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16 December 2024

To The Point: Datenschutzmonitor 49/2024

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Der Ex-Partner einer Frau erstellte auf Facebook gefälschte Profile, um von der Frau intime Fotos zu verbreiten und sendete die Fotos auch an ihre Familie und Freunde.
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To the Point:

Rechtsprechung des EGMR

EGMR 03.12.2024, 28935/21, MSD/Rumänien

Online-Gewalt, Schadenersatz
 

  • Der Ex-Partner einer Frau erstellte auf Facebook gefälschte Profile, um von der Frau intime Fotos zu verbreiten und sendete die Fotos auch an ihre Familie und Freunde. Weiters veröffentlichte er die Fotos der Frau mit ihrem Namen und ihrer Telefonnummer auf Websites für Escort-Services. Die Frau wurde von zahlreichen Personen wegen sexuellen Dienstleistungen kontaktiert. Als sie ihren Ex-Partner konfrontierte, wurde sie von diesem physisch und verbal aggressiv attackiert. Sie erhob Strafanzeige gegen den Ex-Partner. Die Ermittlungen zogen sich aber jahrelang hin, die Behörden handelten nur zögerlich und stellten das Verfahren schließlich ein.

    Der EGMR hat erwogen: Art 8 EMRK schützt das Recht auf Achtung des Privatlebens, einschließlich der körperlichen und psychischen Integrität einer Person. Der Staat hat positive Verpflichtungen, Maßnahmen zu ergreifen, um dieses Recht auch in den Beziehungen zwischen Privatpersonen zu schützen. Dies umfasst die Verpflichtung, ein wirksames rechtliches System zu schaffen und anzuwenden, das Schutz vor Gewalt bietet, einschließlich Schutz vor Online-Gewalt und Belästigung. Die Veröffentlichung intimer Fotos und die Verbreitung dieser Fotos stellten eine Form der Online-Belästigung dar, die die psychische Integrität der Frau erheblich beeinträchtigt haben. Diese Handlungen erforderten eine strafrechtliche Reaktion der nationalen Behörden. Ein zivilrechtlicher Rechtsbehelf allein ist in solchen Fällen nicht ausreichend. Das (nationale) Strafgesetzbuch in seiner damaligen Fassung bot keinen wirksamen Schutz, weil unklar war, ob die Verbreitung von Bildern, die rechtmäßig erlangt wurden, strafbar war. Die Ermittlungen der nationalen Behörden waren nicht effektiv, weil sie die Ermittlungen erst mehr als sechs Monate nach der Strafanzeige eröffneten und den Ex-Partner erst nach über einem Jahr befragten. Sie unternahmen keine ausreichenden Maßnahmen, um Beweise zu sichern oder die Frau vor weiteren Übergriffen zu schützen. Die nationalen Behörden haben ihre positiven Verpflichtungen aus Art 8 EMRK nicht erfüllt.

    Die Feststellung des Verstoßes gegen Art 8 EMRK genügt für den Ausgleich des erlittenen immateriellen Schadens nicht, weshalb der Frau ein Schadenersatz iHv EUR 7.500 zuzusprechen ist. 

Rechtsprechung des VwGH

  • Durch das Wr AuskunftspflichtG wird ein "Recht auf Information" gesetzlich eingeräumt. Mit der Pflicht der Behörde korrespondiert ein subjektiv öffentliches Recht des Auskunftswerbers. Dem Wr AuskunftspflichtG liegt ein Regel-Ausnahme-Prinzip zu Grunde, wonach grundsätzlich eine Auskunft zu erteilen ist. Eine Ausnahme ist zB, wenn der Auskunftserteilung gesetzliche Verschwiegenheitspflichten entgegenstehen. Eine pauschale Verweigerung der Auskunft über eine Mehrzahl von Verwaltungsvorgängen kann mit Verschwiegenheitspflichten hinsichtlich einzelner dieser Vorgänge nicht begründet werden. Vergaberechtliche Vertraulichkeitspflichten derogieren nationalen Rechtsvorschriften betreffend den Zugang zu Informationen nicht. An der Offenlegung der Information, mit wem die Stadt Wien städtebauliche Verträge schließt, besteht ein hohes öffentliches Interesse, um im Sinne eines "social watchdog" allfällige wirtschaftliche bzw politische Verflechtungen einer öffentlichen Debatte zuführen zu können. Der Datenschutz steht der Offenlegung dieser Information daher nicht entgegen (VwGH 24.10.2024, Ra 2023/05/0006).
     

Rechtsprechung des OGH

OGH 13.11.2024, 15Os51/24z

Persönlichkeitsrecht, Identifizierbarkeit

  • Ein Medienunternehmen berichtete mehrfach über den Einsturz einer Brücke auf den Philippinen, bei dem eine schwangere Frau auf ihrer Hochzeitsreise ihren Ehemann verlor. Aufgrund zahlreicher berichteter Details war die Frau identifizierbar. Die Frau klagte auf Entschädigung nach § 7 Abs 1 MedienG, weil die Berichte ihre Privatsphäre verletzt hätten. Das LG Graz gab der Klage statt, das OLG Graz bestätigte das Urteil. Daraufhin beantragte das Medienunternehmen beim OGH die Erneuerung des Verfahrens mit Verweis auf die Meinungsfreiheit gemäß Art 10 Abs 1 EMRK. Der OGH wies den Antrag zurück.

    Der OGH hat erwogen: Der Erneuerungsantrag zeigt keine Begründungsmängel oder erhebliche Zweifel an der Identifizierbarkeit der Frau auf. Die Schwangerschaft, die einen die Gesundheitssphäre betreffenden Umstand darstellt, gehört zum höchstpersönlichen Lebensbereich iSd § 7 Abs 1 MedienG der Frau, weil die Hochzeit innerhalb eines begrenzten Personenkreises, daher nicht in einer medialen oder sonst vergleichbar großen Öffentlichkeit stattfand. Die Frau hat ihre Schwangerschaft und sonstige Umstände des Unfalls und ihres Privat- und Familienlebens auch nicht auf andere Weise selbst in die mediale oder sonst große Öffentlichkeit getragen.

    Berichterstattungen über für eine begrenzte Öffentlichkeit sichtbare oder bekannte Umstände können bloßstellend sein, wenn sie den Betroffenen gegenüber einer grenzenlosen Öffentlichkeit als außergewöhnlich bedauernswert hinstellen, emotionsgeladen und  unerwünschtes Mitleid heischend gestaltet sind.


Aus der weiteren Rechtsprechung des OGH:

  • Die Weigerung eines Hauseigentümers, unter anderem aus datenschutzrechtlichen Gründen, seinen analogen Stromzähler auf einen Smartmeter umzustellen, berechtigt einen Netzbetreiber nicht, mittels Androhung der Stromabschaltung den Stromzählertausch zu  erzwingenGegen die Androhung der Stromabschaltung steht einem Hauseigentümer eine einstweilige Verfügung gegen den Netzbetreiber zu. Dem Netzbetreiber steht es aber offen, selbst gerichtliche Hilfe bei der Durchsetzung seines Interesses auf Tausch des Stromzählers in Anspruch zu nehmen (OGH 28.10.2024, 3Ob191/24w).
     
  • Der Kläger begehrt die Unterlassung der erneuten unrechtmäßigen Offenlegung seiner personenbezogenen Daten, nicht aber die Löschung seiner Daten. Beim EuGH sind in der Rs C-655/23, Quirin Privatbank, Vorlagefragen zu Unterlassungsansprüchen nach der DSGVO anhängig, die für die Beantwortung der Frage, ob und wann sich ein Unterlassungsanspruch aus der DSGVO ergibt, präjudiziell sind. Es ist daher zweckmäßig und geboten, mit der Entscheidung über Unterlassungsansprüche bis zur Entscheidung des EuGH über das bereits gestellte Vorabentscheidungsersuchen zuzuwarten und das Revisionsverfahren zu unterbrechen (OGH 06.11.2024, 6Ob195/24f).


Aus der Rechtsprechung des BVwG

BVwG 11.11.2024, W298 2295931-1

Säumnis, Kohärenzverfahren

  • Ein Betroffener erhob eine Datenschutzbeschwerde bei der DSB wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung. Die DSB setzte das Verfahren bis zur Feststellung der federführenden Aufsichtsbehörde und bis zur Entscheidung der federführenden Aufsichtsbehörde aus. Der Betroffene erhob eine Bescheidbeschwerde gegen diesen Aussetzungsbescheid, weil er die Zuständigkeit der DSB annahm. Das BVwG hob den Aussetzungsbescheid auf, weil keine zu lösende Vorfrage vorlag, die ein Aussetzen des Verfahrens rechtfertigen würde. Der Betroffene erhob in Folge eine (erfolglose) Säumnisbeschwerde, weil die DSB nicht innerhalb der sechsmonatigen Entscheidungsfrist über seine Datenschutzbeschwerde entschieden habe. Die DSB wendete ein, dass die Entscheidungsfrist aufgrund des weiterhin laufenden Verfahrens gemäß Art 56 DSGVO gehemmt sei.

    Das BVwG hat erwogen: Gemäß § 8 Abs 1 VwGVG beginnt die Entscheidungsfrist der Behörde von sechs Monaten in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der zuständigen Stelle eingelangt ist. Das Verfahren über eine Datenschutzbeschwerde im Zusammenhang mit einer grenzüberschreitenden Datenverarbeitung besteht aus drei Phasen. In einem ersten Schritt werden die beteiligten Aufsichtsbehörden und ihre jeweilige Rolle als federführende oder  betroffene Aufsichtsbehörde bestimmt, wobei sie der allgemeinen Kooperationspflicht gemäß Art 51 Abs 2 S 2 DSGVO unterliegen. In einem zweiten Schritt führt die federführende Aufsichtsbehörde das Kohärenzverfahren nach Art 60 DSGVO durch und fasst über die Beschwerde einen verbindlichen Beschluss. Im letzten Schritt wird gemäß Art 60 Abs 8 DSGVO dieser Beschluss von der Aufsichtsbehörde, bei der die Beschwerde eingebracht worden ist, erlassen.

    Nach § 73 AVG ist über einen Antrag, hier die Datenschutzbeschwerde, ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach Einlangen dieses Antrags zu entscheiden. Nicht in diese Entscheidungsfrist eingerechnet werden Zeiten während des Verfahrens zur Feststellung der federführenden Aufsichtsbehörde sowie eines Kohärenzverfahrens. Die Entscheidungsfrist wird gehemmt. Die sechsmonatige Entscheidungsfrist kann daher noch nicht abgelaufen sein.

Aus der weiteren Rechtsprechung des BVwG:

  • Gemäß § 8 Abs 1 VwGVG kann eine Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden hat. Der Säumnisbeschwerde ist stattzugeben, wenn die Verzögerung auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Ein überwiegendes Verschulden der Behörde liegt dann vor, wenn diese die für eine zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet. Das BVwG kann sich jedoch gemäß § 28 Abs 7 VwGVG in seinem Erkenntnis auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der festgelegten Rechtsanschauung des BVwG binnen acht Wochen zu erlassen (kondemnatorische EntscheidungBVwG 18.11.2024, W137 2297602-1).
     
  • Eine Bescheidbeschwerde gegen ein Straferkenntnis der DSB hat gewisse Punkte aufzuweisen, ua die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs 1 VwGVG). Mängel im schriftlichen Anbringen berechtigten jedoch nicht zur Zurückweisung, sondern es ist ein Mangelbehebungsauftrag zu erteilen. Wird dem Mangelbehebungsauftrag nicht entsprochen, ist die Bescheidbeschwerde zurückzuweisen. Für das Verfahren vor dem BVwG sind im Fall der Zurückweisung der Bescheidbeschwerde keine Verfahrenskosten zu entrichten (BVwG 11.11.2024, W298 2296786-1).
     
  • Beschränkt sich die DSB trotz strittig gebliebener Tatsachenbehauptungen auf den Austausch wechselseitiger Stellungnahmen, ist das einem Unterlassen jeglicher erforderlichen Ermittlungstätigkeit gleichzuhalten. Die von der DSB durchgängig geübte Praxis, die Ermittlungen trotz strittiger Tatsachenbehauptungen auf das Austauschen von schriftlichen Stellungnahmen zu beschränken, ist ein "nach-oben-Delegieren" der Ermittlungen an das BVwG. Der Bescheid ist daher zu beheben und an die DSB zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen (BVwG 18.11.2024, W274 2291293-1).
     
  • Die Verarbeitung bestimmter personenbezogener Daten zum Zweck der Erhebung des ORF-Beitrags sowie der Ermittlung der Beitragsschuldner und zur Prüfung, ob eine Befreiung vorliegt, ist notwendig. Die Regelungen des mit "Datenübermittlung" titulierten § 13 ORF-Beitrags-Gesetz (OBG) erscheinen sachgerecht und sind auf das notwendige bzw verhältnismäßige Maß beschränkt. Ein unzulässiger und unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz durch das OBG ist nicht zu erblicken (BVwG 23.10.2024, I406 2299747-107.11.2024, I411 2300073-1).
     
  • Das Grundrecht auf Datenschutz ist im Verfahren über die Festsetzung des ORF-Beitrags nicht präjudiziell, weshalb allfällige datenschutzrechtliche Bedenken der Festsetzung des ORF-Beitrags nicht entgegenstehen (BVwG 02.12.2024, L521 2298795-1).


EU-Rechtsakte

  • Zur Erleichterung der grenzüberschreitenden elektronischen Identifizierung erließ die Europäische Kommission fünf Durchführungsverordnungen betreffend die "europäische Brieftasche" gemäß Art 5a der eIDAS-VO. Am 04.12.2024 wurden die DurchführungsVO 2024/2977, ABl L 2024/2977, 1; die DurchführungsVO 2024/2979, ABl L 2024/2979, 1; die DurchführungsVO 2024/2980, ABl L 2024/2980, 1; die DurchführungsVO 2024/2981, ABl L 2024/2981, 1; die DurchführungsVO 2024/2982, ABl L 2024/2982, 1, kundgemacht. Diese fünf DurchführungsVO enthalten Vorschriften hinsichtlich der europäischen Brieftasche: Personenidentifizierungsdaten und  elektronische Attributsbescheinigungen (DurchführungsVO 2024/2977); Integrität und Kernfunktionen (DurchführungsVO 2024/2979); Notifizierungen an die Kommission (DurchführungsVO 2024/2980); Zertifizierung der EU-Brieftasche (DurchführungsVO 2024/2981) sowie Protokolle und Schnittstellen (DurchführungsVO 2024/2982).
     
  • Am 02.12.2024 wurde die "Durchführungsverordnung (EU) 2024/2956 der Kommission vom 29. November 2024 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für die Anwendung der Verordnung (EU) 2022/2554 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Standardvorlagen für das Informationsregister", ABl L 2024/2956, 1, kundgemacht. Finanzunternehmen haben im Rahmen des IKT-Risikomanagements ein Informationsregister über die Nutzung von IKT-Drittdienstleister zu führen. Die DurchführungsVO 2024/2956 legt Standards für die Führung dieses Informationsregisters fest.
     
  • Am 03.12.2024 wurde die "Durchführungsverordnung (EU) 2024/2984 der Kommission vom 29. November 2024 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für die Anwendung der Verordnung (EU) 2023/1114 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Formulare, Formate und Mustertexte für die Kryptowerte-Whitepaper", ABl L 2024/2984, 1, kundgemacht. Personen, die Kryptowerte-Whitepaper erstellen, haben die in dieser DurchführungsVO vorgeschriebenen Informationen bereitzustellen.

Nationale Rechtsakte

  • Am 05.12.2024 wurde die Telekommunikationsgebührenverordnung 2025 (TKGV 2025), BGBl II 2024/356, kundgemacht. In der TKGV 2025 werden Gebühren im Bereich der Telekommunikation, insb für die Nutzung von Funkfrequenzen, festgelegt.

Vorschau EuGH-Rechtsprechung

  • Am 12.12.2024 werden die Schlussanträge in der Rs C-492/23, Russmedia Digital und Inform Media Press, veröffentlicht. Gegenstand des Verfahrens sind Pflichten von Hostingprovidern.
     
  • Am 19.12.2024 wird das Urteil in der Rs C-65/23, K GmbH, verkündet. Der EuGH wird über Fragen zur Verarbeitung personenbezogener Daten im Arbeitsverhältnis sowie zum immateriellen Schadenersatz entscheiden.

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