Die Debatte um das Tragen religiöser Symbole in der Anwaltsrobe hat in Frankreich erneut für Diskussionen gesorgt. Der Conseil d'État hat am 3. März 2025 entschieden, dass Anwälte in Frankreich in ihrer offiziellen Robe keine sichtbaren Zeichen, einschließlich religiöser Symbole, tragen dürfen.
Damit wurde die im Jahr 2023 vom Conseil national des barreaux (CNB) eingeführte Regelung bestätigt, die jegliche sichtbare Unterscheidungsmerkmale auf der Anwaltsrobe untersagt. Der Antrag des Syndicat des avocats de France (SAF), das sich für das Tragen des Kopftuchs eingesetzt hatte, wurde abgelehnt.
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Hintergrund der Entscheidung
Die Auseinandersetzung begann mit einer muslimischen Anwaltsanwärterin, die ihr Kopftuch bei der Eidesleistung tragen wollte. Der Anwaltsorden (Rechtsanwaltskammer) von Lille reagierte darauf mit einer Änderung seiner Geschäftsordnung und verbot das Tragen sichtbarer Zeichen auf der Robe. Diese Entscheidung führte zu mehreren juristischen Auseinandersetzungen. Während ein erster Antrag vor der Berufungsinstanz abgelehnt wurde, befasste sich 2022 der französische Kassationshof, die Cour de cassation, mit dem Fall. Dieser urteilte, dass eine solche Neutralitätsklausel nicht diskriminierend sei, sondern der Gleichbehandlung in der Anwaltschaft diene. Sie empfahl jedoch eine einheitliche Regelung auf nationaler Ebene.
Der CNB setzte diese Empfehlung um und verankerte das Verbot
für alle Anwälte Frankreichs im nationalen
Anwaltsreglement (RIN). Dies rief den Widerspruch des SAF hervor,
der argumentierte, dass die Unabhängigkeit der Anwälte
und die Autonomie der Anwaltskammern dadurch verletzt
würden.
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Begründung des Conseil d'État
Das höchste Verwaltungsgericht Frankreichs, der Conseil
d'Etat, entschied, dass das Verbot der sichtbaren
Zeichen eine legitime und
verhältnismäßige Maßnahme sei. Es
diene nicht nur der Gleichbehandlung der
Anwälte, sondern auch dem Grundsatz der
Neutralität im Gerichtssaal. Der Conseil
d'État betonte, dass die einheitliche
Präsentation der Anwälte die Objektivität und die
Ruhe der Gerichtsverfahren schütze. Die Entscheidung stellt
nach einigen Kommentatoren zu urteilen zudem einen weiteren Schritt
zur Stärkung des Neutralitätsprinzips
dar, das bislang vor allem im öffentlichen Dienst Anwendung
fand, nun aber auch für freie Berufe wie Anwälte an
Bedeutung gewinnt.
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Mögliche Auswirkungen und Fortsetzung der Debatte
Obwohl die Entscheidung des Conseil d'État
die aktuelle Rechtslage in Frankreich klärt, könnte der
Streitfall noch nicht endgültig beendet sein. Es besteht die
Möglichkeit, dass die Angelegenheit vor den Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gebracht wird. Dort
würde geprüft, ob das Verbot mit den europäischen
Grundrechten vereinbar ist oder eine
unverhältnismäßige Einschränkung der
individuellen Freiheitsrechte darstellt.
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