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22 January 2025

Unternehmensfinanzierungen Aus Steuerrechtlicher Optik

BG
Blum & Grob

Contributor

Blum&Grob is a leading Swiss law firm in Zurich, anticipating your needs, listening attentively, and deeply understanding your company and personal situation. Specializing in various legal domains and well-connected, we offer tailored solutions, driven by entrepreneurial mindset, pragmatism, and client-centric approach. Additionally, we are member of the lawyers’ association “Ally Law”.
Für den Unternehmensaufbau sowie das Unternehmenswachstum benötigen Unternehmen Kapital.
Switzerland Tax

1.Einleitung

Für den Unternehmensaufbau sowie das Unternehmenswachstum benötigen Unternehmen Kapital. Es kommen für die Realisation von entsprechenden Investitionen generell zwei Finanzierungsressourcen in Frage: Fremdkapital oder Eigenkapital. Aus steuerlichen Überlegungen ist Fremdkapital oftmals attraktiver. Denn das Fremdkapital reduziert einerseits grundsätzlich das steuerbare Kapital eines Unternehmens und damit auch die zu leistende Kapitalsteuer. Zudem stellen die Fremdkapitalzinsen grundsätzlich steuerlich abzugsfähigen Geschäftsaufwand dar.

Der vorliegende Beitrag widmet sich allfälligen steuerlichen Risiken bei Fremdfinanzierungen, die leider häufig von den involvierten Parteien erst dann erkannt werden, wenn bereits unliebsame steuerliche Konsequenzen drohen.

2.Fremdfinanzierung und die Verrechnungssteuer

Zinsen als Entgelt für die Überlassung von Fremdkapital und folglich Darlehenszinsen sind grundsätzlich nicht Gegenstand der Schweizer Verrechnungssteuer. Im Bereich Fremdkapital werden als Steuerobjekte ausdrücklich nur Erträge aus «Obligationen» und aus «Kundenguthaben», also Einlagen bei Banken und Sparkassen, sowie – soweit Zinselemente enthaltend – Erträge aus kollektiven Kapitalanlagen im Sinne des KAG umschrieben (vgl. Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer vom 13. Oktober 1965 («VStG») i.V.m. der dazugehörigen Vollziehungsverordnung vom 19. Dezember 1966 («VStV»)).

In den nachfolgenden Fällen unterliegen die Erträge aus zur Verfügung gestelltem Fremdkapital an einen inländischen Schuldner grundsätzlich der Verrechnungssteuer:

  • Die Fremdkapitalaufnahme qualifiziert als Obligation, und die Verrechnungssteuer auf dem Zins ist gestützt auf Art. 4 Abs. 1 Bst. a VStG geschuldet.
  • Das Darlehen qualifiziert als Kundenguthaben, und die Verrechnungs steuer auf dem Zins ist gestützt auf Art. 4 Abs. 1 Bst. d VStG geschuldet.
  • Der Zinsertrag qualifiziert als Ertrag aus Anteilen an einer kollektiven Kapitaleinlage nach KAG, und die Verrechnungssteuer ist gestützt auf Art. 4 Abs. 1 Bst. c VStG geschuldet.
  • Das Darlehen selbst oder die Zinsen im Zusammenhang damit qualifizieren als geldwerte Leistung und somit als Ertrag aus Beteiligungsrechten, und die Verrechnungssteuer ist deshalb gestützt auf Art. 4 Abs. 1 Bst. b VStG geschuldet.

Für im Ausland wohnhafte Leistungsempfänger stellt die Verrechnungssteuer grundsätzlich eine endgültige Belastung dar. Personen, deren Wohnsitzstaat mit der Schweiz ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, können jedoch, je nach Ausgestaltung dieses Abkommens, ggf. einen Anspruch auf eine teilweise Rückerstattung der Verrechnungssteuer geltend machen, sofern sie die im jeweiligen Abkommen festgehaltenen Voraussetzungen erfüllen.

3.Exkurs: 10-/20- Nichtbankenregelung

Gestützt auf den Obligationenbegrif gemäss Art. 4 Abs. 1 Bst. VStG i.V.m. Art. 15 VStV können Obligationen wie auch Kundenguthaben Verrechnungssteuerfolgen auslösen, wenn:

  • eineAnleihensobligationvorliegt; d.h., es liegt eine Emission von Titeln eines inländischen Schuldners an mehr als 10 Nicht-Banken-Gläubiger zu identischen Bedingungen vor, wobei die gesamte Kreditsumme mind. 500'000 Franken betragen muss;
  • eine Kassenobligation vorliegt; d.h., wenn ein inländischer Schuldner bei mehr als 20 Nicht-Banken-Gläubigern gegen Ausgabe von Schuldanerkennung fortlaufend Geld zu variablen Bedingungen aufnimmt, wobei die gesamte Kreditsumme mind. 500'000 Franken betragen muss; oder
  • ein Kundenguthaben vorliegt; d.h., wenn ein inländischer Schuldner Gelder gegen Zinsen bei mehr als 100 NichtBanken-Gläubigern entgegennimmt, wobei die gesamte Kreditsumme mind. 5 Mio. Franken betragen muss.

Sind die vorgenannten Kriterien erfüllt, unterliegen Zinszahlungen der Verrechnungssteuer.

4.Exkurs: Inländereigenschaft

Gemäss VStG gelten als Inländer im Sinne von Art. 4 VStG auch juristische Personen und Handelsgesellschaften ohne juristische Persönlichkeit, die ihren statutarischen Sitz im Ausland haben, jedoch tatsächlich in der Schweiz geleitet werden und hier ihre Geschäftstätigkeit ausüben. Die Inländereigenschaft im Sinne dieser Bestimmung wird durch eine wirtschaftliche Zugehörigkeit zur Schweiz begründet. Mit diesem Ersatztatbestand möchte der Gesetzgeber eine Umgehung der Schweizer Steuerordnung vermeiden.

Sofern die Voraussetzungen des inländischen Verwaltungssitzes (Ort der Leitung) und einer Geschäftstätigkeit im Inland kumulativ erfüllt sind, ist die Inländereigenschaft gleichermassen gegeben. Gesellschaften mit statutarischem Sitz im Ausland können folglich zum Inländer für Verrechnungssteuerzwecke werden, sofern die massgebliche Aktivität im Inland stattfindet.

5.Exkurs: Verdeckte Gewinnausschüttung oder geldwerte Leistung

Gegenstand der Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens sind gemäss Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG die Zinsen, Renten, Gewinnanteile und sonstigen Erträge der von einer inländischen Person ausgegebenen Aktien, Stammanteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaftsanteile, Partizipationsscheine und Genussscheine.

Der steuerbare Ertrag an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte ist jede geldwerte Leistung – wie Dividenden, Boni, Gratisaktien, Gratis-Partizipationsscheine, Liquidationsüberschüsse und dergleichen – der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft an die Inhaberinnen und Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte oder an ihnen nahestehende Dritte, die sich nicht als Rückzahlung der im Zeitpunkt der Leistung bestehenden Anteile am einbezahlten Grundkapital darstellt.

Der Begrif der geldwerten Leistung nach Art. 20 Abs. 1 VStV deckt sich mit der nach Massgabe von Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG steuerbaren geldwerten Leistung. Zu den geldwerten Leistungen zählen auch verdeckte Gewinnausschüttungen (Optik der Gesellschaft). Diese bilden das Pendant zu den geldwerten Vorteilen aus Beteiligungen (Optik des Anteilinhabers).

Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass:

  • erstens die leistende Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft für ihre Leistung keine oder keine gleichwertige Gegenleistung erhält;
  • zweitens die Beteiligungsinhaberin oder der Beteiligungsinhaber der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft direkt oder indirekt einen Vorteil erlangt;
  • drittens die Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft diesen Vorteil einem Dritten unter gleichen Bedingungen nicht zugestanden hätte (Drittvergleich);
  • und viertens der Charakter dieser Leistung – insbesondere das Missverhältnis zur Gegenleistung – für die Organe der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft erkennbar gewesen ist.

6.Fallbeispiel I

Lux Finance Sarl, eine nach luxemburgischem Recht gegründete Kapitalgesellschaft mit eingetragenem Sitz in Luxemburg, wird im Rahmen einer Finanzierungstransaktion der Swiss Moritz Hotel GmbH, einer Gesellschaft mit Sitz im Kanton Graubünden in der Schweiz eine Kreditfazilität zu festgelegten Bedingungen und Konditionen zur Verfügung stellen. Der Kreditbetrag, der im Rahmen der Kreditfazilität in Anspruch genommen werden kann, beträgt 20 Mio. Franken. Als Sicherheit wird durch den Darlehensnehmer ein Pfandrecht an der Immobilie («Moritz Wellness Resort») sowie eine Verpfändung von Anteilen am Darlehensnehmer, der Swiss Moritz Hotel GmbH, gewährt.

Durch den Darlehensgeber wird für die hier vorliegende Kreditfazilität eine Refinanzierung vorgenommen. Es werden zu diesem Zweck sog. Notes zur Refinanzierung an Investoren ausgegeben. Ein separates Teilvermögen wird für die vorliegende Kreditfazilität zur Refinanzierung geschafen. Es handelt sich dabei um eine Privatplatzierung. Das geschaffene Teilvermögen steht ausschliesslich zur Befriedigung der rechtlichen Ansprüche der Inhaber der für die Refinanzierung ausgegebenen Notes zur Verfügung. 

Ein Durchgrif und rechtliche Ansprüche gegenüber dem Darlehensnehmer sind vertraglich ausgeschlossen. Die Inhaber der Notes haben keinerlei direkte rechtliche Ansprüche gegenüber dem Darlehensnehmer.

Steuerrechtliche Würdigung

Es stellt sich im vorliegenden Fallbeispiel I die Frage, ob eine schädliche Unterbeteiligung durch den Darlehensgeber vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn der (in- oder ausländische) Inhaber einer Darlehensforderung Teile daran einem oder mehreren Investoren abgibt, und diese alsdann einen direkten Anspruch gegen den inländischen Schuldner haben. So begründet der abtretende Gläubiger für den Schuldner eine Obligation, sobald durch die Aufteilung des Darlehens in Teilforderungen die Erfordernisse der vorgenannten 10-/20-Nichtbankenregelung erfüllt werden.

Unschädlich ist hingegen, wenn der ursprüngliche Darlehensgeber der Darlehensgeber des Darlehensnehmers bleibt und die Unterbeteiligten nur einen rechtlichen Anspruch gegen den ursprünglichen Darlehensgeber innehaben. Genau dies ist in Bezug auf die vorliegende Refinanzierung allerdings der Fall.

Lux Finance Sarl wird selbst Emittentin und refinanziert ihre Forderung selbstschuldnerisch (d.h. durch Ausgabe von Notes). Massgebend sind im vorliegenden Fall einzig die Verhältnisse beim sich refinanzierenden alleinigen Gläubiger.

Gläubiger. Die Ausgabe der Notes durch Lux Finance Sarl zur Refinanzierung ist somit für Zwecke der Verrechnungssteuer im Zusammenhang mit der vorliegenden Kreditfazilität unbeachtlich. Lux Finance Sarl qualifiziert als ein Gläubiger unter der Kreditfazilität im Sinne der 10-/20-Nichtbankenregelung.

7. Fallbeispiel II

Eine in der Immobilienbranche in der Schweiz tätige AG mit Sitz im Kanton Zug beabsichtigt, zwei Grundstücke in Teufen im Kanton Appenzell zu erwerben, um diese für ein Neubauprojekt mit Eigentumswohnungen zu entwickeln. Weil für den Erwerb zusätzliche Mittel benötigt werden, ist die Darlehensnehmerin auf ein zusätzliches Darlehen von einem Dritten in der Schweiz angewiesen. Die AG muss hierfür auf Risikokapital in Form eines partiarischen Darlehens zurückgreifen.

Der Darlehensgeber ist eine mit der AG als Arbeitnehmer verbundene Person. Er hält allerdings weder Beteiligungen an der AG noch an einer mit der AG verbundenen Gesellschaft. Der Darlehensvertrag wird unter unabhängigen Drittparteien zu Marktkonditionen abgeschlossen. Der Arbeitnehmer wird ein partiarisches Darlehen zu festgelegten Bedingungen und Konditionen zur Verfügung stellen. Eine Sicherheit in Form eines Pfandrechts an den Immobilien oder eine Verpfändung der Aktien an der AG erfolgen nicht. Das Darlehen wird jährlich mit einem Zins von 2,75% auf dem nach Laufzeit und Höhe bezogenen Teiles des Darlehensbetrages verzinst. Die Höhe des Mindestzinssatzes basiert auf dem Saron-Referenzzinssatz zuzüglich einer üblichen Marge in Höhe von 1,5%. Zusätzlich zum Mindestzins vereinbaren die Parteien eine gewinnabhängige Vergütung. Die Darlehensnehmerin schuldet dem Darlehensgeber zusätzlich zum Mindestzins eine Risikoprämie in Form eines variab - len Zinssatzes in Höhe von 33,33% des Reingewinns vor Steuern aus dem Verkauf der Wohnungen des Neubauprojekts. Sollte das Neubauprojekt nicht umgesetzt werden können oder verzichtet die Darlehensnehmerin darauf (Aufgabe Neubauprojekt), schuldet die Darlehensnehmerin der Darlehensgeberin lediglich den Mindestzins.

Steuerrechtliche Würdigung

Die vorliegende Kreditfazilität hat ihren Rechtsgrund nicht im Beteiligungsverhältnis. Die Beteiligungsinhaber erzielen weder direkt noch indirekt einen Vorteil. Der Arbeitnehmer ist kein Beteiligungsinhaber und qualifiziert ausserdem nicht als nahestehende Person. Dazu zählen vorab dem Aktionär verwandtschaftlich verbundene natürliche Personen oder vom gleichen Aktionär beherrschte juristische Personen. Die Voraussetzungen, damit eine verdeckte Gewinnausschüttung allenfalls angenommen werden könnte, sind im vorliegenden Fall folglich nicht gegeben. Da das partiarische Darlehen zudem von einem unabhängigen Dritten stammt – ohne Sicherstellung durch den Anteilsinhaber oder einer diesem nahestehende Person – kann dieses auch nicht als verdecktes Eigenkapital für Zwecke der kantonalen Kapitalsteuer qualifizieren. Für Zwecke der Verrechnungssteuer unterliegen die Zinszahlungen (namentlich Mindestzins sowie variabler Zins) unter dem vorliegenden partiarischen Darlehen nicht der Verrechnungssteuer. Auf Ebene der AG stellen die Schuldzinsen (namentlich Mindestzins sowie variab - ler Zins) auf dem Fremdkapital grundsätzlich geschäftsmässig begründeten Aufwand dar. Auf Ebene des Darlehensgebers werden die erhaltenen Zinseinkünfte mit der Einkommenssteuer erfasst.

8.Fazit

Die beiden hiervor besprochenen Fallbeispiele gehen steuerrechtlich aus Sicht der Vertragsparteien für einmal auf. Nichtsdestotrotz wird gleichermassen die steuerrechtliche Komplexität von Fremdfinanzierungen offensichtlich. Eine vertiefte steuerrechtliche Analyse der vertraglichen Details einer gewählten Fremdfinanzierungsstruktur sollte in jedem Fall durchgeführt werden, damit allenfalls notwendige Anpassungen am Vertragswerk noch rechtzeitig vorgenommen werden können. Ausserdem ist die Einholung einer verbindlichen Auskunft bei den zuständigen Steuerbehörden empfehlenswert. Nur so besteht Rechtssicherheit und unschöne Überraschungen können vermieden werden.

The content of this article is intended to provide a general guide to the subject matter. Specialist advice should be sought about your specific circumstances.

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