Der Einmarsch in die Ukraine hat uns erschüttert. Sie haben sich auf LinkedIn mit mehreren Posts dazu geäußert. Manche sagen ja, solche Nachrichten gehören nicht in ein berufliches Netzwerk.

Diese Frage habe ich mir am Tag des Einmarsches auch gestellt und bin zu einer anderen Auffassung gekommen. Der Einmarsch in die Ukraine betrifft unser gesamtes Leben, einschließlich der beruflichen Dimension. Viele Unternehmen haben u. a. auf LinkedIn mitgeteilt, wie sie die Menschen in der Ukraine unterstützen und warum sie Wirtschaftsaktivitäten in Russland beenden. Wir alle sind durch die Sanktionen betroffen. Vor allem sehe ich die Möglichkeit über LinkedIn unsere Solidarität zu zeigen. Ich sehe viele Posts meiner ehemaligen Kolleg:innen und beruflichen Kontakte aus Ukraine über die aktuelle Situation vor Ort. Sie haben ein Bedürfnis über dieses Medium darüber zu sprechen. Dürfen wir ihnen das verwehren? Für mich gehört es zur Solidarität dazu, auf ihre Posts zu reagieren und ihnen zu zeigen: Wir sind weiter für Euch da. Wir haben nicht die blau-gelben Lichter einmal eingeschaltet und Euch dann vergessen. Wir sehen weiter genau hin, so schwer die Bilder auch sind, wir kümmern uns um Geflüchtete und organisieren Unterstützung in verschiedensten Formen für die Menschen, die vor Ort geblieben sind.

Die Menschen in Russland können wir über LinkedIn leider nicht erreichen. Dort ist es ohne technische Umwege nicht zugänglich.

Wenn wir einmal mit der Brille der Wettbewerbspolitik auf den Krieg blicken: Welche Bezüge sehen Sie? Zuerst fällt auf, dass Putin sich nicht gerade dem freien politischen Wettbewerb stellt.

Für mich ist Wettbewerbspolitik eine Suche nach einer optimalen Balance zwischen Freiheit und Marktmacht, durchgesetzt durch einen effizient funktionierenden Rechtsstaat. Gravierende Mängel bei diesen drei Elemente haben zu der aktuellen Situation entschieden beigetragen: (1) immer stärker eingeschränkte Freiheiten für Menschen in Russland, (2) Russlands Marktmacht im Bereich der fossilen Energierohstoffe und (3) mangelhafter rechtsstaatlicher Schutz, u. a. durch die russische Justiz.

Zum Wettbewerb gehört dann auch eine plurale Medienlandschaft.

Absolut. Berichte über Diskussionen junger Menschen in Russland mit ihren älteren Verwandten über die aktuelle Situation zeigen, wie stark die Medien das Denken der Menschen beeinflussen. Unabhängiger Qualitätsjournalismus in einer pluralen Medienlandschaft ist ein elementarer Bestandteil einer Demokratie. An den aktuellen Einschränkungen der Medien in Russland sehe ich: Wenn es in Russland eine freie, pluralistische Medienlandschaft gegeben hätte, wie wir sie in Deutschland kennen, wäre die aktuelle Situation nicht eingetreten. Für uns in Europa ist es eine wichtige Erinnerung, den Qualitätsjournalismus vor Ort zu schützen und durch Abonnements zu unterstützen.

Es gibt ja durchaus Kartellrecht in Russland.

Das Kartellrecht ist ein wichtiges Element, um die Freiheit und die Demokratie vor dem Missbrauch der Marktmacht zu schützen. Es kann seine Schutzwirkung aber nur entfalten, wenn ein effizienter Schutz der Grundrechte gewährleistet ist und wesentliche Rechtsstaatsprinzipien eingehalten werden. Die aktuelle Situation ist auch eine Erinnerung daran, die eigene Rechtsordnung stets darauf zu überprüfen.

Es gibt eine Welle der Hilfsbereitschaft in Deutschland. Was empfehlen Sie, wenn man helfen will?

Auch wenn die Situation ein Gefühl der Hilflosigkeit und Lähmung erzeugt, dem Gefühl nicht nachgeben und an die Grundregel für Notfälle denken: Das einzig Falsche ist nichts zu tun." Positiv formuliert: Selbst der kleinste Hilfsbeitrag ist eine wichtige Verbesserung der aktuellen Situation. Wir können auf verschiedenen Wegen helfen: durch Sach- und Geldspenden an Hilfsorganisationen, durch Spenden an verbleibende unabhängige russische Medien und Menschenrechtsorganisationen wie OVD-Info (https://www.globalgiving.org/projects/ovd-info/). Es gibt immer mehr Menschen, die bereit sind, Geflüchtete bei sich zu Hause aufzunehmen. Es hilft aber bereits, wenn Sie Menschen aus der Ukraine bei sich vor Ort treffen. Meine Familie ist vor Jahren nach Deutschland gekommen und ich erinnere mich sehr gut daran, wie gut es tat, mit Einheimischen in Kontakt zu kommen und selbst wenn es nur ein gemeinsames Fußball- oder Tischtennisspiel war.

Die Fragen stellte Prof. Dr. Rupprecht Podszun, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Originally published by Owlit.

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