Seit dem 1. Juli 2023 wurde die Liste der Teilnehmerstaaten betreffend die Rahmenvereinbarung zur grenzüberschreitenden Telearbeit ergänzt und es wird erwartet, dass weitere Staaten hinzukommen. Wer noch keine Massnahmen ergriffen hat, hat bis zum 30. Juni 2024 die Möglichkeit, die Anwendung rückwirkend per Inkrafttreten zu beantragen.

Multilaterale Vereinbarung zur grenzüberschreitenden Telearbeit

Aufgrund der weltweiten Zunahme von Home Office Tätigkeiten und unter Berücksichtigung der ausgelaufenen COVID-Pandemie bedingten temporären Vereinfachungen haben sich zahlreiche Staaten des EU und EFTA Raums entschieden, die Sozialversicherungsregelungen zu vereinfachen. Die entsprechende multilaterale Vereinbarung zur Flexibilisierung der sozialversicherungsrechtlichen Unterstellungsregeln bei Home Office Tätigkeiten von weniger als 50% der Arbeitstätigkeit ist per 1. Juli 2023 in Kraft getreten. Die Teilnehmerstaaten werden auf der Website der Sozialversicherungsbehörden von Belgien, welche die Abkommen hinterlegt, aufgeführt und laufend ergänzt.

Seit auch Frankreich die Vereinbarung per 1. Juli 2023 in Kraft gesetzt hat, haben bis auf Italien sämtliche Nachbarländer der Schweiz die Vereinbarung unterzeichnet und es wird erwartet, dass noch weitere Staaten die Vereinbarung unterzeichnen werden. Für zukünftig beitretende Staaten kann die Rahmenvereinbarung ab dem Zeitpunkt angewendet werden, gemäss welchem die Rahmenvereinbarung in beiden involvierten Staaten in Kraft getreten ist.

Sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt werden, können Arbeitnehmende und Arbeitgebebende die Anwendung der Rahmenvereinbarung beantragen, sodass die sozialversicherungsrechtliche Unterstellung im Staat der Arbeitgeberin verbleibt:

  • Grenzüberschreitende Tätigkeit mit einer Arbeitszeit von mindestens 50% (Betrachtungshorizont von den kommenden 12 Monaten) im Staat der Arbeitgeberin (jedoch keine Beschränkung auf Personen mit Grenzgängerstatus bzw. Ausweis G);
  • Home Office im Wohnsitzstaat unter Einsatz von Informatikmitteln (Telearbeit) zwischen 25% und weniger als 50% der Arbeitszeit;
  • Wohnsitzstaat und Ansässigkeitsstaat der Arbeitgeberin haben die Rahmenvereinbarung unterzeichnet und in Kraft gesetzt;
  • Beschränkung auf Home Office Tätigkeiten im Wohnsitzstaat (bspw. keine regelmässige Kundenbesuche oder selbständiger Nebenerwerb);
  • Beschränkung der regelmässigen grenzüberschreitenden Tätigkeit auf zwei Staaten bzw. den Wohnsitzstaat und Arbeitgeberstaat, d.h. keine regelmässigen Tätigkeiten und/oder Arbeitgeberin in einem Drittstaat (kurzfristige, vorübergehende Einsätze sind unschädlich);
  • Keine selbständige Erwerbstätigkeit.

Für Arbeitgeberinnen mit Sitz in der Schweiz ist der erforderliche Antrag für jede einzelne arbeitnehmende Person bei ihrer zuständigen kantonalen Ausgleichskasse im Informationssystem ALPS (Applicable Legislation Portal Switzerland) unter dem Geschäftsfall "grenzüberschreitende Telearbeit" zu stellen. Bei Genehmigung wird automatisch eine entsprechende A1-Bescheinigung ausgestellt, welche 3 Jahre gültig ist und verlängert werden kann. Grundsätzlich ist ein solcher Antrag rückwirkend für 3 Monate möglich. Bis zum 30. Juni 2024 kann der Antrag jedoch auch nachträglich per Inkrafttreten der Rahmenvereinbarung gestellt werden, was den betroffenen Unternehmen und Angestellten ausreichend Zeit zur Umsetzung ermöglicht.

Für Personen, welche 50% und mehr, oder weniger als 25% im Home Office arbeiten, falls kein Antrag gestellt wird, oder falls nicht sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind, gelten die gewöhnlichen sozialversicherungsrechtlichen Unterstellungsregeln gemäss der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 bzw. den Koordinierungsregeln zur sozialversicherungsrechtlichen Unterstellung zwischen der Schweiz und der EU bzw. EFTA. Auch die Regeln der vorübergehenden Entsendung sind weiterhin anwendbar.

Unter Berücksichtigung der vorliegenden Ausführungen ergeben sich für grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmende (Grenzgänger) mit Hoffe Office Aktivitäten seit dem 1. Juli 2023 die folgenden Konstellationen:

  • Home Office von weniger als 25%: sozialversicherungsrechtliche Unterstellung im Staat der Arbeitgeberin (Arbeitsort).
  • Home Office zwischen 25% und 50%: auf Antrag sozialversicherungsrechtliche Unterstellung im Staat der Arbeitgeberin (Arbeitsort), sofern sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind.
  • Home Office zwischen 25% und 50% (kein Antrag oder Voraussetzungen nicht erfüllt) bzw. 50% und mehr: sozialversicherungsrechtliche Unterstellung im Wohnsitzstaat.

Steuerliche Auswirkungen

Die erläuterten flexiblen sozialversicherungsrechtlichen Unterstellungsregeln sowie ein Antrag zur Anwendung der Rahmenvereinbarung haben keinen Einfluss auf die Besteuerung der betroffenen Arbeitnehmenden. Die internationale Zuteilung des Besteuerungsrechts des Erwerbeinkommens von grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmenden ist nach dem unilateralen Recht der involvierten Staaten sowie unter Berücksichtigung der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen und allfälligen steuerlichen Grenzgängervereinbarungen zu prüfen. Diesbezüglich ist zu beachten, dass sich die Definition eines Grenzgängers für Steuerzwecke nach den jeweiligen Abkommen richtet.

Fazit

Sofern sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind und falls von der betroffenen arbeitnehmenden Person als auch von der Arbeitgeberin gewünscht, kann die Arbeitgeberin bei der zuständigen Ausgleichskasse via ALPS rückwirkend für die letzten 3 Monate (frühestens per 1. Juli 2023) bzw. bis zum 30. Juni 2024 rückwirkend per Inkrafttreten den Antrag zur Anwendung der Rahmenvereinbarung stellen. Wir empfehlen deshalb, die Auswirkungen und Bedeutung der Rahmenvereinbarung für die einzelnen betroffenen Arbeitnehmenden zu beurteilen und gegebenenfalls einen entsprechenden Antrag zu stellen. Aufgrund der verlängerten rückwirkenden Anwendungsmöglichkeit bis zum 30. Juni 2024 besteht für eine umfangreiche Lagebeurteilung und Absprache mit den Mitarbeitenden noch Zeit.

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