Um unseren Mandanten bei der Bewältigung der Coronavirus-Krise (COVID-19) zu helfen, hat Arnold & Porter eine Coronavirus Task Force eingerichtet, die ein breites Spektrum an Themen und Herausforderungen abdeckt. Tragen Sie sich in unsere Mailingliste "Coronavirus (COVID-19)" ein, um unsere neuesten Mandantenempfehlungen zu erhalten und sich für kommende Webinare zu registrieren link.

I. Einleitung

Nachdem die Regierungen aller Bundeländer im März 2020 strenge Kontaktbeschränkungen eingeführt hatten, waren viele Unternehmen gezwungen, alle Tätigkeiten unter strengsten Schutzvorkehrungen vor Ort im Betrieb oder aber im geschützten Raum des Home Office fortzuführen. Bei wirtschaftlichen Engpässen führten Unternehme Kurzarbeit ein, nachdem die Bundesregierung auf der Grundlage des "Gesetzes zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld" den Bezug des Kurzarbeitergeldes erleichtert hat (siehe dazu auch "COVID-19: Wie Arbeitgeber die Krise bewältigen und sich auf eine Rückkehr an den Arbeitsplatz vorbereiten können"). So konnten trotz der beginnenden Pandemie zunächst Arbeitsplätze erhalten und die (betriebsbedingten) Kündigungen von Beschäftigen vermieden werden.

Mit den ersten Lockerungen seit Anfang Juni kehren immer mehr Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplatz zurück, ohne dass davon die Rede sein könnte, dass wir zu dem uns zuvor bekannten "Normalzustand" zurückkehrten. Auch Arbeitgeber, die bereits zu Beginn der Krise Kurzarbeit beantragt hatten, müssen jetzt mit dem Planungsprozess für die schrittweise Rückkehr aus der Krise beginnen. Das stellt die Unternehmen - neben der zwingend erforderlichen Einführung eines betrieblichen Infektionsstandards - vor die Frage, wie die Arbeitsabläufe neu organisiert werden können und ob die strategische Ausrichtung des Unternehmens gegebenenfalls angepasst werden muss.

Der Weg aus der Krise sollte vor allem von Vorkehrungen zum Schutz der Gesundheit und wirtschaftlichem Weitblick geprägt sein. Ein back to normal wird es vorerst nicht geben, was auch Auswirkungen auf die strategische Ausrichtung eines Unternehmen haben wird. Bevor die Pandemie - wie es unter anderem bereits in der FAZ vom 23.06.2020 heißt - zum Brandbeschleuniger wird und Sparpläne sowie Stellenabbau überstürzt umgesetzt werden, stehen wir Ihnen bei Ihren Überlegungen zu einer strategischen Neuausrichtung des Geschäftsmodells Ihres Unternehmens im new normal unterstützend zur Seite.

II. Wege aus der Krise

1. Liquiditätssicherung

Wir ermutigen Unternehmen weiterhin, Soforthilfen des Bundes oder andere Förderprogramme in Anspruch zu nehmen, um eine angemessene finanzielle Unterstützung für weitere Aktivitäten zu erhalten. In Betracht kommen u.a.:

a) Bundesweite Förderprogramme

Bund und Länder haben aus Anlass der Corona Krise verschiedene Förderprogramme aufgesetzt , die in erster Linie der Arbeitsplatzsicherung dienen und daher in der Regel nur in Abhängigkeit von dieser gewährt werden.

Auf Antrag gewähren Bund (ab einem Bürgschaftsbetrag in Höhe von EUR 20 Millionen in strukturschwachen Regionen im Rahmen des "Großbürgschaftsprogramms" im Verhältnis 50:50) oder Länder (Bürgerschaften der Länder bzw. des Landeswirtschaftsministeriums bis zu einem Betrag in Höhe von EUR 2,5 Millionen, darüber hinaus die Länder direkt bzw. deren Förderinstitute) Bürgschaften. Diese decken bis zu 90 % des Ausfallrisikos ab, während das beteiligte Kreditinstitut ein Eigenrisiko von mindestens 10 % ohne Vorabbefriedigungsrecht oder Sondersicherheiten übernehmen muss. Auch die Investoren bzw. Anteilseigner der Gesellschaften müssen sich angemessen mit Eigen- oder Haftkapital an der Finanzierung beteiligen.

Sog. Contracting Bürgschaften sollen dagegen bis zu 80 % des Ausfallrisikos abdecken, während das beteiligte Kreditinstitut ein Eigenrisiko von mindestens 20 % ohne Vorabbefriedigungsrecht und Sondersicherheiten übernimmt. Auch hier müssen sich die Investoren bzw. Anteilseigner der Gesellschaften angemessen mit Eigen- oder Haftkapital an die Finanzierung beteiligen. Zuständig sind abhängig vom Bundesland die Bürgerschaftsmandatare der Länder bzw. die Landeswirtschaftsministerien.

b) Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)

Auch die KfW bietet eine Vielzahl von Förderungsmöglichkeiten. Insbesondere hat sie in den Zeiten der Corona Krise angepasste Förderungsprogramme aufgesetzt. Niedrigere Zinssätze und eine vereinfachte Risikoprüfung erleichtern die Beantragung dieser Förderungsmöglichkeiten.

Die KfW arbeitet auf der Grundlage des Temporary Framework der Europäischen Kommission über staatliche Beihilfen zur Unterstützung der Wirtschaft im Zuge der Corona-Krise (C (2020) 1863 final, in Kraft getreten zum 19.03.2020), um die Prozesse zur Gewährung der Kredite zu erleichtern und zu beschleunigen. Unterstützt werde Unternehmen jeder Größenordnung ebenso wie Selbständige, die von den wirtschaftlichen Einbußen während der Corona Krise besonders betroffen sind. Insbesondere wurden die Kreditbedingungen sowohl hinsichtlich der Gewährung als auch hinsichtlich der Reichweite deutlich verbessert.

Somit erhalten kleinere und mittlere Unternehmen mit bis zu 250 Arbeitnehmern und einem max. Jahresumsatz von EUR 50 Millionen bzw. einer Jahresbilanzsumme von max. EUR 43 Millionen eine 90 % Haftungsfreistellung durch die KfW. Große Unternehmen erhalten dagegen eine 80 % Haftungsfreistellung, ohne dass die Kreditgewährung einer Umsatzbeschränkung unterliegt, die zuvor bei EUR 500 Millionen lag.

Der Kredithöchstbetrag wurde auf EUR 1 Milliarden erweitert, während die Zinsen abgesenkt wurden auf 1 % bis 1,46 % p.a. für kleinere und mittlere Unternehmen sowie auf 2 % bis 2,12 % p.a. für große Unternehmen. Zudem wurde die Laufzeit für Kredite um ein Jahr auf sechs Jahre verlängert. Für Kredite bis zu einer Höhe von EUR 800.000,00 wurde die Laufzeit auf zehn Jahre verlängert.

  • Als Förderkredite der KfW kommen vor allem in Betracht:
  • KfW Schnellkredit für Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern;
  • KfW Kredit für Unternehmen, die länger als fünf Jahre am Markt sind;
  • KfW Kredit für Unternehmen, die weniger als fünf Jahre am Markt sind;
  • KfW Direktbeteiligung für Konsortialfinanzierung ab EUR 25 Millionen für mittelständige und größere Unternehmen;

c) Steuerliche Hilfsmaßnahmen

Der Bund hat Steuererleichterungen sowohl für Unternehmen als auch für Arbeitnehmer und Selbständige eingeführt, und zwar in Form von Steuerfreibeträgen, Stundung fälliger Steuerzahlungen, Anpassung bei Vorauszahlungen sowie Aussetzung oder andere Erleichterungen bei der Vollstreckung. Für weiterführende Informationen verweisen wir gern auf die Expertise unserer Praxisgruppe Steuerrecht (vgl. insbesondere zu dem im März veröffentlichten Advisory "COVID-19: Steuerliches Maßnahmenpaket für Unternehmen").

2. Strategische Ausrichtung, insbesondere des Personaleinsatzes

Zum jetzigen Zeitpunkt kann niemand abschätzen, wie lange die Corona Krise die Welt und damit die Wirtschaftsmärkte in Atem halten wird. Unternehmer müssen in diesen Zeiten eine nie dagewesene Planungsunsicherheit aushalten, aber zugleich dafür Sorge tragen, das Unternehmen sicher durch die Krise zu manövrieren. Schon jetzt sollten Unternehmer daher einen langfristigen Plan zur Restrukturierung erarbeiten, um die Zukunft des Unternehmens strategisch zu gestalten. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf dem Einsatz des Personals, dessen Kapazitäten eventuell langfristig angepasst werden müssen.

a) Maßnahmen aufgrund einer einvernehmlichen Regelung mit den Arbeitnehmern

Erste Maßnahmen, die ein Unternehmen zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage durchführen kann, sind Regelungen, die im Einvernehmen mit den Arbeitnehmern getroffen werden können.

  • Um sich in weiterer Zukunft finanzielle Freiräume zu verschaffen, kann der Arbeitgeber versuchen, eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist mit dem einzelnen Arbeitnehmer bzw. Gruppen von Arbeitnehmern herbeizuführen. Das kommt vor allem immer dann in Betracht, wenn betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sind, beispielsweise bei einer zuvor abgegeben Beschäftigungsgarantie. Der Hinweis auf die besondere wirtschaftliche Situation und betriebliche Erfordernisse, die zum Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung geführt haben, sollten stets auch in der Präambel der Aufhebungsvereinbarung dokumentiert sein.

    Als Richtschnur für die Zahlung einer Abfindung im Rahmen einer einvernehmlichen Trennung gilt die Regelung des § 1a KSchG. Der Gesetzgeber sieht dabei für den Fall des Verzichts auf eine Kündigungsschutzklage eine Zahlung in dieser Höhe vor: 0,5 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr, wobei ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Kalenderjahr zu runden ist. Der Monatsverdienst entspricht dem Bruttoentgelt des Arbeitnehmers, das ihm im letzten Monat vor der Kündigung zusteht. Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder Zeitzuschläge, die für einen längeren Zeitraum geleistet werden, müssen anteilig berücksichtigt werden.

    Bei größer angelegten Umstrukturierungen kommen auch Freiwilligenprogramme in Betracht. Danach werden im Falle einer breitangelegten Betriebsänderung ähnlich in wie einem Sozialplan die Bedingungen für die freiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses festgeschrieben. Sog. Sprinterprämien könnten zusätzlich zu einer regulären Abfindung einen Anreiz zum Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung bieten.

  • Als Alternative, um eine Trennung zu vermeiden, kommt auch ein mit dem Arbeitnehmer einvernehmlich getroffener Gehaltsverzicht in Betracht. Im Gegenzug für die wirtschaftliche Einbuße auf Seiten der Arbeitnehmer kann der Arbeitgeber eine (befristete) Arbeitsplatzgarantie gewähren, so dass der Arbeitnehmer für einen gewissen Zeitrahmen zumindest nicht mit einer betriebsbedingten Kündigung rechnen muss. Ein Gehaltsverzicht stellt insofern eine für den Arbeitnehmer gegenüber dem (drohenden) Arbeitsplatzverlust weniger einschneidende Maßnahme dar und kann sowohl für einen vorübergehenden Zeitraum (ggf. auch mit Nachzahlungsverpflichtung) als auch dauerhaft vereinbart werden.

  • Auch der Abbau von Sonderzahlungen kann ebenso wie der Gehaltsverzicht im Einvernehmen mit den Arbeitnehmern vereinbart werden. Das betrifft vor allem Urlaubsgeld und Weihnachtsgratifikationen, die in der Regel arbeitsvertraglich vereinbart sind und somit als fester Bestandteil des Monatsverdienstes im Sinne des § 10 Abs. 3 KSchG anzusehen sind.

  • Anders ist der Abbau von Sonderzahlungen im Falle von Bonuszahlungen zu beurteilen. Im Einzelfall ist stets zu prüfen, was genau im Arbeitsvertrag bzw. in der Bonusvereinbarung geregelt ist.

    Soweit die Bonuszahlung auch an das Unternehmensergebnis gekoppelt ist , kann sich die variable Vergütung reduzieren, wenn das Unternehmen in Krisenzeiten finanzielle Einbußen zu verzeichnen hat. Steht die variable Vergütung dagegen allein in Abhängigkeit davon, ob ein Arbeitnehmer persönlich mit ihm vereinbarte Ziele erreicht, kommt eine Kürzung nicht ohne weiteres in Betracht, auch wenn das Unternehmen in eine finanzielle Schieflage gerät. Auch sog. Freiwilligkeitsvorbehalte und Widerrufsvorhalte sind in diesem Zusammenhang jeweils einer individuellen Prüfung zu unterziehen.

    Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die Zahlung einer variablen Vergütung nicht mehr freiwillig ist, wenn diese an bestimmte Leistungen des Arbeitnehmers geknüpft sind. Eine variable Vergütung ist selbst dann nicht mehr freiwillig, wenn der Arbeitgeber sie über einen längeren Zeitraum ohne Einschränkungen gezahlt hat. Danach erwächst dem Arbeitnehmer en vertraglicher Anspruch kraft betrieblicher Übung.

    Soweit der Arbeitgeber dagegen einen Widerrufsvorbehalt vereinbart hat, verlangt die Rechtsprechung, dass der Arbeitnehmer klar erkennen kann, aus welchen Gründen der Arbeitgeber dazu berechtigt sein soll, die Zusage einer variablen Vergütung zu widerrufen. An eindeutigen Vorgaben der Rechtsprechung zur Formulierung eines ausreichend konkret formulierten Widerrufsvorbehalts fehlt es allerdings bisher. Die finanzielle Notlage ist zwar ein anerkennenswerter Grund, sollte aber auch von quantifizierbaren Kriterien abhängig sein.

  • Sollte die Einführung von Kurzarbeit im Unternehmen nicht ausreichend greifen, kommt zur Überbrückung vom Produktionsengpässen, Lieferschwierigkeiten o.ä. auch die Vereinbarung von Betriebsurlaub in Betracht. Gerade in Abstimmung mit der Belegschaft und den Mitarbeitern lassen sich Betriebsferien für einen bestimmten Zeitraum festlegen.

    Eine einseitige Anordnung von Betriebsferien kommt dagegen nur unter engen Voraussetzungen in Betracht. Der Arbeitgeber hat nachzuweisen, dass für die Anordnung von Betriebsferien erhebliche betriebliche Interessen vorliegen. Zudem müssen dem Arbeitnehmer zumindest 2/5 des Jahresurlaubs zur freien Verfügung verbleiben, so dass die Anordnung von Betriebsferien zeitlich begrenzt ist.

b) Maßnahmen aufgrund unternehmerischer Entscheidung

Maßnahmen im Einvernehmen mit den Arbeitnehmern sind nicht immer in dem Umfang umsetzbar, wie es ein umfassendes Sanierungs- und Liquiditätskonzept sinnvollerweise vorsehen würde. Maßnahmen aufgrund einseitiger unternehmerischer Entscheidung erfordern eine strategisch ausgerichtete Planung, eine konsequente Umsetzung des Plans und manchmal auch kreative Lösungen. Lösen Krisenzeiten einen erhöhten Zeitdruck aus, so nutzt überstürztes Handeln ebenso wenig wie zögerliches Abwarten.

Erster Schritt der Überlegungen dazu sollte stets sein, dass die Umsetzung einschneidender Maßnahmen auf fundierter Grundlage erfolgt. Jeder (arbeitsrechtlichen) Maßnahme sollte daher die Überlegung vorangehen, wie die Geschäftsleitung das Unternehmen in Zukunft strategisch ausrichten will. Erst wenn intern auf Führungsebene abgestimmt ist, wie die Zukunft des Unternehmens aussehen soll, können einzelne Maßnahmen sinnvoll umgesetzt werden.

Dazu sollte ein Unternehmer insbesondere prüfen,

  • ob das Leistungsportfolio verändert, angepasst oder in anderer Form optimiert werden kann;
  • welche Prozesse zukünftig verbessert werden sollen, um unternehmensinterne Prozesse zu verschlanken und/ oder besser steuern zu können und so Kosten einzusparen;
  • ob ggf. kurzfristige Maßnahmen zur Liquiditätssicherung in Betracht kommen, beispielsweise Reduzierung der Mietflächen, Einschränkungen der Fahrzeugflotte, Verkauf von Fahrzeugen und Maschinen mit lease back Verfahren;
  • welche personelle Maßnahmen nicht nur kurzfristig, sondern vor allem auch langfristig Sinn machen, in welchem Bereichen eine Leistungsverdichtung stattfinden kann und welche Mitarbeiter auf welchen Positionen gehalten werden sollen und wo mit betriebsbedingte Kündigungen angesetzt werden muss;
  • ob möglicherweise ein gesamter Geschäftsbereich verkauft oder stillgelegt werden muss, wenn dieser für sich betrachtet erhebliche Verluste einfährt und insbesondere nicht davon auszugehen ist, dass dieser sich nach der Corona Krise erholt.

(1) Vorbereitung und Durchführung einer betriebsbedingten Kündigung

Auf der Grundlage der vorstehenden Überlegungen ist ein Arbeitgeber dazu in der Lage, eine betriebsbedingte Kündigung durchzuführen.

  • Jeder betriebsbedingten Kündigung muss eine unternehmerische Entscheidung vorausgehen, die zu einem künftigen dauerhaften Wegfall von Arbeitsbedarf führt. Eine pauschale Begründung mit dem Hinweis auf "Umsatzrückgang" oder "Einsparmaßnahmen" ist nicht ausreichend.

    Vielmehr muss der Arbeitgeber anhand konkreter Zahlen darlegen können, dass sich das Unternehmen aufgrund des Umsatzrückgangs zu einem Personalabbau in einer bestimmten Größenordnung oder in einer bestimmten Abteilung des Betriebs entschieden hat und wie die (verbleibende) Arbeit nach Umsetzung der geplanten Maßnahmen verrichtet wird. Es kommt eine Umverteilung der Arbeitsbelastung auf verbleibende Kollegen oder auch eine Leistungsverdichtung in Betracht. Allerdings darf der verbleibende Arbeitsanfall nicht dauerhaft zu Mehrarbeit bei der übrigen Belegschaft führen. Es ist ausreichend, wenn die unternehmerische Entscheidung (letztlich aus Sicht eines Richters) nachvollziehbar ist. Ein Arbeitsgericht überprüft hingegen nicht, ob die unternehmerische Entscheidung auch betriebswirtschaftlich sinnvoll ist.

    Entscheidend ist, dass ein Unternehmen die getroffenen unternehmerische Entscheidung dokumentiert. Im Zweifel muss das Arbeitsgericht jederzeit nachvollziehen können, wie und warum die betrieblichen Strukturen verändert werden, um den Personalabbau umzusetzen.

  • Folge der unternehmerischen Entscheidung muss der Wegfall des Arbeitsplatzes sein, ohne dass die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien vergleichbaren Arbeitsplatz besteht. Ist eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen nicht vergleichbaren Arbeitsplatz möglich, wenn der Arbeitnehmer die Kenntnisse im Rahmen einer Fortbildung innerhalb von ca. drei Monaten erwerben kann, muss auch dieser Arbeitsplatz in die Planungen mit einbezogen werden.

  • Im Rahmen einer Interessenabwägung muss sich ergeben, dass das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Fortsetzungsinteresse des Arbeitnehmers überwiegt.

    Im Rahmen der Sozialauswahl muss der Arbeitgeber unter allen betroffenen Arbeitnehmern mit vergleichbaren Arbeitsplätzen diejenigen auswählen, die sozial am wenigsten schutzwürdig sind. Die soziale Schutzwürdigkeit ist gemäß § 1 Abs. 3 KSchG zu messen an der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Lebensalter, den Unterhaltspflichten gegenüber Ehepartnern und Kindern sowie einer möglichen Schwerbehinderung des betroffenen Arbeitnehmers.

    Dabei muss der Arbeitgeber in die Sozialauswahl grundsätzlich diejenigen Arbeitnehmer einbeziehen, die auf horizontaler Betriebsebene miteinander vergleichbar sind und damit aufgrund ihrer Qualifikation und ihrer Tätigkeit untereinander austauschbar wären. Hier ist besondere Präzision gefragt, wenn nur Nuancen über die Schutzwürdigkeit des einzelnen Arbeitgebers entscheiden. Nur nachweislich unverzichtbares Personal bleibt bei diesem Ausleseprozess unberücksichtigt; Fehler bei der Sozialauswahl gehen zu Lasten des Arbeitgebers.

(2) Beteiligung des Betriebsrats

Soweit im Unternehmen ein Betriebsrat vorhanden ist, ist dieser sowohl bei der Kündigung als auch bei weiterführenden Maßnahmen wie Restrukturierung und dem Verkauf des Betriebs bzw. von Betriebsteilen zu beteiligen. Plant ein Unternehmer daher die Umsetzung eines Sanierungskonzepts, sollten auch die betriebsverfassungsrechtlichen Besonderheiten von vornherein in die Überlegungen mit einbezogen werden.

  • Vor dem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber gemäß § 102 BetrVG den Betriebsrat anhören. Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats umfasst die Darlegung der Gründe für die betriebsbedingte Kündigung bestehend aus der unternehmerischen Entscheidung, dem Wegfall des Arbeitsplatzes, der getroffenen Interessenabwägung sowie der ordnungsgemäßen Sozialauswahl. Insofern kann der Arbeitgeber, der eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats vorbereitet hat, auch in einem möglichen Kündigungsschutzverfahren auf diesen Vortrag zurückgreifen.

  • Bei der Umsetzung von weitreichenden Restrukturierungsmaßnahmen oder anderen Betriebsänderungen im Sinne der §§ 111 ff BetrVG, bei denen es erhebliche wirtschaftliche Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer geben kann, ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, den Betriebsrat umfassend zu unterrichten und die geplanten Änderungen mit ihm zu beraten. Dies gilt jedoch nur in Betrieben mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigen Arbeitnehmern.

  • Die Beratungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat umfassen insbesondere die Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs. Gegenstand des Interessenausgleichs ist die Umsetzung des unternehmerischen Konzepts, soweit es zu einer Betriebsänderung führt.

    Kommt eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht zustande, kann der Betriebsrat - auch gegen den Willen des Arbeitgebers im Wege des Einigungsstellenverfahrens - einen Sozialplan herbeiführen. Dieser beinhaltet Regelungen, mittels denen die mit der Betriebsänderung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile für die Arbeitnehmer ausgeglichen oder zumindest abgemildert werden sollen.

  • Bei einer entsprechenden Größenordnung im Falle eines Personalabbaus sind zudem Besonderheiten des Verfahrens einer Massenentlassungsanzeige (§§ 17 ff KSchG) zu beachten bzw. ist ein Interessenausgleich faktisch zwingend; ohne den Nachweis eines ernsthaften Versuchs setzt sich der Arbeitgeber dem Risiko von Schadensersatzklagen betroffenen Mitarbeiter aus, das neben einer immer noch drohenden Abfindungszahlung zu unnötiger finanzieller Belastung führt.

III. Zusammenfassung

Je weiter die Bundesregierung und die Länder die Kontaktbeschränkungen lockern und die allmähliche Rückkehr zur Arbeit möglich wird, desto mehr werden in diesem Advisory aufgeworfenen Fragen in den meisten Unternehmen in den Vordergrund rücken. Arbeitgeber müssen jetzt mit dem Planungsprozess für die schrittweise Rückkehr aus der Krise beginnen und zugleich mit Weitblick die unternehmerische Strategie justieren, um im new normal bestehen zu können.

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