In einem neueren Entscheid machte das Bundesgericht grundsätzliche Ausfüh-rungen zur Begründung der Kündigung eines Mietvertrages. Dabei präzisierte es insbesondere seine jüngste Rechtsprechung zur Begründung der Kündigung ei-nes Mietvertrages im Hinblick auf Sanierungs- und Umbauarbeiten.

Das Bundesgericht hat sich in einem am 24. Mai 2017 ergangenen, zur amtlichen Publikation bestimmten Entscheid (4A_703/2016) mit der Frage beschäftigt, welchen Anforderungen die Begründung einer Kündi-gung eines Mietvertrages bei Sanierungs- und Umbau-arbeiten genügen müsse.

Der Mieter einer 5½-Zimmer-Maisonettewohnung eines Mehrfamilienhauses, welches Teil einer Überbauung von insgesamt acht Mehrfamilienhäusern bildete, hatte von der Vermieterin eine ordentliche Kündigung des Mietvertrages erhalten. Die Vermieterin hatte im Be-gleitschreiben zum amtlichen Kündigungsformular ausgeführt, sie sehe sich gezwungen, aufgrund einer dringenden Sanierung der Gipsdecken in sämtlichen Wohnungen der Überbauung C, die nicht in Anwesen-heit von Mietparteien durchgeführt werden kann", das Mietverhältnis aufzulösen.

Der Mieter hatte diese Kündigung unter anderem mit dem Argument angefochten, sie verstosse gegen Treu und Glauben, weil die Begründung zur Kündigung unvollständig und ungenau gewesen sei. Erstens sei die Sanierung nicht dringend gewesen, da im Kündi-gungszeitpunkt hinsichtlich der Deckensanierung keine Sofortmassnahmen mehr notwendig gewesen seien. Zweitens sei das wahre Ausmass der Arbeiten ver-schwiegen worden, indem bloss Gipserarbeiten, nicht aber weitere ins Auge gefasste Sanierungsarbeiten genannt worden seien. Drittens hätten nicht wie ange-geben in sämtlichen Wohnungen der Überbauung die Gipsdecken saniert werden müssen.

Das Bundesgericht rief mit Bezug auf diese Einwen-dungen vorab in Erinnerung, dass eine ordentliche Kündigung keiner Begründung bedürfe, um gültig zu sein, der Mieter jedoch eine Begründung verlangen dürfe. Eine mangelnde oder fehlerhafte Begründung führe nicht automatisch zur Treuwidrigkeit der Kündi-gung, könne aber ein Indiz dafür sein, dass an der Kündigung kein schützenswertes Interesse bestehe (dies insbesondere dann, wenn der angegebene Kün-digungsgrund bloss vorgeschoben und zugleich der wahre Grund nicht feststellbar sei). Das Gesetz be-stimme nicht, bis wann die Gründe für eine ordentliche Kündigung vorgebracht werden könnten. Dementspre-chend sei es möglich, die Kündigungsgründe auch noch im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren vorzubrin-gen oder – unter dem Vorbehalt des Rechtsmiss-brauchsverbots – zusätzliche Gründe nachzuschieben. Ohne Weiteres zulässig sei auch die Ergänzung oder Präzisierung schon vorgebrachter Gründe.

Sodann nahm das Bundesgericht Bezug auf seine bisherige Rechtsprechung, welche es spezifisch mit Bezug auf Kündigungen, die im Hinblick auf Sanie-rungs- oder Umbauarbeiten erfolgten, gerade auch erst jüngst erlassen hatte (vgl. dazu auch Newsletter vom November 2016 betreffend Bundesgerichtsentscheid 142 III 91). In diesem Kontext habe das Bundesgericht jeweils festgehalten, dass ein Mieter ohne hinreichend genaue Auskünfte über die geplanten Sanierungs- oder Umbauarbeiten nicht in der Lage sei, den Realitätsbe-zug des Projekts und die Belastung einzuschätzen, die seine Anwesenheit für die Durchführung der beab-sichtigten Arbeiten haben würde. Der Mieter habe deshalb das Recht, eine Begründung zu erhalten, die es ihm erlaube, innert der 30-tägigen Frist die Chancen einer Anfechtung abzuschätzen.

Im vorliegenden Entscheid stellte das Bundesgericht nunmehr klar, dass – entgegen den missverständlichen Formulierungen in früheren Bundesgerichtsentscheiden - die Begründung einer Kündigung auch dann kein Gültigkeitserfordernis sei, wenn die Kündigung im Hinblick auf Sanierungs- oder Umbauarbeiten er-folge. Bei der Begründung handle es sich aus rechtli-cher Sicht bloss um eine Obliegenheit der kündigenden Partei. Gleichwohl komme der Begründung auf fakti-scher Ebene, d.h. im Rahmen einer Beweiswürdigung, eine erhebliche Bedeutung zu. Spezifisch bei Sanie-rungs- oder Umbaukündigungen verhalte es sich so, dass dem Vermieter, wenn er im Zeitpunkt der Kündi-gung über ein genügend ausgereiftes Projekt verfüge, es an sich ohne weiteres möglich und zumutbar sei, die Kündigung auch entsprechend genau zu begründen, so dass sich gestützt auf diese Angaben ein Bild machen lasse, ob und inwiefern die Anwesenheit des Mieters diese Arbeiten tangieren würde. Würden zur Begrün-dung der Kündigung bloss pauschal Sanierungs- oder Umbauarbeiten angegeben, könne dies ein Indiz dafür sein, dass an der Kündigung kein schützenswertes Interesse bestehe.

Im vorliegenden Fall hielt das Bundesgericht dafür, dass gestützt auf die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz im Kündigungszeitpunkt ein Sanierungspro-jekt bestanden habe, welches sämtliche Kriterien erfüllt habe, um im Hinblick auf dessen Realisierung die Mietverhältnisse kündigen zu können, ohne dadurch gegen Treu und Glauben zu verstossen. Daher kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die Kündigung selbst dann nicht als treuwidrig zu qualifizieren wäre, wenn die Begründung der Kündigung bezüglich Dring-lichkeit der Arbeiten und deren Durchführung in sämtli-chen Wohnungen der Überbauung ungenau sowie hinsichtlich des Umfangs der Arbeiten (zunächst) un-vollständig gewesen sein sollte.

KOMMENTAR

In Präzisierung seiner früheren Rechtsprechung hat das Bundesgericht festgehalten, dass die Begründung einer Kündigung in keinem Fall – auch nicht bei Sanierungs- und Umbauarbeiten – ein Gültigkeitserfordernis ist. Gleichwohl kann sich ein Vermieter mit einer nur allgemein formulierten Kündigungsbegründung dem Verdacht aussetzen, dass an einer Kündigung kein schützenswertes Interesse besteht. Vor diesem Hintergrund ist eine möglichst genaue Kündigungsbegründung zu empfehlen. Bei Sanierungs- und Umbauarbeiten sollte in der Begründung das geplante Projekt so detailliert umschrieben sein, dass der Mieter in der Lage ist abzuschätzen, ob die geplanten Arbeiten eine Räumung des Mietobjekts erforderlich machen.

Im besprochenen Entscheid hat das Bundesgericht eine in einem früheren Fall (Entscheid 4A_409/2016 vom 13. September 2016) thematisierte Kündigungsbegründung im Zusammenhang mit Sanierungs- und Umbauarbeiten als geradezu vorbildlich" taxiert, weshalb diese vorliegend auszugsweise wiedergegeben sei (Originaltext Französisch):

Hiermit informieren wir Sie darüber, dass das Gebäude an der [Adresse], in welchem Sie von [Vermieter] eine Wohnung gemietet haben, erheblich renoviert wird. Es handelt sich zwar nicht um eine Gesamtsanierung, indes gleichwohl um eine Renovation, welche mit einer Fortführung der Mietverhältnisse und einem Verbleib der Mieter in den Wohnungen nicht vereinbar ist. Insbesondere sind folgende Arbeiten vorgesehen, welche mit einem Verbleib der Mieter in den Wohnungen nicht vereinbar sind (Aufzählung nicht abschliessend)": [Es folgt die Aufzählung der einzelnen Arbeiten inkl. (teilweiser) Angabe der Auswirkungen der Arbeiten auf die Mietobjekte, zum Beispiel: Die komplette Sanierung der vertikalen Versorgungs- und Entsorgungsleitungen (Abwasserleitungen), was ein Öffnen der Wände, allenfalls gar ein Öffnen der Fussböden erforderlich macht"].

OKTOBER 2017

The content of this article is intended to provide a general guide to the subject matter. Specialist advice should be sought about your specific circumstances.