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5 January 2016

Konzessionsabgaben Für Die Nutzung Öffentlichen Grund Und Bodens Durch Elektrische Leitungen

BK
Bär & Karrer

Contributor

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Viele Gemeinwesen erheben eine Konzessionsabgabe für die Nutzung des öffentlichen Grund und Bodens durch elektrische Leitungen.
Switzerland Energy and Natural Resources

Viele Gemeinwesen erheben eine Konzessionsabgabe für die Nutzung des öffentlichen Grund und Bodens durch elektrische Leitungen. Das Bundesgericht hat in jüngerer Zeit zu diesem Thema Urteile erlassen. Der Beitrag zeigt auf, welche Punkte es aus Sicht des Gemeinwesens und aus Sicht des Netzbetreibers zu beachten gilt, damit die Konzessionsabgabe rechtsgültig vom Netzbetreiber erhoben und von diesem auf seine Kunden überwälzt werden darf.

A. Einleitung

[Rz 1] Für die Nutzung des öffentlichen Grund und Bodens durch elektrische Leitungen erheben viele Schweizer Gemeinden und einige Kantone eine Konzessionsabgabe. Gegenstand der Konzessionsabgabe ist die Nutzung des öffentlichen Bodens für den Bau und Betrieb der elektrischen Leitungen. In der Regel stellt das Gemeinwesen die Konzessionsabgabe gestützt auf einen Konzessionsvertrag dem auf dem Gebiet des Gemeinwesens tätigen Verteilnetzbetreiber Rechnung und dieser verrechnet die Konzessionsabgabe eins zu eins seinen Kunden (Endverbrauchern) weiter. Von der Idee her, agiert der Netzbetreiber als «Inkassostelle» für das Gemeinwesen.1

[Rz 2] Gemäss Art. 12 Abs. 2 Stromversorgungsgesetz (StromVG) müssen alle Abgaben an Gemeinweisen auf der Rechnung des Netzbetreibers separat ausgewiesen werden, und sie sind gemäss Art. 22 Abs. 2 lit. a und b StromVG der Überprüfung durch die Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom («ElCom») entzogen.2 Im Unterschied zu Entschädigungen für die Nutzung von privaten Grundstücken sind die Konzessionsabgaben daher nicht Teil der Betriebskosten des Netzbetreibers gemäss Art. 15 Abs. 2 StromVG.

[Rz 3] Zwei jüngere Bundesgerichtsentscheide im Zusammenhang mit Konzessionsabgaben haben bei Gemeinden, Kantonen und Netzbetreibern Fragen zu den Voraussetzungen der rechtsgültigen Ausgestaltung von Konzessionsabgaben aufgeworfen (BGE 138 II 703, nachfolgend als Tessiner-Entscheid4 bezeichnet; Urteil des Bundesgerichts 4A_582/2014 vom 17. April 2015, nachfolgend als Luzerner-Entscheid5 bezeichnet). Dieser Beitrag greift einige dieser Fragen auf und führt sie, soweit möglich, einer Antwort zu.

[Rz 4] Zunächst stellt sich die Frage, welche Voraussetzungen auf Stufe der kommunalen oder kantonalen Gesetzgebung erfüllt sein müssen, damit überhaupt rechtsgültig eine Konzessionsabgabe erhoben werden darf. Sodann stellt sich die Frage, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Konzessionsabgabe vom Netzbetreiber an den Endverbraucher überwälzt werden darf.

B. Voraussetzungen für die Erhebung der Konzessionsabgabe im Allgemeinen

[Rz 5] Gemäss konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts qualifiziert eine Konzessionsabgabe für die Nutzung des öffentlichen Bodens durch elektrische Leitungen als Kausalabgabe.6 Kausalabgaben stellen die Gegenleistung für eine besondere Leistung des Staates oder für besondere durch den Staat gewährte Vorteile dar.7 Sie sind von den Steuern abzugrenzen. Steuern sind Abgaben, welche von den Rechtssubjekten an das Gemeinwesen bezahlt werden, um sich voraussetzungslos, d.h. unabhängig von einer konkreten Gegenleistung seitens des Staates, an den Kosten zu beteiligen, die dem Gemeinwesen durch Erfüllung seiner Aufgaben entstehen.8

[Rz 6] Die wesentlichen Elemente einer Kausalabgabe müssen in einem Gesetz im formellen Sinn enthalten sein.9 Ein Gesetz im formellen Sinn ist ein Erlass, der vom Stimmbürger oder Parlament im Verfahren der Gesetzgebung beschlossen wird. Nicht dazu gehören Verordnungen oder Konzessionsverträge, welche bloss von der Exekutive erlassen bzw. unterzeichnet werden. Der Grund für die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage für Kausalabgaben besteht im Bedarf an politischer Legitimation der Abgaben und beinhaltet damit einerseits den Entscheid, dass überhaupt eine Konzessionsabgabe erhoben wird und anderseits den Entscheid zur Bemessungsgrundlage (und damit letztlich Höhe) der Konzessionsabgabe. In der Praxis sind Konzessionsabgaben für die Nutzung des öffentlichen Bodens durch elektrische Leitungen relativ häufig bloss in Verordnungen der Exekutive oder in einem nicht von der Legislative erlassenen Konzessionsvertrag verankert.10 Wie gesehen stellen diese Verwaltungsakte gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung keine genügende gesetzliche Grundlage dar.

[Rz 7] Zu den wesentlichen Elementen der Kausalabgaben gehören (i) der Gegenstand der Abgabe, (ii) der Kreis der Abgabepflichtigen sowie (iii) mindestens in den Grundzügen die Höhe der Abgabe (Bemessungsgrundlage). Die Festlegung der absoluten Höhe der Abgabe kann indessen der vollziehenden Behörde überlassen werden, sofern das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip eine Begrenzung der Höhe zulassen.11 Im Einzelnen bezogen auf die hier interessierende Kausalabgabe:

[Rz 8] Gegenstand, d.h. der abgabebegründende Tatbestand, ist die Nutzung des öffentlichen Bodens durch den Bau und Betrieb von elektrischen Leitungen.12 Die Nutzung des Bodens erfolgt entweder unterirdisch (z.B. durch unter der Strasse verlegte Kabel in Kabelrohrblöcken) oder oberirdisch (Freileitungen, Standort der Unterwerke). An einigen Orten besteht als Alternative zur Nutzung des öffentlichen Bodens die Nutzung von privaten Grundstücken.

[Rz 9] Da der öffentliche Boden vom Netzbetreiber genutzt wird und bloss indirekt vom Endverbraucher, muss gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts im Tessiner-Entscheid die Abgabepflicht beim Netzbetreiber liegen und nicht beim Endverbraucher. Das Gesetz hat somit die Netzbetreiber als abgabepflichtig zu bezeichnen; ob der Netzbetreiber die Abgabe auf den Endverbraucher weiterwälzen kann, ist eine Anschlussfrage, welche separat davon zu behandeln ist (siehe unten D).

[Rz 10] Die ersten beiden wesentlichen Elemente für eine genügende gesetzliche Grundlage der hier interessierenden Kausalabgabe sind somit klar fassbar. Die Umsetzung der Theorie bezüglich des dritten wesentlichen Elements (Bemessungsgrundlage) in die Praxis ist hingegen anspruchsvoll. Hierzu vorab folgende Bemerkungen: Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts können die Anforderungen an die Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlage für die Höhe der Abgabe dann herabgesetzt werden, wenn das Mass der Abgabe bereits durch das Kostendeckungsund das Äquivalenzprinzip begrenzt wird.13 Diese verfassungsrechtlichen Prinzipien haben somit gemäss Bundesgericht die Funktion eines Surrogats für eine formell-gesetzliche Grundlage. Ist die Einhaltung dieser Prinzipien überprüfbar, so genügt auch eine gesetzliche Grundlage, die die sonst geltenden Mindestanforderungen nicht erfüllt.14 Umgekehrt ausgedrückt: Je schwieriger es ist, die Höhe der Abgabe durch das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip (siehe dazu sogleich unten) zu überprüfen, desto umfassender muss die Höhe der Abgabe im Gesetz selbst geregelt sein (und z.B. nicht bloss im von der Exekutive genehmigten Konzessionsvertrag).15

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Footnotes

1. Das Insolvenzrisiko des Endverbrauchers liegt jedoch beim Netzbetreiber.

2. Werden Abgaben an Gemeinwesen gegenüber den Endverbrauchern ausgewiesen, prüft die ElCom von Amtes wegen oder auf Antrag immerhin, ob überhaupt eine gesetzliche Grundlage vorliegt, aus welcher hervorgeht, dass die Abgabe geschuldet ist und ob diese korrekt angewendet wurde. Hingegen überprüft die ElCom nicht, ob es sich um eine genügende gesetzliche Grundlage handelt und verweist die Netzbetreiber und Endverbraucher für diese Frage im Streitfall auf den kantonalen oder kommunalen Rechtsweg (Mitteilung der ElCom vom 17. Februar 2011, publiziert auf der Webseite der ElCom, www.elcom.admin.ch) (Alles Websites zuletzt besucht am 25. November 2015).

3. BGE 138 II 70 übersetzt in Pra 2012, Nr. 86.

4. Im Tessiner-Entscheid ging es im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle im Wesentlichen um die Frage, ob Gemeinden gestützt auf das kantonale Stromversorgungsgesetz die Konzessionsabgabe direkt beim Endverbraucher erheben dürfen. Das Bundesgericht verneinte dies mit der Begründung, dass die Konzessionsabgabe eine Gegenleistung für die Nutzung des öffentlichen Bodens durch den Netzbetreiber sei und entsprechend vom Netzbetreiber erhoben werden müsse; die direkte Erhebung bei den Endverbrauchern anstatt bei den Netzbetreibern sei willkürlich. Die Wälzung der Konzessionsabgabe vom Netzbetreiber an den Endverbraucher sei getrennt davon zu betrachten. Weiter hielt das Bundesgericht fest, die Erhebung der Abgabe aufgrund eines Tarifs, der zwischen den Endverbrauchern Kategorien bildet (in casu: Kategorisierung bei 100 MWh Jahresverbrauch) und diese in unterschiedlicher und degressiver Weise nach Massgabe des Stromkonsums belastet (in casu: tiefere Abgabe für den Anteil über 100 MWh Jahresverbrauch), sei willkürlich.

5. Im Luzerner-Entscheid (Streitfall zwischen einem Netzbetreiber und einem Endverbraucher) ging es um eine Vereinbarung, welche eine Überwälzung der Konzessionsabgabe vom Netzbetreiber an den Endverbraucher vorsieht, und dabei um die Frage, ob es sich bei dieser Vereinbarung um ein privatrechtliches Verhältnis oder ein öffentlich-rechtliches Verhältnis handelt. Das Bundesgericht (zivilrechtliche Abteilung) erkannte auf ein öffentlich-rechtliches Verhältnis. Zudem thematisierte das Bundesgericht am Rande das Thema der Wälzung der Konzessionsabgabe vom Netzbetreiber an den Endverbraucher (siehe dazu hinten Teil D).

6. Vgl. z.B. BGE 138 II 70, 74, E. 6.1. Die Frage, ob eine Konzessionsabgabe für die Nutzung des öffentlichen Grunds durch elektrische Leitungen als sogenannte «Gemengsteuer» (d.h. Verbindung einer Gebühr mit einer Steuer) ausgestaltet werden dürfte, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Jusletter-Beitrags; für Hinweise dazu siehe BGE 131 I 386, 392 f.

7. BGE 138 II 70, 73, E. 5.3; Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl., Zürich/St. Gallen 2010, N 2625; Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/Markus Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl., Bern 2014, § 57 N 18.

8. BGE 138 II 70, 73, E. 5.3; 122 I 305, 309, E. 4b; Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/Markus Müller (FN 7), § 57 N 7.

9. Daniela Wyss, Kausalabgaben, Basel 2009, 196; BGE 121 I 230, 236, E. 3e; BGE 131 II 735, 740, E. 3.2. Kommunale Erlasse qualifizieren als Gesetze im formellen Sinn, wenn sie von der durch das kantonale Recht ermächtigten Gemeindelegislative beschlossen werden oder sie stattdessen dem (obligatorischen oder fakultativen) Referendum unterstehen (vgl. BGE 127 I 60, 66, E. 2e).

10. So auch Kerem Kern, Privatisierung kommunaler Elektrizitätsversorgungsunternehmen, Zürich 2004, S. 252 f.

11. Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann (FN 7), N 2695 f.; Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/ Markus Müller (FN 7), § 59 N 3.

12. Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/Markus Müller (FN 7), § 59 N 3.

13. BGE 132 I 117 E. 4.2.

14. BGE 121 I 230, 235, E.3e. mit Verweis auf Moor Pierre, Droit administratif, Bd. III, Bern 1992, S. 366; Widmer Lukas, Das Legalitätsprinzip im Abgaberecht, Diss. Zürich 1988, S. 56 f., 105.

15. Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann (FN 7), N 2704; Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/ Markus Müller (FN 7), § 59 N 10 f.

Originally published by Jusletter.

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