Erbringt ein Arbeitnehmer seine Tätigkeit an einer auswärtigen Arbeitsstelle, stellen die Fahrten zum Einsatzort und zurück mindestlohnpflichtige Arbeitszeit dar. Dabei ist es unbeachtlich, ob Fahrtantritt und -ende vom Betrieb des Arbeitgebers oder der Wohnung des Arbeitnehmers aus erfolgen.

BAG, Urteil v. 25.04.2018 – 5 AZR 424/17

Das BAG hatte darüber zu entscheiden, ob die Fahrten eines Montagemitarbeiters von seiner Wohnung zum ersten Kunden eines Arbeitstages und vom letzten Einsatzort zurück gesondert zu vergüten sind.

Der Kläger, ein Aufzugsmonteur, hatte von seiner Arbeitgeberin einen mit Werkzeugen und Ersatzteilen bestückten Dienstwagen zur Verfügung gestellt bekommen, den er sowohl für die Fahrten zu den zu wartenden und reparierenden Aufzugsanlagen als auch privat nutzen durfte.

Die Beklagte erteilte den bei ihr beschäftigten Monteuren einmal im Monat sog. Sammelaufträge. Die Monteure konnten sich hierbei den Zeitpunkt und die Reihenfolge der sich aus den Aufträgen ergebenden Arbeiten frei einteilen.

Der Kläger fuhr morgens von seiner Wohnung zum ersten Kunden eines jeden Arbeitstages und vom letzten Einsatzort zurück nach Hause.

In den Betrieb seiner Arbeitgeberin kam er nur bei Gelegenheit, z.B. um Besprechungen wahrzunehmen oder das ihm überlassene Dienstfahrzeug mit Ersatzteilen zu bestücken.

Die Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.

Das BAG gab dem Kläger zwar dahingehend recht, dass Fahrten zu einer auswärtigen Arbeitsstelle und zurück Arbeitszeit im Sinne der EU-Arbeitszeitrichtlinie und damit auch des Arbeitszeitgesetzes darstellen. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer die vertraglich geschuldete Tätigkeit außerhalb des Betriebs des Arbeitgebers zu erbringen hat. In derart gelagerten Fällen gehörten Fahrten zu auswärtigen Einsatzorten zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten, da das wirtschaftliche Ziel der Gesamttätigkeit darauf gerichtet sei. In diesem Fall sei es ohne Bedeutung, ob der Fahrtantritt oder das Fahrtende vom Betrieb des Arbeitgebers oder der Wohnung des Arbeitnehmers erfolgen würde.

Ein gesonderter Vergütungsanspruch ergab sich nach Ansicht des BAG im vorliegenden Fall aufgrund der einschlägigen tariflichen Regelungen jedoch nicht.

Zwar könne der Tarifvertrag nach Ansicht der Richter nicht über die gesetzliche Mindestlohnpflicht disponieren, so dass die in Streit stehenden Fahrten mindestlohnpflichtig seien. Der Mindestlohn ist vom Arbeitgeber jedoch nicht zusätzlich zum Tarifentgelt zu zahlen. Der Mindestlohnanspruch ist jedenfalls dann erfüllt, wenn das monatlich gezahlte Gesamtentgelt geteilt durch alle geleisteten Arbeitsstunden über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt.

Fazit:

Das BAG bezieht sich in seiner Entscheidung unmittelbar auf die Frage der Arbeitszeit. Vergütungsrechtliche Konsequenzen entfaltet das Urteil jedenfalls so lange nicht, wie das regelmäßig nach dem Arbeitsvertrag gezahlte Entgelt deutlich über den Mindestlohn liegt. Dass das BAG mit seiner Entscheidung erneut verdeutlicht, dass weder aus der EU-Arbeitszeitrichtlinie noch aus dem Arbeitszeitgesetz Vergütungsansprüche abgeleitet werden können, ist insbesondere vor dem Hintergrund wichtig, dass dies in der Praxis oft verkannt wird. Arbeitgeber müssen lediglich beachten, dass die Gesamtanzahl der vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeitsstunden den gesetzlichen Mindestlohn erreicht.

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