Damit beschränkt sich der Aufwand des Unternehmens im Wesentlichen auf die Lieferung bzw. den Verkauf von mängelfreien Produkten an den Vertreiber, während der Vertriebspartner incentiviert ist, die Ware bestmöglich zu vermarkten und deren Absatz zu fördern. Andererseits kann ein Vertriebsvertrag, namentlich ein Alleinvertriebsvertrag, welcher vom Vertreiber erfolgreich umgesetzt wird, Abhängigkeiten für das Unternehmen schaffen.

Der Vertriebsvertrag kann verschiedene Formen annehmen. Insbesondere erwähnenswert sind der Alleinvertriebsvertrag und der selektive Vertriebsvertrag.

Beim Alleinvertriebsvertrag bzw. Exklusivvertrieb verpflichtet sich das Unternehmen, dem Vertreiber ein räumliches, sachliches und unter Umständen zeitlich begrenztes, ausschliessliches Bezugsund Vertriebsrecht für bestimmte Produkte einzuräumen. Der Vertreiber verpflichtet sich im Gegenzug, die entsprechenden Produkte gegen Entgelt vom Unternehmen zu beziehen, in eigenem Namen sowie auf eigene Rechnung zu vertreiben und den Vertrieb im Vertragsgebiet zu fördern.

Beim Selektivvertrieb wählt das Unternehmen den Vertreiber nach bestimmten Kriterien aus, um sicherzustellen, dass die Produkte ausschliesslich über autorisierte Kanäle vertrieben werden. Dies dient dem Schutz der Markenpositionierung und der Qualitätssicherung. Der Vertreiber verpflichtet sich in diesem Fall, die Produkte nicht an nicht autorisierte Wiederverkäufer weiterzuverkaufen, wodurch ein kontrolliertes Vertriebsnetz gewährleistet wird.

Bei der Ausgestaltung des Vertriebsvertrags gilt es diverse rechtliche Aspekte zu beachten. Darunter fallen unter anderem Bestimmungen zu Mindestabnahmemengen, Preisen und Zahlungsbedingungen, Liefer- und Abnahmeverpflichtungen, Haftung und Gewährleistungen, Vertragsgebiet, Exklusivität, Schutz des geistigen Eigentums, Konkurrenzverboten, Geheimhaltungsverpflichtungen und Beendigungsmöglichkeiten. Zudem sind bei den Vertragsverhandlungen die kartellrechtlich eingeschränkte Zulässigkeit von Gebiets- und Kundenschutzklauseln sowie die Vorschriften zur Preisgestaltung zu beachten. Ebenfalls ist bei der Vertragsredaktion die allenfalls in Analogie zu den gesetzlichen Bestimmungen der Agentur geschuldete Kundschaftsentschädigung für die Erweiterung des Kundenkreises zu berücksichtigen.

Franchising

Franchising ermöglicht es Unternehmen, ihr bewährtes Geschäftsmodell über Franchisenehmer in der Schweiz zu erweitern. Der Franchisegeber stellt dabei Marke, Know-how und Unterstützung bereit, während der Franchisenehmer das Geschäft eigenverantwortlich gemäss den Vorgaben des Franchisegebers zum Marktauftritt betreibt. Dies ermöglicht eine schnelle Expansion mit begrenztem Kapitalaufwand für den Franchisegeber. Allerdings sind detaillierte vertragliche Regelungen erforderlich, um Rechte und Pflichten klar zu definieren und Qualitätsstandards sicherzustellen. Neben den vertraglichen Rahmenbedingungen müssen auch das Kartellrecht und steuerliche Aspekte beachtet werden.

Lizenzverträge

Lizenzverträge sind eine weitere Möglichkeit, Produkte oder Technologien in der Schweiz zu vertreiben, ohne eine eigene Tochtergesellschaft zu gründen. Dabei gewährt der Lizenzgeber dem Lizenznehmer das Recht zur Nutzung von geistigem Eigentum wie zum Beispiel einer Marke, eines Urheberrechts oder eines Patents gegen eine Gebühr. Dies erlaubt eine flexible Marktpräsenz mit geringerem Risiko, setzt jedoch eine sorgfältige Vertragsgestaltung voraus, insbesondere hinsichtlich der Rechte und Pflichten sowie der Lizenzgebühren. Eine klare Abgrenzung der Nutzungslizenzen, insbesondere im Hinblick auf Exklusivität, geografische Beschränkungen und Unterlizenzierungen, ist essenziell, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Darüber hinaus sollten Lizenzgeber sicherstellen, dass sowohl der Schutz ihres geistigen Eigentums als auch Mechanismen zur Qualitätssicherung vertraglich hinreichend geregelt sind.

Agenten oder Mäkler

Agenten oder Mäkler bieten sich als flexible Alternative für Unternehmen an, die keine eigene Tochtergesellschaft in der Schweiz aufbauen möchten. Handelsvertreter sind selbstständige Unternehmer, die dauerhaft im Namen und auf Rechnung des Unternehmens Geschäfte vermitteln oder abschliessen und dabei auf Provisionsbasis arbeiten. Sie unterliegen den Schutzbestimmungen des Obligationenrechts, insbesondere bezüglich Kündigungsfristen und Entschädigungsansprüchen, inklusive Kundschaftsentschädigungen für die Erweiterung des Kundenkreises. Mäkler hingegen agieren ohne dauerhafte Bindung und vermitteln im Namen und auf Rechnung des Unternehmens nur einzelne Geschäfte, was eine hohe Flexibilität, aber auch eine geringere Marktdurchdringung mit sich bringt. Der geringe Kapitalaufwand ist vorteilhaft, jedoch ist der Mäklervertrag eher für Einzelgeschäfte geeignet als für den dauerhaften Vertrieb von Produkten.

Fazit: Die richtige Vertriebsform bedarf einer Einzelfallbetrachtung

Die Wahl der optimalen Vertriebsform in der Schweiz hängt von verschiedenen Faktoren ab, beispielsweise vom Marktzugang, den Kosten, den rechtlichen Rahmenbedingungen und der gewünschten Kontrolle über den Vertrieb.

Unabhängig von der gewählten Vertriebsform empfiehlt es sich, eine rechtliche und wirtschaftliche Analyse durchzuführen, um mögliche Fallstricke zu vermeiden. Eine fundierte Beratung durch Experten für Handels- und Vertragsrecht in der Schweiz kann dabei helfen, die beste Lösung für Ihr Unternehmen zu finden und einen langfristigen Markterfolg zu sichern.

Originally published by Chambers of Commerce Switzerland - Germany issue 01/2025.

The content of this article is intended to provide a general guide to the subject matter. Specialist advice should be sought about your specific circumstances.

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