Mit der Einführung des Fondsstandortgesetzes (FoG") soll der Fondsstandort Deutschland gestärkt und das deutsche Recht an europäische Vorgaben angepasst werden. War bisher nur der Vertrieb von Aktien oder Anteilen eines Investmentvermögens von einer Anzeigepflicht umfasst, so ist durch das FoG erstmals eine Legaldefinition des sog. Pre-Marketing gesetzlich im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB") verankert. Damit wird nun auch bereits die Vorstufe des eigentlichen und bisher allein regulierten Vertriebes von einem Regelungsregime erfasst.

Pre-Marketing

Gem. § 1 Abs. 19 Nr. 29a KAGB-neu ist Pre-Marketing wie folgt definiert:

Pre-Marketing ist die durch eine AIF-Verwaltungsgesellschaft oder in deren Auftrag erfolgende direkte oder indirekte Bereitstellung von Informationen oder Mitteilung über Anlagestrategien oder Anlagekonzepte an potenzielle professionelle und semiprofessionelle Anleger mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder an professionelle Anleger mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit dem Ziel festzustellen, inwieweit die Anleger Interesse haben an einem AIF oder einem Teilinvestmentvermögen, der oder das in dem Staat, in dem die potenziellen Anleger ihren Wohnsitz oder satzungsmäßigen Sitz haben, entweder noch nicht zugelassen ist oder zwar zugelassen ist, für den oder das jedoch noch keine Vertriebsanzeige erfolgt ist, wobei dies in keinem Fall ein Angebot an den oder eine Platzierung bei dem potenziellen Anleger zur Investition in die Anteile oder Aktien dieses AIF oder Teilinvestmentvermögens darstellt."

Über die genauen Änderungen innerhalb des KAGB sowie die Abgrenzung zwischen der Vorstufe des Pre-Marketings und des Vertriebs im Sinne des § 293 KAGB informierten wir bereits in unserem Client Alert vom 23.02.2021.

Der Final Report der ESMA

Erwartungsgemäß hat nun die ESMA am 27. Mai 2021 ihren Abschlussbericht zu den Leitlinien für Marketingkommunikation gemäß der Verordnung zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Vertriebs von Investmentfonds veröffentlicht (vgl. die Pressemitteilung der ESMA: ESMA publishes guidance on funds' marketing communications sowie den Volltext des Abschlusberichts)

Die neuen Leitlinien dienen zur Verbesserung des Anlegerschutzes dazu, die Vereinheitlichung der Anforderungen an die Marketingkommunikation als ein wesentliches Element des Vertriebs von Investmentvermögen innerhalb Europas zu fördern. Insbesondere beinhalten die Leitlinien der ESMA einen Katalog konkreter Beispiele, welche Dokumente unter den Begriff einer Marketing- bzw. Werbemitteilung fallen und welche nicht. Die Bedeutung der Leitlinien geht damit weit über Aspekte des reinen Pre-Marketings und dessen Anwendungsbereich hinaus.

Insbesondere müssen Werbemitteilungen bzw. der Marketingkommunikation dienende Dokumente redlich, eindeutig und nicht irreführend sein und damit dem Triptychon" der Anforderungen an Informationen und Werbemitteilungen Genüge tun.

Entsprechend der Leitlinien der ESMA sollen zukünftig folgende Dokumente als Marketingmitteilungen gelten:

Beiträge, die für einen OGAW oder einen AIF werben (unabhängig vom Medium),Nachrichten, die auf einer Plattform für soziale Medien verbreitet werden, wenn sich diese Nachrichten auf irgendwelche Merkmale eines OGAW oder eines AIF beziehen,Marketingmaterial, das sich individuell an Anleger oder potenzielle Anleger richtet, sowie Dokumente oder Präsentationen, die von einer OGAW-Verwaltungsgesellschaft, einem AIFM, einem EuVECA-Verwalter oder einem EuSEF-Verwalter der Öffentlichkeit auf ihrer Website oder an anderen Orten (Sitz des Fondsmanagers, Büro der Vertriebsstelle usw.) zur Verfügung gestellt werden,Mitteilungen, die für einen OGAW oder einen AIF werben und sich an Anleger oder potenzielle Anleger richten, die sich sowohl im Herkunftsmitgliedstaat des Fondsmanagers als auch in einem Aufnahmemitgliedstaat befinden,Mitteilungen, die von einem Dritten stammen und von einer OGAW-Verwaltungsgesellschaft, einem AIFM, einem EuVECA-Verwalter oder einem EuSEF-Verwalter zu Marketingzwecken verwendet werden.Nicht als solche Marketingmitteilungen sollen hingegen gelten:Rechtliche und regulatorische Dokumente/Informationen eines Fonds,Unternehmensmitteilungen, die vom Fondsmanager ausgestrahlt werden und seine Aktivitäten oder einige aktuelle Marktentwicklungen beschreiben (z.B. Quartals- oder Halbjahresergebnissen, Dividendenankündigungen, organisatorische Ankündigungen oder Änderungen in der Geschäftsleitung),online verbreitete Kurznachrichten, insbesondere auf Social-Media-Plattformen (z.B. Twitter, LinkedIn, Facebook, Instagram, Tiktok, Youtube, Discord usw.), die lediglich einen Link zu einer Webseite enthalten, auf der eine Marketingmitteilung verfügbar ist, die aber keine Informationen über einen bestimmten AIF, OGAW oder eine Gruppe von AIF oder OGAW enthalten, sowieInformationen oder Mitteilungen, die im Rahmen der Vorvermarktung gemäß der Definition in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aea der Richtlinie 2011/61/EU herausgegeben werden.

Ähnliche Auflistungen finden sich bereits gesetzlich verankert in § 293 Abs. 1 S. 2 KAGB sowie in Veröffentlichungen der BaFin zur Auslegung des Begriffs Vertrieb", sodass die Leitlinien der ESMA in dieser Hinsicht präzisierende und klarstellende Wirkungen entfalten. Es steht zu erwarten, dass die BaFin im Rahmen des bei Guidelines (anders als Bei FAQs) anwendbaren und nun durchzuführendem comply- or explain-Verfahren feststellen wird, in ihrer Verwaltungspraxis diesen Leitlinien zu folgen.

Offen und klärungsbedürftig bleibt allerdings, ob ein Einsatz von nicht als Marketingmitteilung zu qualifizierenden Dokumente und Handlungen gleichwohl ein Pre-Marketing auslösen kann (etwa im Wege einer Gesamtbetrachtung des Verhaltens eines Anbieters bzw. einer Vertriebseinheit), oder ob es doch einen Bereich von Informationen gibt, der außerhalb jeglichen Marketings liegt, wie beispielsweise die Übermittlung gesetzlich geforderter Veröffentlichungen. Hier wäre eine Klarstellung der Aufsichtsbehörden auch im Wege von FAQs wünschenswert.

Da Aktien und Anteile an Investmentvermögen als Finanzinstrumente nach dem deutschen Wertpapierhandelsrecht, müssen als Marketingkommunikation bzw. Werbematerial eingestufte Dokumente insbesondere auch den Vorgaben der Mindestanforderungen an die Compliance" der BaFin, den sog. MaComp genügen. Es empfiehlt sich daher ein Compliance Check im Hinblick auf das Inkrafttreten der neuen Pre-Marketing-Regeln zum August 2021.

Investmentrechtliche Beratung durch Schalast

Wir beraten Sie gerne zu allen Fragen bezüglich der Auswirkungen der neuen Leitlinien der ESMA sowie zu investment- und steuerrechtlichen Fragen im Allgemeinen.

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