Nach Art. 8.1 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Vietnam (EVFTA) bekräftigen die EU und Vietnam ihre jeweiligen Verpflichtungen aus dem WTO-Übereinkommen sowie ihre Entschlossenheit zur Schaffung eines besseren Klimas für die Entwicklung des Handels und der Investitionstätigkeit zwischen den Vertragsparteien und legen die erforderlichen Regelungen für die schrittweise Liberalisierung der Investitionen und des Dienstleistungshandels sowie für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des elektronischen Geschäftsverkehrs fest.
Die Liberalisierung des Dienstleistungshandels gilt für eine große Vielzahl von Dienstleistungssektoren, darunter zum Beispiel die Bereiche Computer, Finanzen, Kommunikation, Umwelt oder Transport. Durch die enorme Erleichterung des Marktzugangs für Dienstleister hat sich die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen zwischen der EU und Vietnam stark vereinfacht.
Von der Liberalisierung ausgenommen sind nach Art. 8.9 des EVFTA lediglich
audiovisuelle Dienstleistungen,
Seekabotage im Inlandsverkehr, und
inländische und internationale Luftverkehrsdienstleistungen im Linien- wie im Gelegenheitsluftverkehr sowie Dienstleistungen, die in direktem Zusammenhang mit der Ausübung von Verkehrsrechten stehen, ausgenommen
o Luftfahrzeugreparatur- und -wartungsdienstleistungen, bei denen ein Luftfahrzeug außer Betrieb gesetzt wird,
o Verkauf und Vermarktung von Luftverkehrsdienstleistungen,
o Dienstleistungen computergesteuerter Buchungssysteme (CRS) und
o Bodenabfertigungsdienste.
Begriffsbestimmungen
Art. 8.2 EVFTA enthält eine Reihe von Begriffsbestimmungen, die für den gemeinsamen Dienstleistungshandel zwischen der EU und Vietnam maßgeblich sind. Hierzu zählen:
1. Grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistung
Der Ausdruck grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistung" ist in Art 8.2 Abs. 1 c) EVFTA legaldefiniert und bezeichnet die Erbringung von Dienstleistungen
i) vom Gebiet der einen Vertragspartei aus in das Gebiet der anderen Vertragspartei oder
ii) im Gebiet der einen Vertragspartei für einen Dienstleistungsnutzer der anderen Vertragspartei.
2. Dienstleistungen
Nach Art. 8.2 Abs. 1 o) EVFTA bezeichnet der Ausdruck Dienstleistungen" beziehungsweise Dienste" sämtliche Dienstleistungen beziehungsweise Dienste in allen Sektoren, mit Ausnahme solcher, die in Ausübung hoheitlicher Gewalt erbracht werden.
3. Dienstleister
Gem. Art. 8.2 Abs. 1 q) EVFTA bezeichnet der Ausdruck Dienstleister" einer Vertragspartei eine natürliche oder juristische Person einer Vertragspartei, die eine Dienstleistung oder einen Dienst erbringt.
Marktzugang
Die Verpflichtungen in Bezug auf den Zugang zum Dienstleistungsmarkt für Dienstleister beider Vertragsparteien stellen lediglich Mindestverpflichtungen dar. Hinsichtlich des Marktzugangs durch grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen gewähren die EU und Vietnam dementsprechend nach Art. 8.10 Abs. 1 EVFTA den Dienstleistungen und Dienstleistern der anderen Vertragspartei eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die Behandlung, die nach den in ihrer jeweiligen Liste der spezifischen Verpflichtungen in Anhang 8-A (Liste der spezifischen Verpflichtungen der Union) beziehungsweise Anhang 8-B (Liste der spezifischen Verpflichtungen Vietnams) vereinbarten und festgelegten Bestimmungen, Beschränkungen und Bedingungen vorgesehen ist.
Den Vertragsparteien bleibt aber unbenommen, Maßnahmen zu treffen, die über diesen Mindestumfang hinausgehen und einen breiteren Marktzugang zu erlauben.
Um die Mindestverpflichtungen zu gewährleisten, werden die Vertragsparteien nach Art. 8.10 Abs. 2 EVFTA verpflichtet, in folgenden Bereichen Beschränkungen zu reduzieren oder aufzuheben:
Beschränkungen der Anzahl der Dienstleister in Form von zahlenmäßigen Quoten, Monopolen oder Dienstleistern mit ausschließlichen Rechten oder des Erfordernisses einer wirtschaftlichen Bedarfsprüfung,
Beschränkungen des Gesamtwerts der Dienstleistungsgeschäfte oder des Betriebsvermögens in Form zahlenmäßiger Quoten oder des Erfordernisses einer wirtschaftlichen Bedarfsprüfung und
Beschränkungen der Gesamtzahl der Dienstleistungen oder des Gesamtvolumens erbrachter Dienstleistungen durch Festsetzung bestimmter zahlenmäßiger Einheiten in Form von Quoten oder des Erfordernisses einer wirtschaftlichen Bedarfsprüfung.
Inländerbehandlung
In den liberalisierten Dienstleistungssektoren haben die EU und Vietnam vereinbart, dass für in- und ausländische Dienstleistungserbringer dieselben Regeln und Vorschriften gelten müssen, um ein vorhersehbares Geschäftsumfeld zu schaffen und gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen.
Dementsprechend gilt nach Art. 8.11 Abs. 1 der EVFTA, dass in den in ihrer Liste der spezifischen Verpflichtungen in Anhang 8-A (Liste der spezifischen Verpflichtungen der Union) beziehungsweise Anhang 8-B (Liste der spezifischen Verpflichtungen Vietnams) aufgeführten Sektoren jede Vertragspartei unter den darin festgelegten Bedingungen und Voraussetzungen den Dienstleistungen und Dienstleistern der anderen Vertragspartei hinsichtlich aller Maßnahmen, die sich auf die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen auswirken, eine Behandlung gewährt, die nicht weniger günstig ist als die Behandlung, die sie ihren eigenen gleichartigen Dienstleistungen und Dienstleistern gewährt.
Vorübergehende Präsenz natürlicher Personen zu Geschäftszwecken
Für Geschäftsreisende, unternehmensintern transferierte Personen, Vertriebsagenten, Erbringer vertraglicher Dienstleistungen und Freiberufler gelten erleichterte Einreisebedingungen und Aufenthaltszeiträume zwischen 90 Tagen und 3 Jahren.
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