STAIGER Rechtsanwälte informieren über ausgewählte Gesetzesrevisionen und Neuregelungen, die im Januar 2023 in Kraft getreten sind:
- Neuerungen im Aktienrecht
- Neuerungen im Steuerrecht
- weitere ausgewählte Neuerungen
Neuerungen im Aktienrecht – neue Möglichkeiten für Unternehmen
Am 19. Juni 2020 wurde vom Parlament die Aktienrechtsrevision verabschiedet, welche am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist. Ziel der umfassenden Revision war die Modernisierung des Aktien- und Rechnungslegungsrechts sowie die Anpassung an die wirtschaftlichen Bedürfnisse. Unternehmen haben zwei Jahre ab Inkrafttreten des neuen Rechts Zeit, um ihre Statuten und Reglemente an die neuen Bestimmungen anzupassen. Werden die notwendigen Anpassungen nicht fristgerecht vorgenommen, werden die statutarischen oder reglementarischen Bestimmungen, die nicht in Einklang mit dem neuen Recht stehen, nach Ablauf der Frist ungültig. Die nachfolgenden Erläuterungen sollen die neuen Möglichkeiten aufzeigen, die den Unternehmen aufgrund des neu geltenden Rechts zur Verfügung stehen und eine Statutenänderung erforderlich machen.
Aktienkapital in Fremdwährung und Kapitalband
Das neu geltende Aktienrecht erlaubt, dass bestehende und neu gegründete Gesellschaften ihr Aktienkapital in der für die Geschäftstätigkeit wesentlichen ausländischen Währung angeben. Wird für das Aktienkapital eine ausländische Währung verwendet, so hat die Buchführung und Rechnungslegung in derselben ausländischen Währung zu erfolgen. Der Nennwert der Aktie muss folglich nicht mehr zwingend auf Schweizer Franken lauten und kann neu kleiner als das bisherige Minimum von CHF 0.01 sein, solange er grösser als Null ist.
Eine weitere Neuerung ist die Einführung eines sog. Kapitalbands: Dieses ermöglicht der Generalversammlung, den Verwaltungsrat zu ermächtigen, das im Handelsregister eingetragene Aktienkapital während einer Dauer von maximal fünf Jahren innerhalb einer bestimmten Bandbreite, jedoch maximal +/- 50% des eingetragenen Aktienkapitals zu erhöhen oder herabzusetzen, ohne wie bis anhin stets den formellen Weg einer Kapitalerhöhung oder-herabsetzung zu durchlaufen.
Soll ein Kapitalband eingeführt oder ein Währungswechsel des Aktienkapitals vorgenommen werden, so ist dies von der Generalversammlung zu beschliessen und die Statuten sind entsprechend anzupassen.
Für den Beschluss des Kapitalbands ist ein qualifiziertes Mehr erforderlich. Der Nennbetrag der oberen und der unteren Grenze des Kapitalbands ist zu beziffern und in die Statuten aufzunehmen. Die Generalversammlung hat die Möglichkeit Einschränkungen, sowie Auflagen und Bedingungen in Zusammenhang mit der Ermächtigung des Verwaltungsrats festzulegen. Die Statuten sind entsprechend anzupassen, wenn das Kapitalband wegen Fristablauf oder separatem Beschluss der Generalversammlung über ordentliche Kapitalerhöhung, Kapitalherabsetzung oder Währungswechsel wegfällt.
Ein Währungswechsel ist von der Generalversammlung ebenfalls durch ein qualifiziertes Mehr auf Beginn eines Geschäftsjahrs zu beschliessen, wobei der Wechsel rückwirkend auf den Beginn des laufenden Geschäftsjahrs oder prospektiv auf den Beginn des folgenden Geschäftsjahrs beschlossen werden darf. Die Statuten sind entsprechend anzupassen. Für die Umsetzung ist der Verwaltungsrat zuständig. Er nimmt mitunter die notwendigen Umrechnungen vor und gibt den angewendeten Umrechnungskurs an. Für die Statutenänderung müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
a. Bei der gewählten Währung handelt es sich um die für die Geschäftstätigkeit wesentliche ausländische Währung;
b. die Buchführung und die Rechnungslegung erfolgen in derselben Währung;
c. das Aktienkapital in ausländischer Währung
entspricht einem Gegenwert von mindestens 100'000
Franken.
Zwischendividende
Schliesslich schafft das revidierte Aktienrecht eine explizite gesetzliche Grundlage für die Ausrichtung von sog. Zwischendividenden. Die Gesellschaftsstatuten müssen die Möglichkeit zur Ausrichtung von Zwischendividenden ausdrücklich vorsehen. Der Beschluss der Generalversammlung zur Ausrichtung einer Zwischendividende erfolgt gestützt auf einen Zwischenabschluss, welcher durch die Revisionsstelle zu prüfen ist. Diese Prüfungspflicht entfällt, sofern alle Aktionäre der Ausschüttung zugestimmt haben oder die Gesellschaft auf die eingeschränkte Revision verzichtet hat.
Schiedsklauseln
Nach neu geltendem Recht dürfen die Statuten Schiedsklauseln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten zugunsten eines Schiedsgerichts mit Sitz in der Schweiz vorsehen. Wenn die Statuten es nicht anders bestimmen, bindet die Schiedsklausel die Gesellschaft, die Organe der Gesellschaft, die Mitglieder der Organe und die Aktionäre.
Verwendung elektronischer Mittel (Grundlage für virtuelle Generalversammlung)
Das neue Aktienrecht erlaubt die virtuelle Durchführung der Generalversammlung, wenn die Statuten dies vorsehen und wenn eine unabhängige Stimmrechtsvertretung bezeichnet wird. Die Generalversammlung kann zudem neu an mehreren Tagungsorten gleichzeitig mit elektronischer Übertragung durchgeführt werden, wodurch auch die Möglichkeit der Beschlussfassung auf dem Zirkularweg besteht. Zudem sieht das neue Recht vor, dass auch bei einer physischen Generalversammlung die Abstimmung elektronisch erfolgen kann. Möchte die Gesellschaft von der Möglichkeit der virtuellen Generalversammlung oder der Versammlung im Ausland Gebrauch machen, bedarf es einer entsprechenden Grundlage in den Statuten, diese sind mit anderen Worten anzupassen.
Neuerungen im Steuerrecht
Änderungen des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) - Erhöhung des Abzugs für familienexterne Kinderbetreuung
Per 1. Januar 2023 wurde Art. 33 Abs. 3 DBG dahingehend angepasst, dass die nachgewiesenen Kosten für die Drittbetreuung von Kindern (welche das 14. Altersjahr noch nicht vollendet haben) bis höchstens CHF 25'000 pro Kind und Jahr (statt wie bisher CHF 10'100) von den Einkünften abgezogen werden können. Für die Geltendmachung des Abzugs muss das Kind mit der steuerpflichtigen Person, die für seinen Unterhalt sorgt, im gleichen Haushalt leben und die Kosten müssen in direkten Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit, Ausbildung oder Erwerbsunfähigkeit der steuerpflichtigen Person stehen.
Änderungen des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer (MWSTG) - Lockerung der Mehrwertsteuerpflicht für Vereine
Die Umsatzgrenze, bis zu der nicht gewinnstrebige, ehrenamtlich geführte Sport- und Kulturvereine sowie gemeinnützige Institutionen von der Mehrwertsteuer befreit sind, ist per 1. Januar 2023 gemäss Art. 10 Abs. 2 Bst. c MWSTG von CHF 150'000 auf neu CHF 250'000 angehoben worden.
Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) – Elektronisches Verfahren
Die Kantone sind neu verpflichtet, neben dem schriftlichen Verfahren, ein elektronisches Steuerverfahren vorzusehen, welches die Einreichung der Steuererklärung inkl. Beilagen in elektronischer Form ermöglicht.
Anpassung der Grenzbeträge in der beruflichen Vorsorge
Die AHV/IV-Renten werden per 1. Januar 2023 der aktuellen Preis- und Lohnentwicklung angepasst und um 2,5% erhöht. Diese Anpassung hat auch Auswirkungen auf die obligatorische berufliche Vorsorge. Der Koordinationsabzug wird von CHF 25'095 auf CHF 25'725 erhöht, die Eintrittsschwelle steigt von CHF 21'510 auf CHF 22'050. Der maximal erlaubte Steuerabzug im Rahmen der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) beträgt neu CHF 7'056 (bisher CHF 6'883) für Personen, die bereits eine 2. Säule haben, respektive CHF 35'280 (bisher CHF 34'416) für Personen ohne 2. Säule.
Ausgleich der kalten Progression: Anpassung der Tarife und Abzüge
Zum Ausgleich der Folgen der kalten Progression passt das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) die Tarife und Abzüge bei der direkten Bundessteuer ab dem Steuerjahr 2023 an. Ab dem Steuerjahr 2023 können Zweiverdienerehepaare neu maximal CHF 13'600 (bisher CHF 13'400) vom steuerbaren Einkommen abziehen. Der Kinderabzug und der Unterstützungsabzug steigen auf je CHF 6'600 (bisher CHF 6'500). Ehepaare in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe zahlen neu erst Steuern ab einem steuerbaren Einkommen von CHF 28'800 (bisher CHF 28'300). Der Höchstsatz wird neu erst ab einem steuerbaren Einkommen von CHF 912'600 erreicht (bisher CHF 895'900). Zusätzlich dürfen für die notwendigen Kosten für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätten neu maximal CHF 3'200 (bisher CHF 3'000) abgezogen werden.
Weitere ausgewählte Neuerungen
Geldwäschereigesetz (GwG)
Unter dem alten Recht waren Finanzintermediäre verpflichtet, die wirtschaftlich berechtigte Person mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt festzustellen. Neu sind Finanzintermediäre zur Überprüfung der wirtschaftlich berechtigten Person verpflichtet. Die Finanzintermediäre müssen angemessene Massnahmen ergreifen, um die Identität der wirtschaftlich berechtigten Person zu verifizieren und sich dabei zu vergewissern, dass diese tatsächlich die wirtschaftlich Berechtigte ist.
Neu besteht für die Finanzintermediäre die Pflicht zur periodischen Überprüfung der Aktualität der Kundendaten sämtlicher Geschäftsbeziehungen, ungeachtet des Risikos. Die Periodizität, der Umfang und die Art der Überprüfung und der Aktualisierung der Kundendaten erfolgt jedoch auf einem risikobasierten Ansatz.
Erwerbsersatzordnung (EO)
Die Erwerbsersatzordnung wird dahingehend geändert, dass
neu Erwerbstätige, die ein Kind von unter vier Jahren zur
Adoption aufnehmen, einen Anspruch auf einen durch die
Erwerbsersatzordnung (EO) entschädigten zweiwöchigen
Adoptionsurlaub haben.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner bei STAIGER oder einem unserer Spezialisten im relevanten Fachgebiet (vgl. hier).
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