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27 September 2024

To The Point: Datenschutzmonitor 38/2024

SA
Schoenherr Attorneys at Law

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OGH 26.08.2024, 502Präs26/24d (Amtshaftung, feste Geschäftsverteilung, negativer Kompetenzkonflikt)
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  • Rechtsprechung des OGH

    OGH 26.08.2024, 502Präs26/24d (Amtshaftung, feste Geschäftsverteilung, negativer Kompetenzkonflikt)

    OGH 27.08.2024, 6Ob159/23k und 27.08.2024, 6Ob217/23i (Unterlassungsanspruch, Aussetzung)

  • Rechtsprechung des BVwG

    BVwG 21.08.2024, W258 2246325-1 (Anwendungsbereich, Unzuständigkeit, Schule, COVID)

    BVwG 27.08.2024, W298 2291640-1 (Medien, Amtsverschwiegenheit)

    BVwG 21.08.2024, W214 2254151-1 (Heizkostenabrechnung, Zuständigkeit)

    BVwG 21.08.2024, W214 2280448-1 (Nichterteilung der Auskunft, mangelhafte Auskunftserteilung)

    BVwG 28.08.2024, W287 2297420-1 (Exzess, Aussetzung)

    BVwG 29.08.2024, W101 2276072-1 (Straferkenntnis, Einstellung)

  • Rechtsprechung des BFG

    BFG 06.09.2024, AO/5100023/2024 (Mutwillensstrafe, Akteinsicht)

  • Rechtsprechung der DSB

    DSB 05.09.2024, 2023-0.793.494 (Grundbuch, Rollenverteilung, Gemeinsam Verantwortliche, justizielle Tätigkeit)

  • Vorschau EuGH-Rechtsprechung

To the Point:

Rechtsprechung des OGH

OGH 26.08.2024, 502Präs26/24d

Amtshaftung, feste Geschäftsverteilung, negativer Kompetenzkonflikt

  • Der Leiter einer Volksschule reichte im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Fortbildungsverpflichtung einen Antrag auf Zulassung eines Fortbildungsprogramms bei einer pädagogischen Hochschule ein. Der Antrag wurde bewilligt und der Volksschulleiter wurde als "Prozessbegleiter" für das Programm zugeteilt. Ein Lehrer ersuchte um Zuteilung eines anderen "Prozessbegleiters" und verlangte Auskunft über die vom Volksschulleiter über ihn verarbeiteten Daten. Insb wollte der Lehrer erfahren, von wem der Volksschulleiter die Auskunft erhielt, dass der Lehrer "im Bildungsbereich kein unbeschriebenes Blatt" sei und "das öffentliche Bildungswesen infrage" stelle. Die Vorinstanzen wiesen die Klage des Lehrers auf Auskunft und Schadenersatz ab.

    Beim OGH wurde das Verfahren dem 6. Senat als für die Fachsache "Datenschutz" zuständigem Senat zugewiesen. Der Vorsitzende des 6. Senats bot das Verfahren dem 1. Senat zur Übernahme an, weil das Verfahren die Frage der Amtshaftung betreffe. Der Vorsitzende des 1. Senats lehnte die Übernahme des Verfahrens ab und regte wegen eines negativen Kompetenzkonflikts die Vorlage des Akts an den Personalsenat an. Der Vorsitzende des 6. Senats beantragte, dass der Personalsenat die Zuständigkeit des 1. Senats ausspreche. Der Personalsenat beschloss jedoch, dass das Verfahren in die Zuständigkeit des 6. Senats fällt.

    Der Personalsenat des OGH hat erwogen: Die Vorinstanzen haben ein auf das Datenschutzrecht gestütztes Klagebegehren abgewiesen, sodass nach der Geschäftsverteilung Fachzuständigkeit des 6. Senats besteht. Die Zulässigkeit des Rechtswegs ist eine Prozessvoraussetzung, die beim OGH von dem in der Hauptsache zuständigen Senat zu prüfen ist. Die Geschäftsverteilung weist dem 1. Senat Fragen der Amtshaftung zu, jedoch nicht schlechthin Klagen gegen Rechtsträger im Zusammenhang mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung. Zudem war nicht über allgemeine Fragen des Amtshaftungsrechts, sondern darüber zu entscheiden, ob das Amtshaftungsrecht vom europäischen Datenschutzrecht überlagert wird. Darüber sollte der für das Datenschutzrecht als speziellere Materie zuständige Senat entscheiden, dies umso mehr, wenn der Schadenersatzanspruch mit einem datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch verbunden ist. Anm: Gemäß § 4 Bildungsdokumentationsgesetz 2020 sind Schulleiter datenschutzrechtliche Verantwortliche. Weshalb einem Schulleiter als "Prozessbegleiter" eines Fortbildungsprogramms, das an einer pädagogischen Hochschule durchgeführt wird, die Verantwortlichenrolle zukommt, geht aus dem im Urteil knapp dargestellten Sachverhalt jedoch nicht hervor.

Aus der weiteren Rechtsprechung des OGH:

  • Beim EuGH sind in der Rs C-655/23, Quirin Privatbank, Vorlagefragen zu Unterlassungsansprüchen nach der DSGVO anhängig. Es ist daher zweckmäßig und geboten, mit der Entscheidung über Unterlassungsansprüche bis zur Entscheidung des EuGH über das bereits gestellte Vorabentscheidungsersuchen zuzuwarten und das gegenständliche Revisionsverfahren zu unterbrechen (OGH 27.08.2024, 6Ob217/23i und 6Ob159/23k).

Rechtsprechung des BVwG

BVwG 21.08.2024, W258 2246325-1

Anwendungsbereich, Unzuständigkeit, Schule, COVID

  • Während der COVID-19-Pandemie hatten zwei Schülerinnen an zwei verschiedenen Schulen im Klassenverband unter der Kontrolle ihrer jeweiligen Lehrer Selbsttests durchzuführen, um am Präsenzunterricht teilnehmen zu dürfen. Die Testmaterialien wurden unmittelbar nach der Durchführung entsorgt. Negative und nicht eindeutige Ergebnisse wurden nicht erfasst. Die rechtliche Grundlage der Tests war eine Verordnung des zuständigen Bundesministers, die auf die Verordnungsermächtigung des § 44 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) gestützt war.

    Die Schülerinnen führten die Tests in der vorgesehenen Form durch und erzielten dabei keine positiven Ergebnisse. Dennoch erachteten sie sich in ihrem Recht auf Geheimhaltung ua deshalb verletzt, weil § 44 SchUG keine taugliche Gesetzesgrundlage für die herangezogene Verordnung sei. Die DSB wies die Datenschutzbeschwerde der Schülerinnen ab. Die dagegen erhobene Bescheidbeschwerde der Schülerinnen wurde vom BVwG ebenso abgewiesen. Das BVwG änderte den Spruch des angefochtenen Bescheids zudem dahingehend ab, dass die Datenschutzbeschwerde wegen Unzuständigkeit der DSB zurückgewiesen wird.

    Das BVwG hat erwogen: Gemäß Art 2 Abs 1 DSGVO ist die DSGVO nur auf die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie auf die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, anwendbar. Die Testergebnisse wurden nicht auf Papier oder elektronisch festgehalten, es erfolgte keine automatisierte Verarbeitung oder Speicherung in einem Dateisystem. Der sachliche Anwendungsbereich der DSGVO war daher nicht eröffnet.

    Das Grundrecht auf Datenschutz iSd § 1 Abs 1 DSG ist von den technisch-organisatorischen Bedingungen der Verarbeitung unabhängig und ist damit anwendbar. Ein eigenständiges Beschwerderecht besteht jedoch nicht, weil § 4 Abs 1 DSG den Anwendungsbereich der einfachgesetzlichen Bestimmungen des DSG (einschließlich des Beschwerderechts) – wie in der DSGVO – beschränkt. Somit besteht ein materiellrechtlicher Anspruch, der aber mangels eigenständigem Beschwerderecht vor der DSB nicht durchgesetzt werden kann.

    Eine Rechtsschutzlücke entsteht hierdurch nicht. Die behauptete Verletzung des § 1 DSG hätte durch Einbringen eines Feststellungsantrags bei der datenverarbeitenden Behörde geltend gemacht werden können. Die behauptete Gesetzeswidrigkeit der Verordnung hätte durch Individualantrag gemäß Art 139 Abs 1 B-VG (Verordnungsprüfungskompetenz des VfGH) an den VfGH aufgegriffen werden können. Die Bedenken der DSB, wonach – sofern man die Zuständigkeit der DSB verneine – die mündliche Offenlegung personenbezogener Daten nicht mehr geschützt wäre, treffen somit nicht zu.


BVwG 27.08.2024, W298 2291640-1

Medien, Amtsverschwiegenheit

  • Ein Journalist begehrte vom Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten ("Außenminister") nach dem Auskunftspflichtgesetz die Beantwortung mehrerer Fragen zur Beglaubigung der eidesstattlichen Erklärungen zweier Zeugen, die in einem Strafprozess vorgelegt wurden. Ua aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken verweigerte der Außenminister die Auskunft mit einem Auskunftsverweigerungsbescheid. Dagegen erhob der Journalist (erfolglose) Bescheidbeschwerde an das BVwG.

    Das BVwG hat erwogen: Die im Auskunftspflichtgesetz geregelte Auskunftspflicht von Bundesorganen umfasst die Pflicht zur Information über die Tätigkeit der Behörde, nicht aber eine Verpflichtung zur Begründung behördlichen Handelns oder Unterlassens. Das Auskunftspflichtgesetz soll der Partei nur Informationen über bereits vorhandenes Wissen der Behörde, nicht aber eine vorzunehmende Bewertung zugänglich machen. Die Auskunftspflicht beinhaltet auch nicht die Verpflichtung, Akteneinsicht zu gewähren, sondern Informationen über einen Akteninhalt oder ein Wissen der Behörde zu geben. Diese müssen nicht die Detailliertheit aufweisen, die bei Akteneinsicht zu gewähren wäre.

    Gegenstand der Anfrage bilden personenbezogene Daten. Die entsprechenden Informationen sind beim Außenminister vorhanden. Durch das Entsprechen des Auskunftsbegehrens wäre jedoch eine unrechtmäßige Beeinträchtigung der Rechte Dritter zu befürchten.

    Zur Beurteilung der Frage, ob ein subjektiver Auskunftsanspruch gegenüber dem Rechtsträger besteht, ist der Zweck des Auskunftsersuchens relevant. Dem Journalisten kommt als public watchdog eine besondere Verantwortung zu. Sein journalistisches Interesse besteht gerade darin, zu erfahren, wie die Zeugen ihre Erklärungen abgegeben haben bzw wie sie sich bei der Behörde, dh dem Außenminister, verhalten haben und wie die Amtshandlung zustande gekommen ist. Die eidesstattlichen Erklärungen dienen auch als zitierfähige Quelle für die journalistische Arbeit und haben daher einen Mehrwert gegenüber einer öffentlich verfügbaren Quelle.

    Allerdings betreffen die Fragen des Journalisten zweifelsfrei Informationen über die Zeugen. Da dem Journalisten die Identität der Zeugen bekannt ist, kommt keine anonymisierte Auskunft in Frage. Die Beantwortung der Fragen des Journalisten würde sohin eine unrechtmäßige Beeinträchtigung der Rechte Dritter ergeben, weil die den Gegenstand der Anfrage bildenden Daten schutzwürdige personenbezogene Daten von Zeugen sind. Der Umstand, dass die Daten teilweise von einem anderen datenschutzrechtlichen Verantwortlichen zwischenzeitlich auf eine Weise verwendet wurden, die den Inhalt einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, bedeutet nicht, dass der Außenminister von den ihn verpflichtenden Geheimhaltungspflichten entbunden ist.


BVwG 21.08.2024, W214 2254151-1


Heizkostenabrechnung, Zuständigkeit

  • Die Eigentümer einer Wohnung ("Wohnungseigentümer") verwehrten der mit der jährlichen Ablesung von Verbrauchserfassungsgeräten beauftragten Liegenschaftsverwalterin den Zutritt zu ihrer Wohnung, sodass eine Erfassung (Ablesung) der Heiz-, Warmwasser- und Kaltwasserwerte unmöglich war. Daher erfolgte die Einzelabrechnung für diese Wohnung – teilweise – mittels Hochrechnung der Verbrauchswerte, welche die Liegenschaftsverwaltung an die Wohnungseigentümer übermittelte. Die Wohnungseigentümer waren der Ansicht, dass die Verbrauchswerte unrichtig hochgerechnet wurden. Die auf eine Verletzung im Recht auf Berichtigung gestützte Datenschutzbeschwerde wies die DSB ab. Hiergegen erhoben die Wohnungseigentümer (vergeblich) Bescheidbeschwerde an das BVwG.

    Das BVwG hat erwogen: Über Anträge zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit einer (Jahres-)Abrechnung entscheidet nach § 25 Abs 1 Z 2 HeizKG das für Zivilrechtssachen örtlich zuständige Bezirksgericht. Das HeizKG enthält sohin abschließende Bestimmungen zu einem eigenen Verfahren zur Richtigstellung der ermittelten Verbrauchsanteile, die der DSGVO als lex specialis derogieren. Die Wohnungseigentümer hätten die behauptete Unrichtigkeit der Einzelabrechnung vor dem zuständigen Bezirksgericht (bzw der vorgeschalteten Schlichtungsstelle) geltend zu machen gehabt.

    Abseits dessen war eine Schlichtungsstelle für wohnrechtliche Angelegenheiten mit der monierten Einzelabrechnung befasst und wies die Anträge der Wohnungseigentümer auf Richtigstellung der ermittelten Verbrauchsanteile ab


Aus der weiteren Rechtsprechung des BVwG:

  • Wird einem Betroffenen, nachdem sich dieser über die Nichterteilung einer Auskunft iSd Art 15 DSGVO bei der DSB beschwerte, die begehrte Auskunft erteilt, wird die "Sache" des Verfahrens in ihrem Wesen geändert, wenn sich der Betroffene nicht mehr wegen der Nichterteilung, sondern wegen der mangelhaften Erteilung der Auskunft als beschwert erachtet. Die DSB darf daher von der Zurückziehung der ursprünglichen Datenschutzbeschwerde und der gleichzeitigen Einbringung einer neuen Datenschutzbeschwerde ausgehen (BVwG 21.08.2024, W214 2280448-1).
  • Ein Verfahren kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage, die als Hauptfrage von anderen Verwaltungsbehörden oder Gerichten zu entscheiden wäre, ausgesetzt werden, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines beim für die Hauptfrage zuständigen Gericht anhängigen Verfahrens bildet. Eine Hauptfrage in diesem Sinn kann auch eine Vorlagefrage eines beim EuGH anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens sein. Der VwGH ersuchte den EuGH um Vorabentscheidung, (i) ob eine Datenschutzbeschwerde als "Anfrage" iSd Art 57 Abs 4 DSGVO zu qualifizieren ist, (ii) welche Voraussetzungen für die Beurteilung der "Exzessivität" von Anfragen gelten und (iii) wie die DSB mit derartigen Anfragen umzugehen hat. Da diese Fragen auch im vorliegenden Verfahren präjudiziell sind, wird das Beschwerdeverfahren bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt (BVwG 28.08.2024, W287 2297420-1).
  • Wird die Bescheidbeschwerde gegen ein Straferkenntnis ausdrücklich zurückgezogen, ist das Verfahren mit Beschluss als gegenstandslos einzustellen. Dies bewirkt, dass das angefochtene Straferkenntnis in Rechtskraft erwächst (BVwG 29.08.2024, W101 2276072-1).


Rechtssprechung des BFG

BFG 06.09.2024, AO/5100023/2024

Mutwillensstrafe, Akteinsicht

  • Bei der Prüfung mehrerer Einkommenssteuerbescheide eines Steuerzahlers holte das BFG zur Prüfung dessen Gesundheitszustands gemäß § 158 BAO ein Sachverständigengutachten vom Sozialministeriumsservice ein. Der Steuerzahler erachtete die Datenerhebung für unzulässig, weil sich § 158 BAO nur auf Abgabenbehörden beziehe. Der Steuerzahler stellte ein Auskunftsbegehren an den Präsidenten des BFG. Das BFG teilte dem Steuerzahler mit, dass seine Bescheidbeschwerde abgewiesen wurde und er die Rechtmäßigkeit einzelner Verfahrensschritte durch das Einbringen eines entsprechenden Rechtsmittels hätte überprüfen lassen können, worüber er auch belehrt wurde. Weiters wies das BFG darauf hin, dass für personenbezogene Daten, die in einem Akt enthalten sind, das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht gemäß § 48f BAO ausgeschlossen ist, der Steuerzahler könne jedoch Akteneinsicht nehmen. Den Antrag auf Akteneinsicht könne der Steuerzahler bei der Außenstelle Linz des BFG einbringen. Der Steuerzahler richtete ein beinahe wortidentes Schreiben – wie zuvor an den Präsidenten des BFG – an den Leiter der Außenstelle Linz des BFG. Das BFG verhängte daraufhin eine Mutwillensstrafe über den Steuerzahler.

    Das BFG hat erwogen: Der Antragsteller erhielt bereits vom Präsidenten des BFG eine fundierte Antwort auf seine Anfrage. Nunmehr richtet der Steuerzahler ein nahezu wortidentes Anbringen an den Leiter der Außenstelle Linz des BFG.

    Das BFG kann eine Mutwillensstrafe gegen eine Person verhängen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit des BFG in Anspruch nimmt. Nachdem eine nahezu wortidente Eingabe des Steuerzahlers durch das Präsidialbüro des BFG beantwortet wurde, wendet sich der Steuerzahler mit dem gleichen Anliegen an den Leiter der Außenstelle Linz des BFG. Ein solches Vorgehen ist eine bewusste nutzlose Behelligung gerichtlicher Organe, weil mit mehrfachen, nahezu wortidenten Anbringen kein sinnvolles und hinsichtlich des gegenständlichen Auskunftsbegehrens zweckmäßiges Verfahrensergebnis erreicht werden kann. Anm: Da der Präsident des BFG den Steuerzahler ausdrücklich an die Außenstelle Linz des BFG zur Akteneinsicht verwies, ist der Vorwurf der Mutwilligkeit nicht ganz nachvollziehbar, auch wenn der Steuerzahler sein Schreiben zweifellos hätte anpassen können.


Rechtsprechung der DSB


DSB 05.09.2024, 2023-0.793.494

Grundbuch, Rollenverteilung, Gemeinsam Verantwortliche, justizielle Tätigkeit

  • Der Betroffene brachte eine Datenschutzbeschwerde gegen (i) ein Medienhaus, (ii) die Bundesministerin für Justiz ("Justizministerin") und (iii) ein Bezirksgericht ein. Er fühlte sich in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt, weil das Medienhaus auf seiner Website im Namen der Justizministerin das Grundbuch veröffentlicht und neben dem Grundbuchsauszug auch persönliche Daten und Urkunden gegen Entgelt an beliebige Personen im Internet verkauft. Das Medienhaus wendete ein, von der Republik Österreich, vertreten durch die Justizministerin, zur Veröffentlichung beauftragt worden zu sein und lehnte die Löschung ab, weil es bloß als Auftragsverarbeiter tätig werde.

    Die Justizministerin bestritt ebenfalls ihre Verantwortlicheneigenschaft, weil sie bloß die technischen Ressourcen zur Verfügung stelle und ihr keine Entscheidungsbefugnis zukäme. Zudem sei die Datenverarbeitung im Grundbuch eine justizielle Tätigkeit, weshalb die DSB nicht zuständig sei.

    Auch das Bezirksgericht hielt in seiner Stellungnahme fest, dass die Bereitstellung von Urkunden in einer Urkundensammlung im Rahmen der justiziellen Tätigkeit nach Art 55 Abs 3 DSGVO erfolge und der DSB daher keine Überprüfungskompetenz zukomme.

    Die DSB hat erwogen: Verantwortlicher iSd Art 4 Z 7 DSGVO ist die Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. Wesentliches Kriterium ist hierbei die Entscheidungsbefugnis. Auftragsverarbeiter iSd Art 4 Z 8 DSGVO hingegen ist jene Stelle, die personenbezogene Daten im Auftrag des Verantwortlichen verarbeitet und dabei weisungsgebunden ist.

    Das Medienhaus gewährleistet nur den Zugang zur Grundstücksdatenbank über IT-Anwendungen aufgrund einer Vereinbarung mit der Republik Österreich. Es hat keine Entscheidungsgewalt über die Daten/Dokumente in der Grundstücksdatenbank und leitet die Inhalte unverändert weiter. Aufgrund der Weisungsgebundenheit und der mangelnden Entscheidungsgewalt ist es ein Auftragsverarbeiter. Die Datenschutzbeschwerde gegen das Medienhaus ist daher abzuweisen.

    Die Justizministerin ist gemäß § 1 Abs 1 Grundbuchsumstellungsgesetz (GUG) für die Umstellung des Grundbuchs auf automationsunterstützte Datenverarbeitung verantwortlich. Sie betreibt die Grundstücksdatenbank als Gemeinsam Verantwortliche. Sie hat jedoch keine Entscheidungsgewalt über die Aufnahme der Daten/Dokumente in die Grundstücks- bzw Urkundendatenbank. Diese Entscheidung trifft ausschließlich das örtlich zuständige Grundbuchsgericht. Die Justizministerin ist für diese Verarbeitungstätigkeiten keine Verantwortliche gemäß Art 4 Z 7 DSGVO. Die Datenschutzbeschwerde ist daher auch gegen die Justizministerin abzuweisen.

    Gemäß Art 55 Abs 3 DSGVO sind Aufsichtsbehörden nicht für die Aufsicht über die von Gerichten im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit vorgenommenen Verarbeitungen zuständig. Die Grundbuchsnovelle 2024, mit der das GUG novelliert wurde, sieht vor, dass das Grundbuchsgericht über Anträge auf Beschränkung der Einsicht in Urkunden der Urkundensammlung entscheidet. Da es sich hierbei um eine justizielle Tätigkeit handelt, ist die DSB zur Behandlung der Datenschutzbeschwerde gegen das Bezirksgericht unzuständig, weshalb die Datenschutzbeschwerde gegen das Bezirksgericht zurückzuweisen ist. Anm: Mit der am 01.09.2024 in Kraft getretenen Grundbuchsnovelle 2024, BGBl I 2024/91, reagierte der Gesetzgeber auf das Urteil des EGMR vom 06.04.2021, 5434/17, Liebscher/Österreich, in dem Österreich vom EGMR wegen einer ohne Interessenabwägung erfolgten Veröffentlichung eines Scheidungsvergleichs in der Urkundensammlung des Grundbuchs verurteilt wurde (ErläutRV BlgNR27. GP 1; Fucik, Keine Grundbuchseinsicht in sensible Daten, ÖJZ 2024/109).

Rechtsakte

  • Am 19.09.2024 hat Oberösterreich, LGBl 2024/77, die Genehmigung der Etablierung einer gebietskörperschaftenübergreifenden Transparenzdatenbank (Transparenzportal) verlautbart.

Vorschau EuGH-Rechtsprechung

  • Am 26.09.2024 wurde das Urteil in der Rs C-768/21, Land Hessen (Obligation d'agir de l'autorité de protection des données), veröffentlicht. Der EuGH sprach über die Ausübung von Aufsichtsbefugnissen durch die Aufsichtsbehörden ab. Anm: Die Zusammenfassung der Schlussanträge kann in der 15. Ausgabe des Schönherr Datenschutzmonitors vom 17.04.2024 nachgelesen werden. Über das Urteil informieren wir Sie nächste Woche.
  • Am 04.10.2024 wird das Urteil in der Rs C-446/21, Schrems (Communication de données au grand public), veröffentlicht. Der EuGH wird Fragen des OGH zu verhaltensorientierter Online-Werbung beantworten. Anm: Die Zusammenfassung der Schlussanträge kann in der 17. Ausgabe des Schönherr Datenschutzmonitors vom 03.05.2024 nachgelesen werden.
  • Am 04.10.2024 wird das Urteil in der Rs C-21/23, Lindenapotheke, veröffentlicht. Der EuGH wird Fragen zur Klagebefugnis von Mitbewerbern und zu Gesundheitsdaten beantworten. Anm: Die Zusammenfassung der Schlussanträge kann in der 17. Ausgabe des Schönherr Datenschutzmonitors vom 03.05.2024 nachgelesen werden.
  • Am 04.10.2024 wird das Urteil in der Rs C-200/23, Agentsia po vpisvaniyata, veröffentlicht. Geklärt wird die datenschutzrechtliche Verantwortung eines Handelsregisters. Anm: Die Zusammenfassung der Schlussanträge kann in der 22. Ausgabe des Schönherr Datenschutzmonitors vom 05.06.2024 nachgelesen werden.
  • Am 04.10.2024 wird das Urteil in der Rs C-621/22, Koninklijke Nederlandse Lawn Tennisbond, veröffentlicht. Der EuGH wird den Begriff "berechtigte Interessen" auslegen. Anm: Dem Urteil sind keine Schlussanträge vorausgegangen.
  • Am 04.10.2024 wird das Urteil in der Rs C-507/23, Patērētāju tiesību aizsardzības centrs, veröffentlicht. Der EuGH wird die Frage beantworten, ob es ausreichend sein kann, sich für einen verursachten immateriellen Schaden zu entschuldigen. Anm: Dem Urteil sind keine Schlussanträge vorausgegangen.
  • Am 04.10.2024 wird das Urteil in der Rs C-548/21, Bezirkshauptmannschaft Landeck, veröffentlicht. Das LVwG Tirol befragt den EuGH zur Zulässigkeit des Auswertens von auf Mobiltelefonen gespeicherten Daten durch öffentliche Stellen nach § 18 iVm § 99 StPO.
  • Am 17.10.2024 wird das Urteil in der Rs C-302/23, Jarocki, verkündet. Der EuGH wird sich mit der eIDAS-Verordnung auseinandersetzen. Anm: Dem Urteil sind keine Schlussanträge vorausgegangen.

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