Auf dem Weg zur Klimaneutralität gibt es in Österreich noch viele legistische Baustellen. Letztes Jahr wurde mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) ein bundeseinheitlicher förderrechtlicher Rahmen für die Umstellung auf Erneuerbare Energien geschaffen. Im Bereich der Wärmebereitstellung für  Gebäude fehlt auf Grund der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern bislang ein einheitliches bundesrechtliches Regelungsregime. Dies könnte sich nun ändern: Am 02.11.2022 wurde im Ministerrat das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) beschlossen.

Der Entwurf sieht insbesondere eine Umstellung aller Heizungen in Österreich auf erneuerbare Energien bis zum Jahr 2040 vor. Gleichzeitig werden damit zahlreiche Unionsrechtsakte im Bereich des Klimaschutzes umgesetzt. Der gegenständliche Beitrag liefert eine erste Orientierung zum EWG-Entwurf.

Ausgangssituation

Aktuell sind in Österreich rund 1,9 Millionen Heizungssysteme in Betrieb, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Der größte Anteil davon entfällt auf Gasheizungssysteme (1,25 Millionen). Insgesamt ist der Sektor "Gebäude" für rund 10% der Treibhausgasemissionen in Höhe von 8,1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent verantwortlich. Zur Erreichung der Klimaneutralität in der Raumwärme und zur Minderung der Importabhängigkeit von fossilen Energieträgern soll die gesamte Wärmeversorgung in Österreich bis zum Jahr 2040 dekarbonisiert werden und damit auch für diesen Sektor CO2-Neutralität erreicht werden.

Ziele

Das Gesetz sieht einen zweistufigen Ausstieg aus fossilen Energieträgern bei der Wärmebereistellung vor:

  • Ziel 1: Phase-Out Öl, Flüssiggas  und Kohle  bis Ziel ist die Vermeidung des Einbaus neuer Anlagen ab 2022 und die Stilllegung der bestehenden Anlagen bis 2035.
  • Ziel 2: Phase-Out Gas  bis Ziel ist die Vermeidung des Einbaus neuer Anlagen und die Stilllegung aller Anlagen bis 2040, die mit fossilen gasförmigen Energieträgern betrieben werden.

Maßnahmen

Mit folgenden Maßnahmen sollen diese Ziele erreicht werden:

  • Schaffung einer Bundeskompetenz: Aktuell fällt die Bereitstellung von Raumwärme in die Regelungskompetenz der Länder. Die Bereitstellung von Warmwasser außerhalb von Heizungsanlagen fällt hingegen in die Kompetenz des Bundes. Künftig sollen diese Kompetenzen beim Bund im EWG gebündelt werden. Der Gesetzesentwurf enthält eine hochkomplexe Kompetenzdeckungsklausel (Verfassungsbestimmung), die auch auf bestehende Regelungen der Länder Rücksicht nimmt.
  • "Erneuerbarengebot" bei Neuanlagen:  Die Errichtung, der Einbau sowie die Aufstellung von Anlagen zur Wärmebereitstellung, die für den Betrieb mit fossilen Brennstoffen geeignet sind, ist in neuen Baulichkeiten ab 2023 unzulässig. Gleiches gilt für den Ersatz von Bestandsheizungen.
  • Allgemeines Stilllegungsgebot für bestehende fossile Heizungen:  Bestehende Heizungen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, müssen bis 2035 (Öl, Flüssiggas und Kohle) bzw 2040 (Gas) stillgelegt werden. Ab 2025 ist gestaffelt nach Baujahr ein verbindlicher Tausch von alten Kohle- und Ölheizungen vorgesehen (beginnend mit Baujahr vor 1980).
  • Umstellungsgebot auf Fernwärme:  In Gebäuden mit einer oder mehreren bestehenden dezentralen Heizungsanlagen hat der Eigentümer des Gebäudes eine zentrale klimafreundliche Heizungsanlage samt Anschluss aller einzelnen Nutzungseinheiten zu errichten. Diese Verpflichtung besteht allerdings nur, wenn das Gebäude in einem mit Fernwärme versorgten Gebiet oder Fernwärmeausbaugebiet liegt. Sie ist bis 2035 (Öl, Flüssiggas und Kohle) bzw 2040 (Gas) umzusetzen.
  • Melde- und Berichtspflicht: Damit dem Bund die erforderlichen Daten zur Verfügung stehen, besteht eine Verpflichtung zur Datenerfassung sowie eine Berichtspflicht der Länder. In bestehenden Bauten ist die erstmalige Inbetriebnahme bzw eine wesentliche Änderung einer fossilen Heizung den Behörden unter Angabe des eingesetzten Brennstoffes oder Energieträgers, des Standortes sowie des Eigentümers der Liegenschaft mitzuteilen. Auch die durchgeführte Stilllegung einer fossilen Heizung ist den Behörden mitzuteilen.
  • Förderungen: Für die Finanzierung des Umstiegs sind Förderprogramme vorgesehen. Diese lässt sich der Staat auch einiges Kosten: Allein bis 2025 sind dafür mehr als 2 Mrd Euro veranschlagt worden. Konkret soll die Förderung für Private bis zu 9.500,00 Euro betragen. Menschen mit geringem Einkommen sollen bis zu 100% der Kosten gefördert bekommen. Details sind noch in Ausarbeitung.

Erste Bewertung und Ausblick

Auf dem Weg zur Klimaneutralität warten auch im Bereich der Wärmebereitstellung noch erhebliche Herausforderungen bei der Umstellung auf CO2-arme Technologien. Die zahlreichen Verfassungsbestimmungen im EWG-Entwurf zur Kompetenzgrundlage, Datenerfassung, Vollziehung und Inkrafttreten zeigen einerseits, dass "Klimaschutz" nach der Kompetenzverteilung in der österreichischen Bundesverfassung keinesfalls dem Bund oder den Ländern ausschließlich zuordenbar ist. Andererseits geht die Regierungsvorlage selbst davon aus, dass mehrere Bestimmungen des EWG-Entwurfs verfassungs- und grundrechtlich problematisch sind.

Soweit damit dem Verfassungsgerichtshof nicht die Prüfkompetenz entzogen wird, wird sich dieser wohl demnächst mit der einen oder anderen Bestimmung des Gesetzesentwurfs auseinandersetzen. Zudem stellen sich auch Fragen der Vereinbarkeit mit (primärem) Unionsrecht – ua mit der Warenverkehrsfreiheit. Ob es soweit kommt, bleibt jedoch abzuwarten, zumal die notwendige Zweidrittelmehrheit für einen Gesetzesbeschluss im Parlament aktuell noch ungewiss ist.

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