Gesetzliche Neuerungen

  • Abgabenänderungsgesetz 2022: Die Novelle wurde am 07.07.2022 vom Nationalrat beschlossen. Nachfolgend haben wir die wesentlichen Neuerungen zusammengefasst:

(i) Gesamtsumme bei Mitarbeitergewinnbeteiligungen maßgeblich: Die Steuerbefreiung für Prämien an Arbeitnehmer gemäß § 3 Abs 1 Z 35 EStG gilt – nun gesetzlich klargestellt – auch bei mehreren Arbeitgebern insgesamt bis zur jährlichen Gesamtsumme von EUR 3.000. Wird der Betrag durch Prämien mehrerer Arbeitgeber überschritten, ist der Überschuss zu veranlagen.

(ii) Depotübertragung bei Umgründungen: Depotentnahmen und -übertragungen iR von Umgründungen waren bisher ein steuerpflichtiger Vorgang und führten zur Realisierung stiller Reserven. Diese Realisierung soll künftig durch einen neuen Ausnahmetatbestand vermieden werden.

(iii) Forschungsprämie: Derzeit steht für die Forschungsleistung, die von einem Einzelunternehmer, Gesellschaftern einer Personengesellschaft oder unentgeltlich tätigen Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft erbracht wird, keine Forschungsprämie zu, weil hier die eigene Forschungsleistung in der Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt wird. Diese Forschungsleistungen können nunmehr im Wege eines fiktiven Unternehmerlohns einbezogen werden.

(iv) Grenzüberschreitende Personenbeförderung: Aus ökologischen Gründen und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit internationaler Bahnverbindungen werden grenzüberschreitende Beförderungen von Personen mit Eisenbahnen für den österreichischen Streckenteil (echt) umsatzsteuerbefreit und somit der grenzüberschreitenden Personenbeförderung mit Flugzeugen oder Schiffen gleichgestellt.

(v) KESt-Rückerstattung bei Portfoliodividenden für Drittstaats-Körperschaften: Aufgrund aktueller Rsp (VwGH 11.09.2020, Ra 2020/13/0006) wird die Möglichkeit der KESt-Rückerstattung auf beschränkt steuerpflichtige Körperschaften mit Ansässigkeit in einem Drittstaat, mit dem im Verhältnis zu Österreich umfassende Amtshilfe besteht, ausgeweitet.

Internationales Steuerrecht

  • BMF-Info (im Entwurf) zur ertragsteuerlichen Beurteilung von Drittstaatsgesellschaften in Österreich: Eine nach dem Recht eines Drittstaats gegründete Gesellschaft mit Satzungssitz im Drittstaat ("Drittstaatsgesellschaft"), Sitz der Hauptverwaltung (§ 10 IPRG) und Ort der Geschäftsleitung (§ 27 Abs 2 BAO) in Österreich wird nach Ansicht des BMF aus steuerrechtlicher Sicht nicht als juristische Person des privaten Rechts und somit auch nicht als Körperschaftsteuersubjekt iSd § 1 Abs 2 Z 1 KStG anerkannt. Die dahinterstehende rechtliche Diskussion hat wegen des Brexits für UK Limited wieder mehr Bedeutung erlangt. Bereits im Oktober 2020 informierte das BMJ in Abstimmung mit dem BMF alle im Firmenbuch mit einer österreichischen Zweigniederlassung eingetragenen UK Limited über den Untergang der Privatrechtsfähigkeit und damit einhergehend über die direkte Zurechnung der Rechtsverhältnisse an den/die Gesellschafter der UK Limited.

    Ertragsteuerliche Folgen auf Ebene einer Drittstaatsgesellschaft: Ab dem Zeitpunkt der Verlegung ihres Hauptverwaltungssitzes nach Österreich wird die Drittstaatsgesellschaft als GesbR bzw Einzelunternehmen und dementsprechend steuerlich als transparent behandelt. Im Zeitpunkt der Verlegung des Hauptverwaltungssitzes nach Österreich kommt es zur Liquidationsbesteuerung gem § 19 KStG (Aufdeckung stiller Reserven).

    Ertragsteuerliche Folgen auf Gesellschafterebene: Aufgrund des zivilrechtlichen Untergangs der Drittstaatsgesellschaft als Körperschaft sind deren Einkünfte ertragsteuerlich unmittelbar dem/n Gesellschafter/n zuzurechnen.

  • BFG: Anrechnung der ausländischen Steuer in Höhe des tatsächlich bezahlten oder zu bezahlenden Betrags? Gemäß Art 15 DBA steht der Schweiz als Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit, die auf die in der Schweiz ausgeübten Arbeitstage entfallen, zu. Ungeachtet dessen darf Österreich die gegenständlichen Schweizer Einkünfte besteuern (Art 23 Abs 2 erster Satz DBA). Österreich hat in diesem Fall die in der Schweiz gezahlte Steuer anzurechnen (Art 23 Abs 2 zweiter Satz DBA). Die ausländische Steuer kann allerdings nur bis zu dem Betrag angerechnet werden, der im Ausland bezahlt werden musste; der Steuerpflichtige muss daher die aufgrund des DBA oder aufgrund des innerstaatlichen Rechts des anderen Staats bestehenden Steuervorteile ausnützen. Ein Verzicht auf derartige Steuervorteile im Quellenstaat der Einkünfte soll nicht zu Lasten des Fiskus im Ansässigkeitsstaat gehen. Kann daher im ausländischen Staat eine wesentliche Herabsetzung einer von den Bruttoerträgen vorgenommenen Abzugssteuer im Wege einer Antragsveranlagung herbeigeführt werden, dann darf darauf nicht verzichtet werden (BFG 29.03.2022, RV/7101048/2018).

Ertragsteuer

  • VfGH: Abzugsverbot von freiwilligen Abfertigungen im Rahmen von Sozialplanungen verfassungswidrig: Der VfGH hat die Regelung des § 20 Abs 1 Z 8 EStG aufgrund der sachlich nicht begründbaren Gleichbehandlung von wesentlich ungleichen Sachverhalten, nämlich einer individuell vereinbarten Abfertigung im Zuge einer Arbeitgeberkündigung einerseits und einer Sozialplanabfertigung im Zuge einer Betriebsänderung andererseits, als gleichheitswidrig aufgehoben. Das Höchstgericht hat dem Gesetzgeber Zeit bis zum 31.12.2022 zur Reparatur gegeben. Bis dahin bleibt die verfassungswidrige Gesetzesbestimmung in Kraft (VfGH 16.03.2022, G 228/2021- 8).

  • BFG lässt horizontale Gruppe zu: Das BFG hat die Bildung einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG zwischen österreichischen Schwestergesellschaften als Gruppenmitglieder mit einer deutschen Muttergesellschaft als Gruppenträgerin ohne österreichische Zweigniederlassung für zulässig erachtet und gestattet damit einen horizontalen steuerlichen Ergebnisausgleich zwischen den Schwestergesellschaften (obwohl das österreichische Steuerrecht lediglich eine vertikale Ergebniszurechnung) gestattet. Nach Ansicht des BFG ist das Gruppenträger-Erfordernis der österreichischen Zweigniederlassung für ausländische EU/EWRKörperschaften als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art 49 iVm 54 AEUV zu werten und § 9 Abs 3 KStG insoweit eine unionsrechtlich verbotene Einschränkung (BFG 31.03.2022, RV/7104573/2020; Amtsrevision eingebracht).

  • VwGH zum wirtschaftlichen Eigentum bei Cum-/Ex-Gestaltungen: Bei Cum-/Ex-Gestaltungen werden Aktien unmittelbar vor dem Tag, an dem die beschlossene Dividende ausgeschüttet werden soll, verkauft ("cum" Dividende). Aufgrund der üblichen Abwicklungszeiten werden die Aktien erst mehrere Tage später auf das Depot des Käufers eingeliefert, somit ohne Dividendenanspruch ("ex" Dividende). Die Zahlung der Dividende erfolgt dann noch an den Verkäufer, der eine Ausgleichszahlung an den Käufer leistet. Die inländische Aktiengesellschaft behält bei Dividendenausschüttung KESt ein und führt sie an das Finanzamt ab. Ist der Empfänger der Dividende im Ausland ansässig, ergibt sich idR aus dem DBA ein KESt-Erstattungsanspruch. Werden mehrere Kaufverträge über dieselbe Aktie geschlossen, besteht die Gefahr einer mehrfachen KESt-Erstattung, obwohl nur einmal KESt ans Finanzamt abgeführt wurde. IdZ hat der VwGH nun ausgesprochen, dass für einen KESt-Rückerstattungsanspruch einkommensteuerlich ausschließlich entscheidend ist, wer wirtschaftlicher Eigentümer am Tag des Ausschüttungsbeschlusses ist. Ein späterer Erwerber hat keinen KESt-Erstattungsanspruch. Nicht von Relevanz iZm dem wirtschaftlichen Eigentum ist hingegen der Kaufvertragsabschluss oder die Depoteinlieferung (VwGH 28.06.2022, Ro 2022/13/0002).

Umgründungssteuerrecht

  • BFG zur rückwirkenden Verschmelzung: Wird ein Gruppenmitglied rückwirkend zum 31.12. auf ein am Verschmelzungsstichtag nicht zur Gruppe gehörendes 100%-iges Tochterunternehmen des Gruppenträgers verschmolzen und gehört dieses Tochterunternehmen am 01.01. des Folgejahres zur Gruppe, ist die Regelung des § 9 Abs 5 vierter Satz KStG anwendbar. Dh, dass eine durchgehende Gruppenzugehörigkeit des übertragenden Gruppenmitglieds vorliegt und es zu keinem Ausscheiden aus der Gruppe kommt. Die Revision wurde für zulässig erklärt (BFG 03.05.2022, RV/5100345/2019; Amtsrevision eingebracht).

  • VwGH zum frühestmöglichen Anrechnungszeitpunkt einer verschmelzungsbedingt übergegangenen Mindestkörperschaftsteuer: Der VwGH hatte über die Frage zu entscheiden, zu welchem Zeitpunkt die Mindestkörperschaftsteuer bei einer Verschmelzung auf die übernehmende Körperschaft übergeht. Dabei ist entgegen der Ansicht des BFG nicht etwa der Verschmelzungsstichtag selbst für den Übergang der Mindestkörperschaftsteuer entscheidend. Laut VwGH ist der frühestmögliche Zeitpunkt der Verrechnung bei der übernehmenden Gesellschaft vielmehr jener Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr endete, in welches der Tag nach dem Verschmelzungsstichtag fiel (VwGH 08.04.2022, Ro 2021/13/0015).

  • VwGH zu Gegenleistungen im Kontext von Zusammenschlüssen nach Art IV UmgrStG: Die Vermögensübertragung im Rahmen eines Zusammenschlusses nach § 23 Abs 1 UmgrStG hat "ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschafterrechten" zu erfolgen. In der gegenständlichen Entscheidung hat der VwGH entschieden, dass die Bezahlung einer Abfindung (in engem zeitlichem Zusammenhang) für Mitunternehmeranteile nicht als für die Anwendbarkeit von Art IV UmgrStG schädliche Gegenleistung nach § 23 Abs 1 UmgrStG zu qualifizieren ist (VwGH 03.03.2022, Ra 2020/15/0024).

Umsatzsteuer

  • EuGH zur Begründung einer festen Niederlassung durch eine Tochtergesellschaft: Anlässlich der Frage des Orts der Dienstleitung iR des Reverse Charge Verfahrens hielt das Höchstgericht fest, dass der Besitz einer Tochtergesellschaft alleine nicht für die Begründung einer festen Niederlassung gemäß MwStSystRL genügt, die die ihr personelle und technische Ausstattung gemäß Verträgen tlw zur Verfügung stellt. Es braucht vielmehr einen hinreichenden Grad an Struktur und Beständigkeit, sowie die Fähigkeit zur autonomen Leistungserbringung. Hierfür muss zwar nicht über die personelle und technische Ausstattung "wie über die eigene" verfügt werden können, aber zumindest so weit, wie es etwa bei Miet- oder Dienstleistungsverträgen der Fall wäre. Nicht zuletzt soll hierdurch auch die willkürliche Bestimmung des Leistungsorts durch den Unternehmer vermieden werden (EuGH 07.04.2022, C-333/20, Berlin Chemie; ähnliches Verfahren beim EuGH zu C-232/22, Cabot Plastics Belgium, anhängig).

Grunderwerbsteuer

  • BFG: Miteinbeziehung der Vertragserrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage der GrESt: Das BFG entschied, dass neben den Kosten für die Errichtung der Vertragsurkunde auch sonstige damit in Zusammenhang stehende Kosten wie Kosten der Verbücherung und der steuerlichen Selbstberechnung samt der Durchführung und treuhändischen Abwicklung des Vertrags in den Wert der Gegenleistung iSd § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG miteinzubeziehen sind, wenn eine konkrete Aufteilung aufgrund eines vereinbarten Pauschalbetrags nicht möglich ist und die Kosten aus der Beauftragung durch den Veräußerer durch den Erwerber übernommen werden (BFG 11.02.2022, RV/7100323/2022, Revision eingebracht).

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