I. Einleitung Das Bundesgericht hatte im vorliegenden zur amtlichen Publikation vorgesehenen Urteil eine von der Klägerin und Beschwerdeführerin geltend gemachte Täuschung (E. 3.1– 3.4.3) sowie einen Grundlagenirrtum (E. 3.4.4) im Zusammenhang mit einer Streitigkeit aus einem Software-Integrationsvertrag verneint.
Daneben prüfte es, ob der von der Klägerin und Beschwerdeführerin nebst Täuschung erklärte Rücktritt vom Projektierungsvertrag sowie von der später abgeschlossenen Zusatzvereinbarung «unverzüglich» im Sinne von Art. 107 Abs. 2 OR erfolgt ist (E. 4). Ferner äusserte es sich zu der in der Lehre unterschiedlich beantworteten Frage, ob auch bei Anwendung von Art. 108 Ziff. 1 OR eine «unverzügliche» Erklärung über das weitere Schicksal des Vertrags hätte erfolgen müssen (E. 4.3). In prozessualer Hin musste das Bundesgericht sich sodann erstmals zu der in der Lehre ebenfalls umstrittenen Frage äussern, ob das angerufene Handelsgericht auch für eine konnexe Widerklage der Beklagten gegen die nicht im Handelsregister eingetragene Klägerin und Widerbeklagte zuständig ist (E. 2). Diese Urteilsbesprechung wird sich im Folgenden auf die beiden letztgenannten Themen Leistungsverzicht und sachliche Zuständigkeit bei Widerklage beschränken.1
II. Sachverhalt und Prozessgeschichte Im Jahr 2011/2012 schrieb die Stadt U. (Klägerin, Widerbeklagte, Beschwerdeführerin, «Kundin») die Gesamterneuerung ihres Internetauftritts im Rahmen eines Submissionsverfahrens öffentlich aus. Die A. AG (Beklagte, Widerklägerin, Beschwerdegegnerin, «Unternehmerin») reichte zusammen mit ihrer Offerte, welche auf der Softwarelösung B. («Software») beruhte, ein umfangreiches Dossier ein, welches insbesondere das ausgefüllte, auf Selbstdeklaration basierende Formular «Erfüllung Anforderungen/Funktionen» enthielt.
In der Folge plausibilisierte die Kundin unter Beizug eines externen Beraters («Berater») die Angaben der Unternehmerin. Nachdem die Unternehmerin den Zuschlag erhalten hatte, unterzeichneten die Parteien am 9./10. August 2012 einen Projektierungs-Vertrag («Vertrag»). Am 31. Oktober/11. November 2013 schlossen die Parteien zusätzlich eine «Vereinbarung Entschädigung Zusatzaufwendungen» («Zusatzvereinbarung») ab. Aufgrund von Differenzen setzte die Kundin der Unternehmerin mit Schreiben vom 24. Januar und 25. März 2014 Nachfrist an. Die letzte Nachfrist lief am 1. Juli 2014 ab. Die Unternehmerin sandte der Kundin am 20. August 2014 eine E-Mail, in welcher sie diese anfragte, ob sie für die Fertigstellung personelle Ressourcen für September und Oktober reservieren solle. Die Kundin vertröstete die Unternehmerin betreffend den Entscheid über das weitere Vorgehen auf die Woche des 22. September 2014 und zog ohne Wissen der Unternehmerin eine Beraterin als Expertin bei. Aufgrund deren Einschätzung erklärte die Kundin mit Schreiben vom 22. September 2014 schliesslich unter Berufung auf Täuschung, Terminverzug und Kostenüberschreitung den sofortigen Rücktritt vom Vertrag und von der Zusatzvereinbarung.
Mit Klage vom 17. April 2015 beantragte die Kundin dem Handelsgericht des Kantons Zürich («Handelsgericht»), die Unternehmerin sei zu verpflichten, ihr CHF 513'305.27 zuzüglich Zins zu 5 % zu bezahlen. Sie sicht forderte damit die von ihr an die Unternehmerin geleisteten Zahlungen zurück und machte überdies Schadenersatzansprüche geltend. Die Unternehmerin beantragte ihrerseits, die Klage sei abzuweisen, und verlangte widerklageweise, die Kundin sei zur Bezahlung der restlichen vertraglich geschuldeten Pauschalrate von CHF 10'000 nebst Zins zu 5 % sowie zu Schadenersatz in Höhe von CHF 32'205.75 nebst Zins zu 5 % zu verpflichten. Das Handelsgericht wies die Hauptklage mit Urteil vom 9. Februar 2017 ab und verpflichtete die Kundin, der Unternehmerin CHF 10'000 nebst Zins zu 5 % zu bezahlen. Im Mehrbetrag wies es die Widerklage ab.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragte die Kundin dem Bundesgericht unter anderem, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, die Klage sei gutzuheissen und die Widerklage sei abzuweisen. Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab.
Footnote
1 Vgl. zum Thema der absichtlichen Täuschung Markus Vischer/ Dario Galli, BGer 4A_141/2017: Opfermitverantwortung bei der zivilrechtlichen absichtlichen Täuschung, AJP 2017, 1393 ff.
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