Der vorliegende Beitrag ruft die rechtliche Qualifikation des Lohnausweises und die damit verbundenen strafund steuerrechtlichen Risiken in Erinnerung, welche insbesondere in spezielleren Konstellationen von Bedeutung sind.

Die Erstellung von Lohnausweisen ist gerade in den Wochen nach Jahresende von grosser Aktualität. Neben der Ausstellung von Lohnausweisen für die standardmässige Ent­ löhnung in bar und ohne Nebenleistungen sind auch komplexere Lohnausweise, wel­che Sondertatbestände und Lohnnebenleis­ tungen abbilden sollen, zu erstellen. Auf ausgewählte Konstellationen soll deshalb überblicksweise hingewiesen werden. Die nachfolgenden Ausführungen sollen nicht nur für die Ausstellung der 2017-­er-­Lohn­ausweise Unterstützung bieten, sondern auch dazu beitragen, dass bereits jetzt das Funda­ment für die Lohnausweise 2018 gelegt wird.

1. Strafrechtliche Qualifikation des Lohnausweises als Urkunde

Die Risiken und Gefahrenherde im Zusammenhang mit der Ausstellung von Lohnausweisen leiten sich unmittelbar aus der strafrechtlichen Qualifikation des Lohnausweises ab. Das Bundesgericht hat bereits vor vielen Jahren entschieden, dass der Lohnausweis eine Urkunde im strafrechtlichen Sinn darstellt.1 Durch diese Qualifikation stellt der Lohnausweis ein taugliches Objekt für eine potenziell strafbare Urkundenfälschung dar. Bei der Ausstellung des Lohnausweises durch den Arbeitgeber oder damit beauftragte Personen wie beispielsweise Treuhänder steht insbesondere die Tatbestandsvariante der Falschbeurkundung im Vordergrund.

Der Falschbeurkundung macht sich gemäss schweizerischem Strafgesetzbuch schuldig und wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, «wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, [...] eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt.» 2

Bei der Falschbeurkundung ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung erforderlich, dass der Urkunde bezogen auf die infrage stehende Tatsache eine erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt und ihr deshalb besonderes Vertrauen entgegengebracht wird. Das Bundesgericht hat dem Lohnausweis im Rahmen der Steuerveranlagung und damit im Verkehr mit den Steuerbehörden diese erhöhte Beweiskraft bzw. Glaubwürdigkeit zugesprochen, weil gegenüber diesen Behörden im Rahmen der Steuerveranlagung die besondere gesetzliche Pflicht zur wahrheitsgetreuen Deklarierung besteht. 3 Im Zusammenhang mit dem Lohnausweis kann eine Falschbeurkundung somit insbesondere dann vorliegen, wenn ein zu tiefer Lohn bescheinigt wird bzw. Lohnbestandteile wie beispielsweise geldwerte Vorteile aus einem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm nicht im Lohnausweis abgebildet werden.

Entsprechend ist das Ausstellen eines Lohnausweises bereits aus strafrechtlicher Sicht nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und es ist darauf zu achten, dass der Lohnausweis sowohl richtig als auch vollständig ausgestellt wird.

2. Steuerrechtliche Pflichten des Arbeitgebers

Die Steuergesetzgebung auf Ebene Bund und Kantone verpflichtet den Arbeitgeber zur Ausstellung eines jährlichen Lohnausweises. Der Lohnausweis wird dem Arbeitnehmer klassischerweise physisch im Doppel ausgehändigt, sodass der Arbeitnehmer diesen als Grundlage zur Erstellung seiner persönlichen Steuererklärung verwenden kann. Eine formalisierte Frist zur Ausstellung des Lohnausweises besteht in den meisten Kantonen nicht. Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jedoch trotz Abmahnung durch den Arbeitnehmer keinen Lohnausweis zu, kann sich der Arbeitnehmer an die zuständige kantonale Steuerbehörde halten, welche den Arbeitgeber unter Androhung von Busse entsprechend in die Pflicht nehmen wird.

Einige Kantone wie beispielsweise der Kanton Bern verpflichten den Arbeitgeber, den Lohnausweis direkt den kantonalen Steuerbehörden zuzustellen. Die entsprechend zu beachtenden Fristen sind der jeweiligen kantonalen Gesetzgebung zu entnehmen. Dem Arbeitnehmer wird in diesen Kantonen vom Arbeitgeber lediglich eine Kopie des Lohnausweises zugestellt.

Auch die Steuergesetzgebung sieht empfindliche Sanktionen im Zusammenhang mit der Pflicht zur Ausstellung des Lohnausweises vor. So kann insbesondere die – auch fahrlässig begehbare – Verletzung der Bescheinigungspflicht des Arbeitgebers mit Busse bis zu 1000 Franken bzw. in schweren oder wiederholten Fällen bis 10 000 Franken bestraft werden (Art. 127 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 174 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 DBG).

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Footnotes

1 BGE 81 IV 166, 167 f.

2 Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.

3 Urteil des Bundesgerichts 6B_101/2009 vom 14. Mai 2009, E. 3.3.

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