VORSICHT: BEI SYNDIKATSVERTRÄGEN GIBT ES TROTZ NEUER REGELUNGEN WEITERHIN UNSICHERHEITEN IN BEZUG AUF DEREN BESTANDSKRAFT!

Das neue GesbR-Recht kann Auswirkungen auf die Bestandskraft von Syndikatsverträgen haben. Eine jetzt geplante Novelle entschärft das Problem. Sowohl bei Alt- als auch Neuverträgen ist aber trotzdem weiterhin Vorsicht geboten.

Mit 1. Jänner 2015 wurde die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) umfassend neu geregelt. Der Zusammenhang: Die herrschende Meinung nimmt an, dass durch den Abschluss eines Syndikatsvertrags (auch Stimmbindungs- oder Poolvertrag bzw. Shareholder Agreement genannt) eine GesbR entsteht.

Das Problem besteht darin, dass die neuen Regelungen zwingende Kündigungsmöglichkeiten anordnen bzw. es im Ergebnis schwierig machen, von vorneherein eine lange Vertragsdauer zu vereinbaren. Die Parteien eines Syndikatsvertrags wollen aber meist, dass dieser auf Dauer des Bestandes des Unternehmens (genauer: der Unternehmensträgergesellschaft) bzw. der Gesellschafterstellung des jeweiligen Syndikatsmitglieds Gültigkeit hat.

Konkret sieht die neue Rechtslage vor:

  1. eine auf unbestimmte Zeit abgeschlossene GesbR (diese Situation findet sich besonders häufig bei Syndikatsverträgen) ist zwingend zum Ende jedes Geschäftsjahres unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten kündbar (§ 1209 Abs 1 ABGB);
  2. ein Kündigungsverzicht ist unzulässig und die gesetzliche Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Geschäftsjahres darf durch Vereinbarung nur angemessen verlängert werden (§ 1209 Abs 2 ABGB);
  3. GesbRs, die für die Lebensdauer eines Gesellschafters eingegangen sind, gelten auf unbestimmte Zeit abgeschlossen; das gleiche gilt, wenn eine auf bestimmte Zeit abgeschlossene Gesellschaft nach Ablauf der vereinbarten Dauer stillschweigend fortgesetzt wird (§ 1211 ABGB) – womit diese gemäß § 1209 ABGB kündbar sind.

Die skizzierten, die Dauer und Kündigung von GesbRs bzw. Syndikatsverträgen betreffenden Vorschriften treten allerdings erst mit 1.7.2016 in Kraft. Diese durchaus ungewöhnliche Legisvakanz soll den Rechtsanwendern Gelegenheit bieten, sich an die neue Rechtslage zu gewöhnen bzw. rechtzeitig Dispositionen zu treffen. Gleichzeitig räumt der Gesetzgeber den Mitgliedern von GesbRs, die vor dem 1.1.2015 gegründet wurden, die Möglichkeit ein, die Anwendbarkeit der neuen, die Dauer und Kündbarkeit betreffenden Bestimmungen bis zum 1.1.2022 hinauszuzögern ("Opting-out"). Dieses Recht muss aber bis spätestens 30.6.2016 wahrgenommen werden (http://diepresse.com/home/recht/rechtwirtschaft/4966801/Syndikatsvertraege_Frist-bis-Ende-Juni-nicht-versaeumen?from=simarchiv).

Trotz der Möglichkeit eines "Opting-out" für Altverträge wurden die in Rede stehenden Einschränkungen der Vertragsfreiheit im Hinblick auf Syndikatsverträge heftig kritisiert. Siehe dazu u.a. Kalss/Probst, GesRZ 2015, 154; Artmann, RdW 2015, 371; sowie Hoenig/Buxbaum, ecolex 2015, 671.
http://wolftheiss.com/fileadmin/content/6_news/clientAlerts/2016/2016_Q2/160520_ecolex_2015_671.pdf

Auf diese Kritik hat der Gesetzgeber mit einer Ergänzung des § 1209 ABGB reagiert. Ab 1.7.2016 sollen die Worte: Dies gilt nicht für Innengesellschaften." dem Absatz 2 angefügt werden. (http://derstandard.at/2000023191908/Neues-Scheidungsrecht-fuer-Syndikate) (http://diepresse.com/home/wirtschaft/recht/4971923/Syndikatsvertraege_Gesetz-soll-repariert-werden).

Aufgrund dieser Reaktion des Gesetzgebers darf nun bei Syndikatsverträgen ein Kündigungsverzicht abgegeben werden, und es darf grundsätzlich auch eine sehr lange Kündigungsfrist vereinbart werden. Allerdings ist einzuschränken: Wenn die Mehrzahl der Syndikatsverträge auch – wie es dem Gesetzgeber vorschwebt – Innengesellschaften sein dürften, ist dies keineswegs immer zwingend der Fall. Man kann nämlich durchaus die Meinung vertreten, dass dann, wenn ein Syndikatsvertrag Außenwirkungen entfaltet (z.B. könnte dieser Finanzierungszusagen enthalten, auf deren Basis wiederum Banken Kredite zusagen), keine Innengesellschaft vorliegt. Unter exakt welchen Voraussetzungen ein Syndikatsvertrag eine Innengesellschaft darstellt, wird erst die zu erwartende OGH Judikatur zeigen.

Die aus § 1211 ABGB folgende Einschränkung der Dauer von GesbRs bzw. Syndikatsverträgen besteht aber weiter. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden. Einerseits gibt es – wenn auch nach unserer Einschätzung wenige – auf Lebensdauer eines Gesellschafters abgeschlossene Syndikatsverträge, die nach dessen Ableben stillschweigend fortgesetzt wurden. Vornehmlich bei Familienunternehmen könnte diese Konstellation allenfalls vorkommen. Der diesem Fall gleichgestellte Sachverhalt, dass nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Dauer des Syndikatsvertrags dieser stillschweigend weiter beachtet bzw. gelebt wird, dürfte allerdings häufiger sein. In beiden Fällen droht die unerwartete Kündigung. Jedenfalls bei neu abzuschließenden Verträgen sollte das beschriebene Risiko antizipiert werden.

Andererseits dürfte aus der Gesetzesbestimmung, die exakt denselben Wortlaut des § 134 UGB (früher HGB) hat, gefolgert werden, dass eine überlange Vertragsdauer von vorneherein nicht vereinbart werden darf bzw. dass, wenn dies doch geschieht, die GesbR bzw. der Syndikatsvertrag nach Ablauf der höchstzulässigen Vertragsdauer gemäß § 1209 Abs 1 ABGB kündbar wird. Das Problem ist, dass niemand genau weiß, was die höchstzulässige Dauer ist. In Bezug auf § 134 UGB wird lediglich ein Zeitraum von 30 bis 40 Jahren als problemlos angesehen; eine Ansicht, die angesichts des gleichen Wortlauts von § 1211 ABGB wohl nun auch iZm GesbRs bzw. Syndikatsverträgen vertreten werden wird. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass relativ alte Syndikatsverträge schon jetzt kündigungsgefährdet sind und jüngere bzw. neue über die Zeit in das Problem der überlangen Vertragsdauer hineinwachsen". Gegenargument: Durch die ab 1.7.2016 geltende Regelung, dass das Verbot des Kündigungsausschlusses nicht für Innengesellschaften (und daher jedenfalls nicht für typische Syndikatsverträge) gilt, hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass auch eine sehr lange Vertragsdauer zulässig ist. Es kann keinen Unterschied machen, ob ein Vertrag von vorneherein auf beispielsweise 50 Jahre abgeschlossen wird oder die Kündigung auf 50 Jahre ausgeschlossen wird. Wenn Letzteres zulässig ist, muss dies auch für Ersteres gelten. Ist das aber auch so bei 99 Jahren oder mehr? Fazit: Bei Altverträgen, die auf eine bestimmte Dauer abgeschlossen sind, besteht Kündigungsgefahr, und zwar auch dann, wenn keine Kündigung vorgesehen ist, sofern diese Verträge schon mehr als 30 bis 40 Jahre bestehen. Bei neu abzuschließenden Verträgen muss man davon ausgehen, dass das Problem in einigen Jahrzehnten auftreten wird.

Altverträge, die explizit auf unbestimmte Zeit abgeschlossen sind (dies kommt leider vor), bleiben auch nach der Novelle, durch welche die Kündigungsbeschränkungen des § 1209 Abs 2 ABGB für Innengesellschaften für nicht anwendbar erklärt werden, problematisch. Sie sind gemäß § 1209 Abs 1 ABGB kündbar. Eine derartige Regelung ist auch bei neu abzuschließenden Syndikatsverträgen unbedingt zu vermeiden.

Syndikatsverträge, die gar keine Bestimmungen bezüglich deren Dauer oder Kündigung aufweisen, sind als auf unbestimmte Dauer eingegangen angesehen und daher ebenfalls nach § 1209 Abs 1 kündbar. Ein solches "Schweigen des Vertrages" sollte ebenfalls vermieden werden, wenn man einen Syndikatsvertrag neu abschließt. Bei Altverträgen kann man versuchen zu argumentieren, dass die Parteien stillschweigend eine Befristung vereinbart hätten, nämlich, dass der Syndikatsvertrag so lange gelten soll, wie die Hauptgesellschaft besteht, bzw. für jedes Syndikatsmitglied, solange dieses Anteile an der Hauptgesellschaft hält. Es gibt immerhin ein OGH Erkenntnis, dass dafür ins Treffen geführt werden kann, wiewohl der entschiedene Sachverhalt naturgemäß ein spezieller war.

Schließlich gibt es Syndikatsverträge, die explizit auf die Dauer der Hauptgesellschaft (bzw. für ein individuelles Mitglied auf die Dauer seiner Gesellschafterstellung in der Hauptgesellschaft) abgeschlossen sind, womit eine ordentliche vorzeitige Kündigung unzulässig ist. Von Ausnahmen abgesehen, ist dies typischerweise auch der von den Parteien gewollte Fall. (Dass – wie angedeutet – Syndikatsverträge sehr oft genau diese Bestimmung nicht enthalten, dürfte daran liegen, dass sich die Vertragsverfasser nicht immer genügend Gedanken im Hinblick auf Beendigungsbestimmungen machen; es mag auch vorkommen, dass sich die Parteien nicht einig sind, und man in diesem Fall gar keine Regelung trifft.) Eine solche Regelung ist unseres Erachtens zulässig. Es besteht aber ein gewisses Risiko, dass erfolgreich argumentiert werden könnte, der eine solche Befristung enthaltende Syndikatsvertrag sei in Wirklichkeit auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und damit jederzeit zum Ende eines Geschäftsjahres unter Einhaltung einer halbjährigen Frist kündbar, weil nicht klar ist, wie lange die Hauptgesellschaft dauern wird.

EMPFEHLUNGEN:

Bestehende Syndikatsverträge sollten auf ein allfälliges Gefahrenpotenzial im Sinne einer unerwarteten Kündigung durch eine Vertragspartei untersucht werden. Da das Thema Kündigung bzw. Dauer von Syndikatsverträgen in den letzten Monaten nicht nur in Fachkreisen, sondern auch in den Medien diskutiert wurde, könnte der eine oder andere Gesellschafter auf die Idee kommen, durch Androhung oder Ausspruch einer Kündigung Forderungen gegenüber den anderen Gesellschaftern durchsetzen zu wollen.

In diesem Zusammenhang sollte auch überlegt werden, ob ein Optieren zur Beibehaltung der alten Rechtslage bis zum 1.1.2022 Sinn macht. Die voraussichtlich mit 1.7.2016 in Kraft tretende Novelle, die § 1209 Abs 2 für Innengesellschaften nicht anwendbar erklärt, wird die Ausübung der Option in den meisten Fällen allerdings entbehrlich machen. (Achtung: es gibt aber auch andere Bestimmungen als die Kündigungsregelungen im neuen GesbR-Recht, deren Anwendung man eventuell hinauszögern möchte.)

Werden neue Syndikatsverträge abgeschlossen, sollte man sich Dauer und allfällige Kündigungsbestimmungen genau überlegen. Wie gesagt, im Zweifel erscheint die Bindung an die Dauer der Hauptgesellschaft bzw. für einzelne Gesellschafter an die Zeit ihrer Gesellschafterstellung sinnvoll. Verbleibenden Unsicherheiten könnte z.B. dadurch begegnet werden, dass man den Syndikatsvertrag ausländischem Recht unterstellt oder versucht, diesen so zu gestalten, dass er nur mehr schwer als GesbR qualifiziert werden kann.

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