Die Steuererklärungssaison naht. Was dem einen oder anderen Kopfschmerzen verursachen mag, lässt andere unberührt; sie vertrauen ihre Buchhaltung und/oder die Erstellung ihrer Steuererklärung einem Steuerberater oder Treuhänder an. Und einige sind gar derart in Verzug mit der Einreichung der letztjährigen Steuererklärung, dass sie nur darauf warten, bis diese endlich fertiggestellt ist, rasch unterzeichnet und eingereicht werden kann.
Doch aufgepasst: wer die von einer Drittperson erstellte Buchhaltung oder Steuererklärung unbesehen dem Steueramt einreicht, ohne sich näher darum zu kümmern, ob die gemachten Angaben richtig sind bzw. die Jahresrechnung und Steuererklärung vollständig ist, macht sich unter Umständen der eventualvorsätzlich versuchten Steuerhinterziehung schuldig. Dies bedeutet, er oder sie kann selbst dann bestraft werden, wenn die Veranlagungsbehörde im Rahmen ihrer Prüfung Fehler bemerkt und im so genannt offenen Verfahren noch korrigieren kann. Die Busse beträgt in der Regel rund zwei Drittel des in Frage stehenden Steuerbetrags.
Die Praxis der Kantone mit Bezug auf den Tatbestand der eventualvorsätzlich versuchten Steuerhinterziehung ist unterschiedlich; während einige Kantone eher grosszügig und mit der Einleitung von Strafverfahren zurückhaltend sind, sind andere Kantone eher schneller mit der Strafkeule zur Hand. Schaut man sich die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu diesem Thema an, so gilt wie so oft der Grundsatz "bad cases make bad law". Den vom Bundesgericht in der Vergangenheit beurteilten Sachverhaltskonstellation lag häufig ein derart klarer Eventualvorsatz zu Grunde, dass das Gericht gar nicht anders entscheiden konnte, als die Bussen der Vorinstanzen zu bestätigen. Wo aber liegt die Grenze? Wie detailliert muss ein Steuerpflichtiger seinen Treuhänder oder Steuerberater instruieren, bevor dieser den Jahresabschluss oder die Steuererklärung erstellt, und wie genau muss und kann der oder die Steuerpflichtige schliesslich die ihm zur Unterschrift vorgelegte Steuererklärung kontrollieren? Häufig wird es sich bei den betreffenden Steuerpflichtigen ja um Laien handeln, welche gerade deshalb eine Fachperson beiziehen, da ihnen selber das erforderliche Wissen oder die Zeit, sich um diese Belange zu kümmern, fehlt.
Klar ist: der Versuch einer Steuerhinterziehung ist lediglich strafbar, wenn sie vorsätzlich oder eventualvorsätzlich begangen wird, nicht jedoch, wenn der Täter (bloss) fahrlässig handelt. Das ergibt sich im Grunde bereits aus dem Begriff "Versuch". Die Abgrenzung zwischen Vorsatz, Eventualvorsatz und Fahrlässigkeit ist in der Praxis indessen oft nicht einfach. Vorsatz setzt ein Wissen und Willen des Steuerpflichtigen voraus, das sich auf die Unrichtigkeit der Angaben und deren Folgen, nämlich die unvollständige Veranlagung, bezieht. Eventualvorsatz liegt vor, wenn der Täter den als möglich vorausgesehenen Erfolg für den Fall seines Eintritts billigt, sich mit ihm abfindet oder ihn in Kauf nimmt. Und eine fahrlässige Tatbegehung wäre mithin dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige die Sorgfalt, die bei der Erstellung der Buchhaltung oder Steuererklärung geboten wäre, in pflichtwidriger Weise nicht beachtet, ohne dass er tatsächlich eine Steuerverkürzung für möglich hält. Nicht zuletzt deshalb, da es sich bei all diesen Fragen – Vorsatz, Eventualvorsatz oder Fahrlässigkeit – um innere Tatsachen handelt, auf welche im Wesentlichen allein aufgrund der äusseren Umstände und der Gesamtheit der Verhältnisse geschlossen werden kann, dürfen die Steuerbehörden nicht vorschnell von vorsätzlichem oder zumindest eventualvorsätzlichem Verhalten ausgehen.
Das Bundesgericht hatte indessen in einem älteren Entscheid vom 13. November 2001 etwas gar apodiktisch festgehalten, Eventualvorsatz sei (bereits dann) gegeben, wenn sich die steuerpflichtige Person überhaupt nicht darum kümmert, ob die von ihr gemachten Angaben richtig sind. Während dieser Schluss im Fall, den das Bundesgericht damals zu entscheiden hatte, wohl durchaus berechtigt war, ist zu betonen, dass nicht jeder Fehler, den ein Steuerpflichtiger nicht erkennt, zu einer Bestrafung wegen versuchter Steuerhinterziehung führen kann.
Fehlen in der Steuererklärung bestimmte Vermögenszuflüsse oder finden sich in der Buchhaltung als Geschäftsaufwand verbuchte Lebenshaltungskosten oder ähnliches, wird sich der Steuerpflichtige erklären müssen, denn von ihm wird praxisgemäss erwartet, dass er solche Fehler auch als Laie bemerkt. Anders muss es sich hingegen dann verhalten, wenn der Steuerpflichtige unzutreffende rechtliche Qualifikationen (z.B. bezüglich bestimmter Vermögenserträge) nicht erkennt, oder wenn er lediglich geringfügige Fehler übersieht, bspw. falsch ermittelte Privatanteile oder bestimmte Bagatelleinkünfte übersieht, die ihm lediglich buchhalterisch gutgeschrieben, nicht jedoch ausbezahlt wurden. Auch in solchen Fällen ist die Praxis indessen unterschiedlich streng, wobei häufig auch das Verhalten des Steuerpflichtigen in früheren Steuerperioden berücksichtigt wird.
Um auf der sicheren Seite zu sein, d.h. um sich bei später entdeckten Fehlern nicht dem Vorwurf der eventualvorsätzlich versuchten Steuerhinterziehung auszusetzen, empfiehlt es sich indessen, dem Treuhänder oder Steuerberater korrekte und präzise Angaben zu den tatsächlichen Verhältnissen zu machen, ihn auf allfällige Unsicherheiten hinzuweisen und schliesslich die erstellte Buchhaltung und/oder Steuererklärung auch in angemessener Weise zu kontrollieren, Fragen zu stellen und diese Vorgänge auch zu dokumentieren. Bleibt dann ein Fehler durch den Steuerpflichtigen dennoch unentdeckt, darf die Steuerbehörde nicht leichtfertig auf eine eventualvorsätzlich versuchte Steuerhinterziehung erkennen.
Der Vollständigkeit halber ist schliesslich darauf hinzuweisen, dass eine allfällige Steuerbusse, vom Steuerpflichtigen selbst dann nicht auf seinen Treuhänder oder Buchhalter abgewälzt werden kann, wenn dieser nachweislich einen Fehler begangen hat. Bussen, als eigentliche strafrechtliche Sanktionen, sind höchstpersönlicher Natur und müssen denjenigen treffen, dem sie auferlegt wurde. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung schliesst daher die Haftung Dritter für solche Bussen aus. Vorbehalten bleibt selbstverständlich die Bestrafung des betreffenden Dienstleisters durch die Steuerbehörden selber, etwa wenn sie feststellt, dass der Treuhänder oder Buchhalter seinerseits vorsätzlich oder zumindest eventualvorsätzlich gehandelt hat.
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