Düsseldorf, 1. Dezember 2022 – Der Bundesrat hat am Freitag, den 25. November 2022, das zuvor bereits durch den Bundestag beschlossene „Gesetz zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten“ (CO2KostAufG) gebilligt. Nach dem neuen Gesetz haben Vermieter von Gewerberäumen ab dem 1. Januar 2023 grundsätzlich 50 Prozent der für die Wärme- und Warmwasserversorgung des Mietobjekts anfallenden Kohlendioxidkosten selbst zu tragen und können diese nicht wie bisher vollumfänglich auf ihre Mieter umlegen. In dem folgenden Beitrag werden die im Hinblick auf Gewerbeimmobilien wesentlichen Neuregelungen des Gesetzes vorgestellt.

WEITERE INFORMATIONEN

1. HINTERGRUND UND STATUS QUO

In Deutschland sind derzeit etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen und etwa 35 Prozent des Endenergieverbrauchs auf den Gebäudesektor zurückzuführen. Laut Bundes-Klimaschutzgesetz strebt der Gesetzgeber zur Bekämpfung des weltweiten Klimawandels eine Reduzierung der im Gebäudesektor anfallenden Jahresemissionsmengen von 108 Mio. Tonnen (im Jahr 2022) auf 67 Mio. Tonnen (im Jahr 2030) an. Ein Instrument zur Erreichung dieses Ziels ist der mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) zum 1. Januar 2021 eingeführte nationale Verkauf von und Handel mit Emissionszertifikaten. Unternehmen, die fossile Brennstoffe wie Heizöl, Erdgas, Benzin oder Diesel in den Verkehr bringen, müssen seitdem zum Ausgleich ihrer Emissionen Zertifikate erwerben und hierfür einen gesetzlich festgelegten Preis pro Tonne Treibhausgas zahlen. Dieser sog. CO2-Preis soll einen Anreiz zur Reduktion von Treibhausgasemissionen setzen und wird bis zum Jahr 2026 jährlich ansteigen (aufgrund der aktuellen Energiekrise wurde der zum 1. Januar 2023 vorgesehene Erhöhungsschritt jedoch ausgesetzt).

Da Energielieferanten den ihrerseits entrichteten CO2-Preis über die eigene Preisgestaltung an Abnehmer weitergeben, hat das BEHG im Ergebnis zu erhöhten Kosten für die Wärme- und Warmwasserversorgung von Gebäuden geführt. Nach der bis zum 31. Dezember 2022 gültigen Rechtslage können Vermieter die gesamten Kosten der Wärme- und Warmwasserversorgung – einschließlich der darin enthaltenen Kohlendioxidkosten – vollumfänglich auf ihre Mieter umlegen, wenn (wie typischerweise) eine Umlage der Heizkosten gesetzlich angeordnet oder mietvertraglich vereinbart ist. Das Anreizsystem des CO2-Preises wirkt daher bislang nur auf Mieter, indem diese zu energiesparendem Heizverhalten angeregt werden. Im Hinblick auf Vermieter bleibt das Preissignal dagegen ohne Wirkung, da der Kohlendioxidpreis für Vermieter lediglich einen „durchlaufenden Posten“ darstellt.

Laut seiner Gesetzesbegründung zum CO2KostAufG besteht sein Zweck nun darin, diese Fehlsteuerung zu beheben und die Anreizwirkung des CO2-Preises auch im Hinblick auf Vermieter herzustellen. Dadurch, dass vermietende Gebäudeeigentümer zukünftig einen Teil des Kohlendioxidpreises selbst zu tragen haben, sollen sie zu Investitionen in klimaschonende Heizungssysteme und zu energetischen Sanierungen motiviert werden. Im Bereich von Nichtwohngebäuden schreibt das Gesetz zu diesem Zweck eine Kostenbeteiligung des Vermieters von mindestens 50 Prozent vor.

Nach Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und Verkündung im Bundesgesetzblatt wird das Gesetz am 1. Januar 2023 in Kraft treten.

2. NEUREGELUNG FÜR WOHNGEBÄUDE: VERTEILUNG DER KOHLENDIOXIDKOSTEN NACH STUFENMODELL

Im Bereich der Wohngebäude sind die Kohlendioxidkosten zukünftig nach einem zehnstufigen Modell in Abhängigkeit von der energetischen Qualität des Gebäudes, d. h. seinem spezifischen Kohlendioxidausstoß pro Quadratmeter Wohnfläche, zu verteilen (sog. Stufenmodell). Hierbei gilt: Je schlechter die Energiebilanz des Gebäudes ist, desto höher ist der vom Vermieter zu tragende Anteil, der zwischen 0 und 95 Prozent liegen kann.

3. NEUREGELUNG FÜR NICHTWOHNGEBÄUDE: ZUNÄCHST 50:50-VERTEILUNG, AB 2025 STUFENMODELL

Im Bereich der Nichtwohngebäude, d. h. solchen Gebäuden, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht überwiegend dem Wohnen dienen, fehlt laut Gesetzesbegründung bislang die erforderliche Datengrundlage für die Einführung eines Stufenmodells (bspw. im Hinblick auf Gebäudegrößen, Nutzungsarten, Verbräuche usw.). Das Gesetz sieht daher zunächst grundsätzlich eine hälftige Aufteilung der Kohlendioxidkosten zwischen Vermieter und Mieter vor. Diese soll im Jahr 2025 von einem Stufenmodell für Nichtwohngebäude abgelöst werden. Die jetzt beschlossenen Regelungen gelten jedoch zunächst unbefristet, d. h. bis zur Verabschiedung eines neuen Gesetzes. Bis Ende des Jahres 2024 soll die für ein Stufenmodell erforderliche Datengrundlage erarbeitet werden.

4. Q&A

4.1. Welche Folge hat zukünftig die vertragliche Umlage von > 50 Prozent der Kohlendioxidkosten auf den Mieter?

Vereinbarungen in gewerblichen Mietverträgen, die mehr als 50 Prozent der für Wärme- und Warmwasserversorgung angefallenen Kohlendioxidkosten auf den Mieter umlegen, sind ab dem 1. Januar 2023 unwirksam. Die gesetzlich angestrebte Vermieterbeteiligung an mindestens 50 Prozent der Kohlendioxidkosten kann daher nicht durch vertragliche Vereinbarungen umgangen werden.

4.2 Ist der Vermieter auch an den Kosten zu beteiligen, wenn der Mieter selbst mit dem Energielieferanten einen Versorgungsvertrag geschlossen hat?

Versorgt sich der Mieter nach dem Mietvertrag selbst mit Wärme oder Warmwasser, gewährt ihm das Gesetz einen Erstattungsanspruch über 50 Prozent der Kohlendioxidkosten gegen den Vermieter. Diesen Erstattungsanspruch hat der Mieter innerhalb von zwölf Monaten nach der Abrechnung des Energielieferanten gegenüber dem Vermieter geltend zu machen.

4.3 Was gilt für Umlageregelungen in Bestandsmietverträgen?

Auf vor dem 1. Januar 2023 entstandene Mietverhältnisse ist das Gesetz mit der Maßgabe anzuwenden, dass die mietvertraglich vorgesehene Umlage von Wärme- und Warmwasserversorgungskosten auf den Mieter nicht den Anteil der Kohlendioxidkosten umfasst, den der Vermieter nach dem neuen Gesetz selbst zu tragen hat.

Durch diese Regelung soll eine reibungslose Anwendung der neuen 50:50-Aufteilung auch auf Bestandsmietverträge sichergestellt werden.

Bislang enthielten Mietverträge in der Regel keine expliziten Aussagen zur Umlage der Kohlendioxidkosten, da diese erst ab dem 1. Januar 2021 entstanden sind. Pauschale Umlagevereinbarungen, nach denen der Mieter sämtliche Wärme- und Warmwasserversorgungskosten zu tragen hat, wurden seit Einführung des CO2-Preises so ausgelegt, dass hierdurch auch eine Umlage der Kohlendioxidkosten auf den Mieter erfolgte. Das Gesetz stellt nun klar, dass solche pauschale Umlagevereinbarungen weiterhin grundsätzlich wirksam bleiben, jedoch den Vermieteranteil an den Kohlendioxidkosten nicht mehr auf den Mieter umlegen können.

4.4 Können die Kohlendioxidkosten für das Abrechnungsjahr 2022 noch auf den Mieter umgelegt werden?

Für vor dem 1. Januar 2023 bereits abgeschlossene Abrechnungszeiträume hat das Gesetz keine Auswirkungen. Insoweit ist das bisher geltende Recht mit der Möglichkeit der vollen Umwälzung der Kohlendioxidkosten auf den Mieter anzuwenden.

4.5 Gibt es gesetzliche Ausnahmen von der 50:50-Verteilung?

Für besondere Konstellationen sieht das Gesetz Ausnahmen von der hälftigen Kostenverteilung vor, zum Beispiel wenn Denkmalschutzvorgaben, Anschluss- und Benutzungszwänge oder die Belegenheit in einem Erhaltungsgebiet eine energetische Verbesserung des Gebäudes oder seiner Wärme-/Warmwasserversorgung verhindern. In solchen vom Vermieter im konkreten Einzelfall nachzuweisenden Fallgestaltungen kann der Vermieteranteil an den Kohlendioxidkosten auf 25 oder sogar 0 Prozent gekürzt werden, weil nur der Mieter es durch Anpassung seines individuellen Verbrauchs in der Hand hat, den Kohlendioxidausstoß des Gebäudes zu verringern.

5. WELCHE HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN ERGEBEN SICH FÜR VERMIETER?

Da die Bestimmungen des CO2KostAufG automatisch gelten und Vorrang vor vertraglichen Vereinbarungen genießen, wird eine Anpassung von Bestandsmietverträgen an die neuen Vorgaben in den meisten Fällen nicht zwingend notwendig sein. Mietparteien könnten indes ein Interesse daran haben, die neuen Regelungen aus Klarstellungsgründen schriftlich festzuhalten. Im Rahmen von Neumietvertrags- und Nachtragsabschlüssen ist ab dem 1. Januar 2023 Vorsicht geboten: Die Nebenkosten-Regelung zu Wärme- und Warmwasserkosten darf im Standardfall nicht mehr als 50 Prozent der Kohlendioxidkosten auf den Mieter abwälzen. Andernfalls droht die Unwirksamkeit der Klausel, die je nach konkreter Ausgestaltung und Vertragskonstellation sogar die gesamte Umlage der Heiz- und Warmwasserkosten erfassen könnte.

Aus Vermieterperspektive sollten die durch die anteilige Tragung der Kohlendioxidkosten entstehenden Mehrkosten bei Neuabschlüssen im Rahmen der Mietpreiskalkulation berücksichtigt werden. Dies gilt umso mehr, da der CO2-Preis von derzeit 30 Euro pro Tonne Treibhausgas bis zum Jahr 2026 auf bis zu 65 Euro pro Tonne ansteigen wird.

Vermieter sollten sich frühzeitig mit dem neuen CO2KostAufG vertraut machen und ihre Datenerfassungs- und Abrechnungssysteme auf die Umstellung vorbereiten. Erleichtert wird die Umsetzung der neuen gesetzlichen Vorgaben dadurch, dass Brennstofflieferanten künftig die für die Kostenverteilung notwendigen Informationen auf ihren Rechnungen auszuweisen haben (§ 3 CO2KostAufG).

Durch die Einführung eines Stufenmodells auch für Nichtwohngebäude im Jahr 2025 sollen Vermieter CO2-intensiver Gebäude noch stärker belastet, Vermieter energieeffizienter Gebäude dagegen entlastet werden. Aus Vermietersicht könnte es sich daher anbieten, die rechtliche und wirtschaftliche Realisierbarkeit von Sanierungsmaßnahmen frühzeitig auf den Prüfstand zu stellen.

Für den Fall, dass eine energetische Sanierung rechtlich nicht zulässig ist (etwa aufgrund Denkmal- oder Milieuschutzes), kommt eine gesetzliche Reduzierung des Vermieteranteils an den CO2-Kosten in Betracht.

Sprechen Sie uns bei Fragen zu diesen Themen jederzeit gerne an.

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