Ein aktueller Fall des Bundeskartellamts zeigt in besonderer Deutlichkeit, dass (kartellrechtliche) Compliance-Schulungen allein noch kein Garant für regelkonformes Verhalten sind, sondern Unternehmen gut beraten sind, die Einhaltung gesetzlicher Spielregeln kontinuierlich zu überwachen.
Die Behörde verhängte im genannten Fall Bußgelder von insgesamt knapp sechs Millionen Euro gegen die renommierten Audioprodukte-Hersteller Sennheiser und Sonova sowie gegen drei leitende Mitarbeitende. Im Zentrum der Ermittlungen standen systematische Eingriffe in die freie Preisgestaltung beim Vertrieb von Premium-Kopfhörern – ein klarer Verstoß gegen das kartellrechtliche Verbot vertikaler Preisbindungen, der sowohl Händler als auch Verbraucher erheblich beeinträchtigte.
Compliance-Kenntnisse gezielt missbraucht
Besonders bemerkenswert an diesem Fall ist, dass Mitarbeitende zuvor in kartellrechtlichen Compliance-Schulungen unterrichtet worden waren, ihr dort erlangtes Wissen jedoch bewusst einsetzten, um Verstöße gegen kartellrechtliche Vorgaben zu verschleiern. Die Schulungsinhalte, die eigentlich dazu dienen sollten, kartellrechtliche Risiken zu minimieren und rechtskonformes Verhalten zu fördern, wurden in diesem Fall instrumentalisiert, um gezielt kritische Kommunikation zu tarnen und die Eingriffe in die Preisbildung als formal unbedenklich erscheinen zu lassen. Diese vorsätzliche Umgehung führte zu einer erheblichen Verschärfung der ausgesprochenen Sanktionen und unterstreicht die Ernsthaftigkeit, mit der die Behörden solchen Verstößen begegnen.
Wettbewerbsschutz und Verbraucherinteressen im Mittelpunkt
Der vorliegende Sachverhalt verdeutlicht eindrücklich die anhaltende Bedeutung der Bekämpfung vertikaler Preisbindungen in der kartellbehördlichen Praxis. Herstellerseitige Festlegungen verbindlicher oder faktisch verbindlicher Wiederverkaufspreise stellen eine erhebliche Wettbewerbsbeschränkung dar, die letztlich die Verbraucherinnen und Verbraucher benachteiligt, indem sie den Preiswettbewerb auf den nachgelagerten Marktstufen maßgeblich einschränkt.
Compliance als kontinuierliche Aufgabe
Ungeachtet der konkreten Vorfälle bleibt die regelmäßige Durchführung kartellrechtlicher Compliance-Schulungen ein unverzichtbarer Bestandteil jedes Compliance-Management-Systems. Mit Schulungen allein ist es jedoch nicht getan. Die Wirksamkeit von Compliance-Maßnahmen hängt vielmehr entscheidend von ihrer kontinuierlichen Überwachung und konsequenten Durchsetzung innerhalb des Unternehmens ab. Compliance-Verantwortliche tragen daher dauerhaft die Verantwortung, die effektive Umsetzung und Einhaltung kartellrechtlicher Standards sicherzustellen.
Vor diesem Hintergrund ist es für Unternehmen dringend ratsam, ihre Compliance-Systeme regelmäßig kritisch zu evaluieren und anzupassen. Dadurch lassen sich nicht nur finanzielle, sondern auch erhebliche Reputationsrisiken wirksam minimieren.
Unsere Expertinnen und Experten beraten Sie gerne zu sämtlichen Fragen im Bereich Compliance und führen bei Bedarf individualisierte Schulungen in Ihrem Unternehmen durch.
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