Das Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses bringt neben Anpassungen im Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG) sowie dem Strafgesetzbuch (StGB) auch wichtige Änderungen im Obligationenrecht (OR) und in der Handelsregisterverordnung (HRegV). Dadurch sollen die Hürden für die Befreiung von Schulden zum Nachteil der Gläubiger künftig erhöht werden. Die Gesetzes- und Verordnungsänderungen werden voraussichtlich im Januar 2024 in Kraft treten.

Ausgangslage

Mit dem Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses wollen Bundesrat und Parlament das Missbrauchspotential im Kon-kursverfahren mittels punktueller Gesetzesände-rungen verringern. Künftig soll das Konkursver-fahren von Schuldnern insbesondere nicht mehr dazu missbraucht werden können, um sich finan-ziellen Verpflichtungen wie Lohnzahlungen und Schulden zulasten der Gläubiger und Sozialversi-cherungen zu entledigen oder andere Unterneh-men unlauter zu konkurrieren.

Relevante Anpassungen

Das Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses führt zu Anpassun-gen in mehreren Gesetzen, namentlich im OR, im SchKG, im StGB und im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG).

Die Gesetzesänderungen haben Anpassungen von Vorschriften in der HRegV und in der Ver-ordnung über das Strafregister-Informationssys-tem VOSTRA (StReV) zur Folge.

Von besonderer praktischer Relevanz sind die folgenden Anpassungen:

  • Abschaffung des rückwirkenden Opting-outs;
  • Einführung der Personensuche im Handels- register (über Zefix) unter Angabe von Rechts-einheit und Funktion der Person;
  • Nichtigkeit des Mantelhandels, d.h. der Über-tragung von Aktien bzw. Stammanteilen einer überschuldeten Gesellschaft ohne Geschäfts-tätigkeit und verwertbaren Aktiven;
  • Pflicht des Konkursantrags auch für öffentlich-rechtliche Gläubiger;
  • Ausweitung und verbesserte Durchsetzbarkeit des strafrechtlichen Tätigkeitsverbots.

Abschaffung des rückwirkenden Opting-outs

Unternehmen mit max. 10 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt können mit der Zustimmung sämtlicher Aktionäre durch entsprechende Meldung an das Handelsregister auf die einge-schränkte Revision verzichten. Eine solche Opting-out Erklärung konnte unter bisherigem Recht auch rückwirkend, d.h. sowohl für das zu-rückliegende wie auch das laufende Geschäfts-jahr beschlossen werden, sofern diese noch vor Ablauf der Sechsmonatsfrist seit Abschluss des Geschäftsjahres und vor Genehmigung der Jahresrechnung des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres abgegeben wurde.

Unter dem revidierten Recht soll eine Opting-out Erklärung nur noch für künftige Geschäftsjahre gelten und muss vor Beginn des Geschäftsjahres beim zuständigen Handelsregister angemeldet werden. Zusätzlich wird auch das Geschäftsjahr, ab welchem auf die eingeschränkte Revision ver-zichtet wird, im Handelsregister eingetragen. Dieses Datum muss aus der Verzichtserklärung hervorgehen.

Die neuen Bestimmungen werden ab ihrem In-krafttreten anwendbar sein, weshalb keine Über-gangsbestimmungen erlassen werden. Gesell-schaften, die für das Geschäftsjahr 2024 auf die eingeschränkte Revision verzichten möchten, sollten diesen Beschluss deshalb im Laufe des Geschäftsjahres 2023 fassen und inkl. Kopie der letzten, revidierten genehmigten Jahresrechnung beim zuständigen Handelsregister zur Anmel-dung bringen. Die der Anmeldung zugrundelie-genden Unterlagen unterstehen der einge-schränkten Öffentlichkeit, womit nur Behörden des Bundes und der Kantone Einsicht nehmen können.

Einführung der Personensuche im Handelsregister

Mit der vorgesehenen Anpassung der HRegV sollen öffentliche Personendaten mit der AHV-Versichertennummer verknüpft werden, die als Personenidentifikator dient. Künftig soll die Ein-zelabfrage des Personennamens oder der zuge-teilten Personennummer Auskunft über Rechts-einheit sowie alle bisherigen und aktuellen Funk-tionen der entsprechenden Person geben. Die Da-ten werden über Zefix gebührenfrei zugänglich gemacht.

Durch die Offenlegung zum wirtschaftlichen Werdegang und Verwicklungen in Konkursver-fahren erhofft sich der Bundesrat nebst einer ab-schreckenden Wirkung auch Vorteile für die Behörden mit Blick auf die Überprüfung und Anordnung des Tätigkeitsverbots nach Art. 67a E-StGB.

Das neue Recht in Bezug auf die Personensuche wird seine volle Wirkung allerdings erst mit Nachführung der zentralen Datenbank Personen durch die Kantone entfalten können. Damit ist erst in einigen Jahren zu rechnen.

Nichtigkeit des Mantelhandels bei einer überschuldeten Gesellschaft

Das Bundesgericht erachtet den sogenannten "Mantelhandel" mit Blick auf den Verkehrs- und Gutglaubensschutz seit Jahren als nichtiges Rechtsgeschäft. Unter einem Mantel versteht das Bundesgericht "eine wirtschaftlich vollständig liquidierte und von den Beteiligten aufgegebene, juristisch aber noch nicht aufgelöste Gesell-schaft", welche zur Umgehung gesetzlicher Gründungsvorschriften genutzt wird und den Zweck der Löschungspflicht missachtet.

Die Nichtigkeit des Mantelhandels betrifft dabei den Erwerb der Aktien bzw. der Stammanteile und somit den Kaufvertrag als obligatorisches Grundgeschäft. Die Übertragung von Aktien ist gemäss dem nun verabschiedeten Gesetzeswort-laut nichtig, wenn kumulativ folgende Kriterien erfüllt sind:

  • Keine Geschäftstätigkeit;
  • Keine verwertbaren Aktiven;
  • Überschuldung der Gesellschaft.

Zudem sollen mit Art. 65a und Art. 152 Abs. 1 E-HRegV neue Bestimmungen geschaffen wer-den, welche dem Handelsregister bei konkretem Verdacht auf Mantelhandel erlauben, eine aktu-elle Bilanz der betroffenen Gesellschaft anzufor-dern.

Pflicht des Konkursantrags auch für öffentlich-rechtliche Gläubiger

Unter geltendem Recht sind öffentlich-rechtliche Gläubiger grundsätzlich nicht berechtigt, die Konkurseröffnung zu beantragen, sondern konn-ten sich bislang lediglich auf die Betreibung auf Pfändung berufen. Bei überschuldeten Unterneh-men führt dies zu Anreizen, öffentlich-rechtliche Schulden nicht zu bezahlen und stattdessen die übrigen Gläubiger zu befriedigen. Faktisch zah-lungsunfähige Unternehmen bleiben dadurch be-stehen. Die Konkurseröffnung erfolgt in solchen Fällen häufig zu spät oder gar nicht.

Für öffentlich-rechtliche Gläubiger hat die Be-treibung auf Pfändung den Vorteil, dass diese im Vergleich zur Betreibung auf Konkurs ohne Leistung eines Kostenvorschusses beantragt wer-den kann. Mit der ersatzlosen Streichung von Art. 43 Ziff. 1 und 1bis E-SchKG wird ein Para-digmenwechsel vorgenommen und das bisherige "Behördenprivileg" abgeschafft. Neu werden auch die Forderungen öffentlich-rechtlicher Gläubiger der Konkursbetreibung unterstellt.

Ausweitung und verbesserte Durchsetzbarkeit des strafrechtlichen Tätigkeitsverbots

Mit der Anpassung von Art. 67a Abs. 2 E-StGB wird das strafrechtliche Tätigkeitsverbot auf sämtliche Personen ausgeweitet, die eine im Handelsregister einzutragende Funktion ausüben. Neu wird deshalb nicht mehr nur auf die Organ-funktion einer Person abgestellt, sondern auch gegen Direktoren, Geschäftsführer, Leiter einer Zweigniederlassung sowie Personen mit Unter-schriftsberechtigung oder Prokura kann ein Tä-tigkeitsverbot ausgesprochen werden.

Die Durchsetzung angeordneter Tätigkeitsver-bote soll durch Prüfpflichten des Eidgenössi-schen Amt für das Handelsregister (EHRA) ver-bessert werden.

Ergänzt wird die verbesserte Durchsetzbarkeit durch Art. 11 Abs. 2 und 3 E-SchKG, welche die Konkursbeamten bei konkreten Hinweisen auf Straftaten zur Anzeige an die Strafverfolgungs-behörde verpflichten.

Ausblick

Das Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses wurde im März 2022 verabschiedet. Die Referendumsfrist ist am 7. Juli 2022 unbenutzt abgelaufen. Am 25. Ja-nuar 2023 wurde die Vernehmlassung zu den notwendigen Verordnungsänderungen durch den Bundesrat eröffnet. Diese dauert noch bis zum 5. Mai 2023. Die Gesetzes- und Verordnungsän-derungen werden voraussichtlich im Januar 2024 in Kraft treten.

The content of this article is intended to provide a general guide to the subject matter. Specialist advice should be sought about your specific circumstances.