- Rechtsprechung des EuGH
EuGH 17.10.2024, C-302/23, Jarocki (eIDAS-Verordnung)
- Rechtsprechung des VfGH
VfGH 24.09.2024, UA17/2024 (COFAG-Untersuchungsausschuss, Informationsordnungsgesetz, Persönlichkeitsrechte)
- Rechtsprechung des OGH
OGH 20.09.2024, 6Ob164/24x (Bewertungsausspruch bei Datenschutzverletzungen)
OGH 24.09.2024, 11Os76/24x (StPO, Beschränkung der Akteneinsicht)
OGH 20.09.2024, 6Ob219/23h (Unterlassungsanspruch, Aussetzung)
- Rechtsprechung des BVwG
BVwG 11.09.2024, W256 2290824-1 (Kohärenzverfahren, Säumnisbeschwerde)
BVwG 16.09.2024, W137 2288585-1 (Wildkamera, zeitlicher Anwendungsbereich, DSG 2000 Verhältnismäßigkeit, gelindeste Mittel)
BVwG 02.09.2024, W290 2242336-1 (DSA, KoPl-G, KDD-G)
BVwG 12.09.2024, W252 2271471-1 (Betroffenheit, Mitwirkungspflicht)
BVwG 20.09.2024, W214 2262861-1 (Beschwerdegegner)
- Rechtsprechung der LVwG
LVwG Wien 29.02.2024, VGW-001/049/14641/2023 (Handelsstatistik, UID-Nummer, Art 6 Abs 1 lit e DSGVO)
- Leitlinien
EDSA Leitlinien 2/2023 über den technischen Anwendungsbereich von Art 5 Abs 3 der ePrivacyRL2 (2024)
- EU-Rechtsakte
Durchführungsverordnung (EU) 2024/2690 zur Richtlinie (EU) 2022/2555 (NIS-2-RL)
- Vorschau EuGH-Rechtsprechung
To the Point:
Rechtsprechung des EuGH
EuGH 17.10.2024, C-302/23, Jarocki
eIDAS-Verordnung
- Ein Gläubiger beantragte bei einem polnischen Gericht die
Erteilung einer Vollstreckungsklausel, um die Zwangsvollstreckung
in eine Immobilie betreiben zu können. Er reichte seinen
Antrag per E-Mail mit einer vertrauenswürdigen, aber nicht
qualifizierten elektronischen Signatur über die elektronische
Plattform des Gerichts ein. Die meisten polnischen Gerichte
verfügen über kein Informations- und
Kommunikationssystem, das die elektronische Einreichung von
Schriftsätzen ermöglicht und nehmen daher keine
elektronisch signierten Schriftstücke an. Der Rechtspfleger
wies den Antrag zurück, weil er nicht handschriftlich
unterzeichnet war. Der Gläubiger machte geltend, dass dies
gegen das Unionsrecht verstoße.
Der EuGH hat erwogen: Die Verordnung (EU) 910/2024 (eIDAS-VO) gilt sowohl für sämtliche in der EU niedergelassene Vertrauensdiensteanbieter als auch für von einem Mitgliedstaat notifizierte elektronische Identifizierungssysteme. Selbst wenn ein Mitgliedstaat kein solches System notifiziert hat, bleiben die Bestimmungen über elektronische Signaturen anwendbar.
Die eIDAS-VO erlaubt es den nationalen Gerichten, elektronische Signaturen für ungültig zu erklären. Elektronischen Signaturen dürfen Rechtswirkung und Beweiskraft aber nicht allein deshalb abgesprochen werden, weil sie in elektronischer Form vorliegen oder weil sie die Anforderungen an eine qualifizierte elektronische Signatur nicht erfüllen. Die eIDAS-VO hindert Mitgliedstaaten nicht daran, Vorgaben hinsichtlich der Form zu machen. Die eIDAS-VO wirkt sich daher nicht auf Verfahrensfragen aus, die im nationalen Recht die Modalitäten für die Einreichung von Schriftsätzen bei den Gerichten festlegen.
Die polnische Regelung untersagt die elektronische Einreichung eines elektronisch signierten Schriftstücks bei einem Gericht nicht deshalb, weil allein eine handschriftliche Unterzeichnung als Signatur angesehen wird, sondern verlangt, dass die elektronische Einreichung von Schriftsätzen über ein geeignetes Informations- und Kommunikationssystem, über das dieses Gericht verfügen muss, erfolgt. Wenn ein Gericht über kein solches Informations- und Kommunikationssystem verfügt, wird der Schriftsatz nicht "allein deshalb" abgelehnt, weil dieser elektronisch signiert wurde oder nicht den Anforderungen der qualifizierten elektronischen Signatur genügt, sondern weil er nicht über ein geeignetes Informations- und Kommunikationssystem eingereicht wurde, wie es das nationale Recht vorsieht. Dies ist keine Verletzung der eIDAS-VO.
Die eIDAS-VO steht daher einer nationalen Vorschrift, nach der ein Schriftsatz nur dann in elektronsicher Form und mit elektronischer Signatur bei einem Gericht eingereicht werden darf, wenn dieses über ein geeignetes Informations- und Kommunikationssystem verfügt und die Einreichung über dieses System erfolgt, nicht entgegen.
Rechtsprechung des VfGH
Aus der Rechtsprechung des VfGH
- Bei einer ergänzenden Beweisanforderung zur Vorlage eines Steuerakts durch ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses gemäß § 25 Abs 2 VO-UA kommt von vornherein keine Verletzung von Persönlichkeitsrechten in Betracht. Die Entscheidung, ob Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss vorzulegen sind, obliegt dem informationspflichtigen Organ. Dieses hat auch zu entscheiden, ob die vorzulegenden Akten und Unterlagen nach dem Informationsordnungsgesetz zu klassifizieren sind. Der Eingriff in Persönlichkeitsrechte entsteht daher erst, wenn das vorlagepflichtige Organ dem Untersuchungssauschuss tatsächlich Akten oder Unterlagen vorlegt (VfGH 24.09.2024, UA17/2024).
Rechtsprechung des OGH
Aus der Rechtsprechung des OGH
- Wenn der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in
einem Geldbetrag besteht, hat das Berufungsgericht (OLG)
gemäß § 500 Abs 2 ZPO den Wert des
Entscheidungsgegenstandes auszusprechen
(Bewertungsausspruch). Die Zulässigkeit der
Revision an den OGH hängt ua vom Wert des
Entscheidungsgegenstandes ab.
Ansprüche, die auf eine Verletzung des Datenschutzrechts gestützt werden, sind nicht zu bewerten. - Soweit für eine Person eine Gefahr für Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit besteht, dürfen personenbezogene Daten und andere Umstände, die Rückschlüsse auf die Identität oder die höchstpersönlichen Lebensumstände der gefährdeten Person zulassen, von der Akteneinsicht ausgenommen werden (§ 51 Abs 1 iVm § 162 StPO). Eine darüber hinausgehende Beschränkung des Rechts auf Akteneinsicht des Beschuldigten ist unzulässig (OGH 24.09.2024, 11Os76/24x).
- Der Kläger begehrt die Unterlassung der erneuten unrechtmäßigen Offenlegung seiner personenbezogenen Daten, nicht aber die Löschung seiner Daten. Beim EuGH sind in der Rs C-655/23, Quirin Privatbank, Vorlagefragen zu Unterlassungsansprüchen nach der DSGVO anhängig, die für die Beantwortung der Frage, ob und wann sich ein Unterlassungsanspruch aus der DSGVO ergibt, präjudiziell sind. Es ist daher zweckmäßig und geboten, mit der Entscheidung über Unterlassungsansprüche bis zur Entscheidung des EuGH über das bereits gestellte Vorabentscheidungsersuchen zuzuwarten und das Revisionsverfahren zu unterbrechen (OGH 20.09.2024, 6Ob219/23h).
Rechtsprechung des BVwG
BVwG 11.09.2024, W256 2290824-1
Kohärenzverfahren, Säumnisbeschwerde
- Der Nutzer einer Social-Media-Plattform
brachte im Zusammenhang mit der Einschränkung der ihm zur
Verfügung stehenden Funktionen eine Datenschutzbeschwerde bei
der DSB gegen den Betreiber der Plattform im Unionsraum ein.
Nachdem mehr als sechs Monate verstrichen waren, wandte sich der
Nutzer mittels Säumnisbeschwerde (erfolglos) an das BVwG.
Das BVwG hat erwogen: Grundsätzlich steht
jedem Betroffenen nach Art 78 Abs 2 DSGVO die Möglichkeit
einer Untätigkeitsklage frei, wenn sich die zuständige
Aufsichtsbehörde nicht mit einer Datenschutzbeschwerde befasst
(hat). Die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde setzt die
Säumnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde
voraus. Da es sich beim Betreiber der Plattform um ein in Irland
hauptansässiges Unternehmen handelt, liegt eine
grenzüberschreitende Verarbeitung vor.
Für grenzüberschreitende Verarbeitungen sieht Art 56 Abs 1 DSGVO ein Verfahren der Zusammenarbeit und Kohärenz vor, das auf einer Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen einer "federführenden Aufsichtsbehörde" und den anderen betroffenen Aufsichtsbehörden beruht. Grundsätzlich fällt die Führung eines solchen – vom Sachentscheidungsverfahren zu unterscheidenden – Vorverfahrens in die Zuständigkeit der "federführenden Aufsichtsbehörde". Da somit bei grenzüberschreitenden Datenverarbeitungen die Zuständigkeit zur Entscheidung vom Ausgang des Verfahrens der Zusammenarbeit und Kohärenz abhängt und diese somit bis dahin nicht geklärt ist, kann eine Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Aufsichtsbehörde bis zum Abschluss eines solchen Verfahrens nicht rechtswirksam geltend gemacht werden. Korrespondierend ordnet § 24 Abs 10 Z 2 DSG an, dass in die Entscheidungsfrist die Zeit während eines solchen Verfahrens nicht eingerechnet wird.
Hieran ändert auch nichts, dass die DSB die vom Nutzer bei ihr eingebrachte Datenschutzbeschwerde an die zur Durchführung des Kohärenzverfahrens zuständige "federführende Aufsichtsbehörde" nicht weitergeleitet hat, weil die Frist zur Entscheidung bereits mit Einbringen der Datenschutzbeschwerde gehemmt wurde. Betreffend die hier allein geltend gemachte Entscheidungsfrist war die DSB nicht säumig.
BVwG 16.09.2024, W137 2288585-1
Wildkamera, zeitlicher Anwendungsbereich, DSG 2000 Verhältnismäßigkeit, gelindeste Mittel
- Im Februar 2018 installierte ein Grundstücksbewohner, der
ein Wohnrecht, aber kein Eigentum (mehr) an der Liegenschaft hatte,
mehrere Kameras, darunter eine Wildkamera, auf
seinem Anwesen. Der Zweck der Wildkamera bestand darin, die
Hühner in seinem Garten vor einem Marder zu schützen. Der
erfasste Bereich erstreckte sich auf den Eingang des Nachbarhauses
und den Streifen zwischen den beiden Häusern. Dadurch
erachtete sich der Nachbar in seinem Recht auf Geheimhaltung
verletzt. Die DSB gab der Datenschutzbeschwerde des Nachbarn statt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Grundstücksbewohner
Bescheidbeschwerde an das BVwG und führte ua an, dass kein
ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren stattgefunden
hatte. Das BVwG hob den Bescheid der DSB auf und verwies die
Angelegenheit an die DSB zurück. Es bemängelte, dass die
DSB die Sachverhaltsfeststellungen ohne ordnungsgemäßes
Ermittlungsverfahren getroffen hatte. Infolgedessen setzte die DSB
das Verfahren fort und forderte vom Grundstücksbewohner
weitere Beweismittel an. Letztendlich stellte die DSB fest, dass
der Grundstücksbewohner seinen Nachbarn im Recht auf
Geheimhaltung verletzt hatte, indem er den Eingangsbereich des
Nachbarhauses mit der Wildkamera aufnahm. Daraufhin erhob der
Grundstücksbewohner (erfolglose) Bescheidbeschwerde an das
BVwG.
Das BVwG hat erwogen: Das BVwG hat seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten. Eine frühere Rechtslage ist anzuwenden, wenn der Anspruch nach den zu seiner Entstehungszeit geltenden materiell-rechtlichen Bestimmungen zu beurteilen ist. Die Kameraaufzeichnungen ereigneten sich vor Inkrafttreten der DSGVO (25.05.2018). Daher ist materiell-rechtlich die Rechtslage des DSG 2000 heranzuziehen.
Die Definition der Videoüberwachung knüpfte an die Feststellung von Geschehnissen an, die ein bestimmtes Objekt oder eine bestimmte Person "betreffen". Es wurde nicht darauf abgestellt, was von den Bilddaten erfasst wurde, sondern dass ein bestimmtes Objekt oder eine bestimmte Person von der Überwachung betroffen war.
Auch gezieltes Fotografieren kann eine Videoüberwachung sein, wenn es intentional auf die Überwachung einer Person oder eines Objekts gerichtet ist. Die regelmäßige Auslösung durch jedes Kommen und Gehen des Nachbarn verwirklichte den Überwachungsgedanken. Folglich lag eine Videoüberwachung iSd § 50a DSG 2000 vor.
Nach § 50a Abs 2 DSG 2000 galten die Grundsätze der §§ 6 und 7 DSG 2000, insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§ 7 Abs 3 DSG 2000). Die Videoüberwachung war weder gemeldet noch genehmigt. Somit war bereits die Aufnahme der Datenverarbeitung rechtswidrig (§ 17ff DSG 2000).
Der Grundstücksbewohner hatte gemäß § 7 Abs 1 DSG 2000 die rechtliche Befugnis zum Installieren der Wildkamera. Die Wildkamera war innen montiert und erfasste teilweise sein eigenes Grundstück. Die Verhältnismäßigkeit gemäß § 1 Abs 1 letzter Satz DSG erfordert jedoch, dass weniger eingriffsintensive Mittel vorzuziehen sind. Da bereits eine bessere Sicherung des Hühnerstalls ausreichend gewesen wäre, handelte es sich zweifelsfrei nicht um das gelindeste Mittel iSd § 7 Abs 3 DSG 2000.
Aus der weiteren Rechtsprechung des BVwG:
- Laut Art 56 Abs 1 VO (EU) 2022/2065 (Digital-Services-Act; DSA) verfügt der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptniederlassung des Anbieters von Vermittlungsdiensten befindet, über ausschließliche Befugnisse, den DSA zu überwachen und durchzusetzen. Das Kommunikationsplattformen-Gesetz (KoPl-G) ist gemäß § 10 Abs 1 Koordinator-für-digitale-Dienste-Gesetz (KDD-G) mit 17.02.2024 außer Kraft getreten. Verfahren, die nach dem KoPl-G gegen den Anbieter einer Kommunikationsplattform geführt wurden, der nach Art 56 DSA nunmehr in die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats oder der Europäischen Kommission fällt, sind einzustellen (BVwG 02.09.2024, W290 2242336-1). Anm: Hintergrund des Verfahrens ist, dass der österreichische Gesetzgeber die Anbieter von Kommunikationsplattformen dem KoPl-G unterwarf. Google, Meta und TikTok beantragten daraufhin die Feststellung, dass sie dem KoPl-G nicht unterliegen, ua mit dem Argument, dass das KoplG mit dem Unionsrecht unvereinbar sei. Die zuständige Kommunikationsbehörde (KommAustria) stellte in allen drei Verfahren – wie auch in einem späteren Verfahren gegen Twitter – fest, dass diese Anbieter in den Anwendungsbereich des KoPl-G fallen. Die Bescheidbeschwerden dieser drei Anbieter wurden vom BVwG abgewiesen. Ihre Revisionen verband der VwGH zu einem Verfahren und der VwGH ersuchte den EuGH um Vorabentscheidung zur Vereinbarkeit des KoPl-G mit der eCommerce-Richtlinie. Der EuGH entschied, dass das KoPl-G mit dem Herkunftslandprinzip der eCommerceRL unvereinbar war. Daraufhin behob der VwGH die drei Erkenntnisse des BVwG und der Gesetzgeber hob das KoPl-G auf. Das BVwG hat nunmehr im zweiten Verfahrensgang den Bescheid der KommAustria gegen TikTok ersatzlos behoben und das Verfahren eingestellt.
- Voraussetzung für die Geltendmachung des Beschwerderechts ist, dass die beschwerdeführende Person selbst durch die Datenverarbeitung betroffen ist. Dort, wo es der DSB nicht möglich ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ohne Mitwirkung der Partei festzustellen, ist von einer Mitwirkungspflicht der Partei auszugehen. Die beschwerdeführende Partei ist verpflichtet, in ihrer Sphäre liegende Unterlagen vorzulegen, um den Beweis zu erbringen, dass ihre personenbezogenen Daten tatsächlich verarbeitet wurden. Werden entsprechende Unterlagen nicht vorgelegt, kann keine Datenschutzverletzung festgestellt werden und ist die Datenschutzbeschwerde abzuweisen (BVwG 12.09.2024, W252 2271471-1).
- Bestimmt die DSB irrtümlich den falschen Beschwerdegegner als Verantwortlichen, ist der Bescheid ersatzlos zu beheben (BVwG 20.09.2024, W214 2262861-1).
Rechtssprechung der LVwG
LVwG Wien 29.02.2024, VGW-001/049/14641/2023
Handelsstatistik, UID-Nummer, Art 6 Abs 1 lit e DSGVO
- Ein Unternehmen erhielt mehrere Strafverfügungen und
Straferkenntnisse von der Bezirkshauptmannschaft (BH), weil es
trotz Aufforderung unterließ, die nach dem
Handelsstatistischen Gesetz (HStG) erforderlichen
Daten der Statistik Austria zu übermitteln. Das Unternehmen
sei am EU-Warenverkehr beteiligt und sei daher ua zur Bekanntgabe
der UID-Nummern ihrer Handelspartner verpflichtet. Der
Geschäftsführer des Unternehmens erhob Einspruch und
Bescheidbeschwerde beim zuständigen LVwG, welches die
anhängigen Straferkenntnisse mangels örtlicher
Zuständigkeit der BH behob. Daraufhin wurde die Sache
dem Magistrat der Stadt Wien abgetreten und es ergingen erneut
Straferkenntnisse, gegen die der Geschäftsführer
Bescheidbeschwerde an das LVwG Wien erhob.
Das LVwG hat erwogen: Die örtliche Zuständigkeit des Magistrats der Stadt Wien ergibt sich aus dem Sitz der Statistik Austria als auskunftbegehrende Stelle nach dem HStG. Gemäß § 1 Abs 1 HStG müssen Waren, die innerhalb der EU verbracht werden, und Waren, die über die Zollgrenze der EU ein- und ausgeführt werden, für die Zwecke der amtlichen Handelsstatistik angemeldet werden. Unter die bekanntzugebenden Daten fällt gemäß § 4 HStG und Art 13 der VO 2019/2152 auch die UID-Nummer des Handelspartners. Das Vorbringen, dass die Bekanntgabe der UID-Nummern mit einem unverhältnismäßigen administrativen Aufwand verbunden sei, ist nicht glaubhaft, weil das Unternehmen nicht von unwesentlicher Größe ist und auch international in Drittstaaten tätig ist. Ein Unternehmen dieser Größe wird zwangsläufig über einen entsprechenden Verwaltungsapparat verfügen, dem dieser Aufwand zumutbar ist. Das Argument des Datenschutzes greift nicht, weil es sich bei den UID-Nummern zwar um personenbezogene Daten handelt, jedoch im HStG und in der VO 2019/2152 mehrere Rechtsgrundlagen iSd Art 6 Abs 1 lit e DSGVO vorliegen. Auch kann das Unternehmen in keinem subjektiven Recht verletzt sein, weil es sich bei den UID-Nummern um die Daten seiner Handelspartner handelt. Das Vorbringen, die UID-Nummern aus Sorge vor einem etwaigen Data Breach bei der Statistik Austria oder der Eurostat nicht weitergeleitet zu haben, reicht nicht aus. Ein Data Breach kann nie zu 100% ausgeschlossen werden und die Statistik Austria unterliegt im Rahmen ihrer Tätigkeit dem Statistikgeheimnis nach § 17 Bundesstatistikgesetz und somit strengen Zweckbindungen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Das Unternehmen hat somit durch Unterlassung der Bekanntgabe der erforderlichen Daten eine Verwaltungsübertretung begangen und es war eine Geldstrafe zu verhängen.
Leitlinien
EDSA Leitlinien 2/2023 über den technischen Anwendungsbereich von Art 5 Abs 3 der ePrivacyRL2 (2024)
- Der EDSA veröffentlichte Leitlinien, um den
technischen Anwendungsbereich der Art 5
Abs 3 ePrivacy-Richtlinie (ePrivacyRL) durch
Aufzählung von Beispielen näher zu bestimmen. Die
Leitlinien sind eine Ergänzung zur Stellungnahme 9/2014 der Art 29
Datenschutzgruppe (WP 224), in der die Anwendbarkeit von Art 5 Abs
3 ePrivacyRL auf den virtuellen Fingerabdruck erörtert wurde
(device fingerprinting).
Ziel der ePrivacyRL ist es, die Privatsphäre der Nutzer zu schützen. Art 5 Abs 3 ePrivacyRL ist anwendbar, wenn (i) Informationen (diese müssen keinen Personenbezug aufweisen) (ii) auf einem Endgerät eines Nutzers oder Teilnehmers (iii) gespeichert oder von diesem abgerufen werden.
Ein Gerät wird als Endgerät definiert, wenn es direkt oder indirekt mit der Schnittstelle eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes verbunden ist, um Informationen zu senden, zu verarbeiten oder zu empfangen. Bei der Speicherung und dem Abrufen handelt es sich um getrennte Vorgänge, diese müssen nicht in derselben Kommunikation stattfinden. Gespeicherte Informationen sind Informationen, die schon am Endgerät vorhanden sind. Dabei kommt es auf die Art und die Quelle der Information nicht an.
Anwendungsfälle von Art 5 Abs 3 ePrivacyRL sind etwa URL- und Pixel-Tracking, weil dafür Informationen vom Endgerät abgerufen werden. Auch fallen lokal auf dem Endgerät verarbeitete und generierte Daten in den Anwendungsbereich der ePrivacyRL, wenn durch eine installierte API (Programmierschnittstelle) bereits gespeicherte Informationen einem Dritten zugesandt werden.
Tracking durch IP-Adressen, die an Provider gesendet werden, fallen in den Anwendungsbereich der ePrivacyRL, wenn die IP-Adresse von einem Endgerät stammt. Kann der Empfänger nachweisen, dass es sich bei den Daten um keine Endnutzerdaten handelt, ist die Datenübermittlung vom Anwendungsbereich der ePrivacyRL jedoch ausgenommen.
Datenverbindungen von IoT-Geräten (Internet of Things; zB Smartwatches, intelligente Türschlösser, virtuelle Assistenten) fallen in den Anwendungsbereich der ePrivacyRL, wenn diese Gerätedirekt oder indirekt Zugang zu einem öffentlichen Kommunikationsnetzwerk haben und Informationen senden.
Unique Identifier (UID/eindeutige Identifizierungsnummer) fallen in den Anwendungsbereich der ePrivacyRL, wenn über einen Browser die Aufforderung an das Endgerät gesendet wird, die UID zu übermitteln.
EU-Rechtsakte
- Am 18.10.2024 wurde die Durchführungsverordnung (EU) 2024/2690 zur Richtlinie (EU) 2022/2555 (NIS-2-Richtlinie) veröffentlicht. Mit dieser DurchführungsVO werden technische und methodische Anforderungen für Risikomanagementmaßnahmen im Bereich der Cybersicherheit für folgende Anbieter/Betreiber und Dienstleister festgelegt: DNS-Diensteanbieter, TLD-Namenregister, Cloud-Computing-Dienstleister, Anbieter von Rechenzentrumsdiensten, Betreiber von Inhaltszustellnetzen, Anbieter von verwalteten Diensten, Anbieter von verwalteten Sicherheitsdiensten, Anbieter von Online-Marktplätzen, Online-Suchmaschinen und Plattformen für Dienste sozialer Netzwerke und Vertrauensdiensteanbieter.
Vorschau EuGH-Rechtsprechung
- Am 13.11.2024 wird das Urteil des EuG in der Rs T-223/20, Orion / Kommission, verkündet. Gegenstand des Verfahrens ist der Datenschutz betreffend Arzneimittel.
The content of this article is intended to provide a general guide to the subject matter. Specialist advice should be sought about your specific circumstances.