In Ungarn wurde im Jahr 2017 die Schiedsgerichtsbarkeit durch den Erlass des neuen Schiedsgerichtsgesetzes Nr. LX grundlegend reformiert.

Es wurden frühere branchenspezifische und neben den zuständigen Ämtern existierende Schiedsgerichte in dem Energiesektor und Finanzsektor abgeschafft oder in das einzige ständige Schiedsgericht in Ungarn neben der Handels- und Industriekammer integriert. Seit 2017 hat nur der Agrarsektor ein eigenes Schiedsgericht.

Die Änderungen haben auch der Absicht der Regierung gefolgt, die zivilrechtlichen Streitsachen von staatlichen Gerichten an die Schiedsgerichte umzulenken und so die staatliche Apparatur zu entlasten, und auch diese Weise die Streitschlichtung effektiver und schneller, sowie der rechtlichen Ansprüche der streitenden Parteien entsprechend zu gestalten.

Weitere Zielsetzung des Gesetzgebers war, durch die schnelle und effektive Entscheidungen die Wettbewerbsfähigkeit in der Wirtschaft zu erhöhen, wobei die Zuständigkeit des genannten Schiedsgerichts nicht mehr nur auf Wirtschafts- und Handelssachen, sondern auf die ganze Bandbreite von zivilrechtliche Angelegenheiten erstreckt. Es werden Fälle weiters nicht nur mit nationalen, sondern auch mit internationalen Bezug verhandelt. Damit schliesst sich das ungarische System auch dem UNCITRAL an, und nähert sich weiter der internationalen Standards.

Unabhängigkeit und Fachkundigkeit des Schiedsgerichts

Die Unabhängigkeit und die Fachkundigkeit wurde gleichzeitig in jeglicher Hinsicht gestärkt, damit auch der internationalen Praxis mehr zu entsprechen.

Das Präsidium des Schiedsgerichts ist von der eigentlichen Organisation – also von den Schiedsrichtern – bereits an sich unabhängig und wird nicht von den Schiedsrichtern intern gewählt, sondern setzt sich zum größten Teil von Personen von außerhalb" zusammen, nämlich aus dem Gesandten der ungarischen Notenbank, des Energieamtes, der Börse und der ungarischen Anwaltskammer.

Der Präsident des Schiedsgerichtes und das Mitglied des Präsidiums praktiziert gleichzeitig nicht als Schiedsrichter und kann weder als Vertreter noch als Sachverständiger in den Schiedsgerichtsverfahren vorgehen.

Die delegierenden Stellen können nur Personen als Mitglied des Präsidiums vorschlagen, die eine herausragende Schiedsgerichtspraxis aufweisen können, und die von den delegierenden Behörden gleichzeitig bez. ihrer Tätigkeit in Präsidium nicht angewiesen werden können.

Eine wichtige Qualitätsgarantie auch bez. der Arbeit des ganzen Schiedsgerichts ist, dass z.B. vonseiten der Anwaltskammer nur ein Rechtsanwalt für das Präsidium gestellt wird, wer mindestens über eine 10jährige Berufserfahrung verfügt und seit 5 Jahren vor dem Schiedsgericht regelmäßig Mandanten vertritt.

Die Schiedsrichter werden alle 5 Jahre neu gewählt, die können sich um die Stelle selbst bewerben auf Listen, die ihre nationalen und internationalen Kompetenzen und Bildungen aufweisen. Neben der sog. allgemeinen" Liste existiert auch die Fachliste für die Finanzund Energiebranche.

Die Umgestaltung des Schiedsgerichts und die Bewegung weiter in die Richtung, das Schiedsgericht als Fachgremium gelten zu lassen hat das Ziel, die Vertragsparteien von vorneherein dazu ermutigen, in ihren Verträgen und Vereinbarungen die Zuständigkeit für ihre zukünftige rechtliche Auseinandersetzung das Schiedsgerichtes auszubedingen.

(Wie läuft eine Schiedsgerichtsverfahren ab und welcher Vorteile hat das? Fortsetzung folgt...)

The content of this article is intended to provide a general guide to the subject matter. Specialist advice should be sought about your specific circumstances.